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In „A Great Place to Call Home“ zeigen uns Regisseur Marc Turtletaub und Hauptdarsteller Ben Kingsley, wie wir Fremde willkommen heißen sollten.

A Great Place to Call Home (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Komm rein!

Ein extraterrestrisches Wesen bruchlandet in einer US-Kleinstadt – und wird dort herzlich aufgenommen. Das lässt natürlich an die Sitcom „ALF“ denken, die in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren ein familientaugliches Bild des möglichen Zusammenlebens von Menschen und einem Alien zeichnete. Während bei Steven Spielbergs Science-Fiction-Märchen „E.T. – Der Außerirdische“ (1982) die Bedrohung durch die Regierung und die Dringlichkeit der Rückkehr ins All eine zentrale Rolle spielten, ging es in der TV-Serie deutlich gelassener zu.

So ist es nun auch in A Great Place to Call Home. Der bis dato vor allem als Produzent tätige Marc Turtletaub setzt auf Basis eines Drehbuchs von Gavin Steckler eine Geschichte in Szene, die trotz Alien-Thematik überraschend bodenständig und unaufgeregt erzählt wird. Das Ganze beginnt als Charakterstudie über einen einsamen Witwer. Der kauzige Milton (Ben Kingsley) lebt im suburbanen Raum von Pennsylvania. Zu seinem Alltag gehört es, an den wöchentlichen Gemeindetreffen teilzunehmen, um dort die immer gleichen Anliegen vorzubringen. So wirklich ernst nimmt ihn in seiner Umgebung niemand.

Das führt eines Tages dazu, dass seine Aussage, ein Raumschiff sei in seinem Garten abgestürzt und habe seine Azaleen zerquetscht, als schrulliger Scherz abgetan wird. Doch Milton sagt die Wahrheit: Auf seiner Terrasse sitzt ein grau-grünes Männchen (Jade Quon) mit schwarzen Augen, dessen UFO nicht mehr flugfähig ist. Nach kurzer Ratlosigkeit bittet der alte Mann das Wesen, das keine Laute von sich gibt, herein: „Drinnen ist es wärmer.“

Schon in diesen anfänglichen Passagen finden sich die Stärken des Werks. Ben Kingsley interpretiert Milton ohne den geringsten Anflug von Sentimentalität, aber auch ohne die Griesgrämigkeit, die in Filmen wie Ein Mann namens Ove (2015) mit älteren Herren verbunden wird. Der Protagonist ist eigentümlich und hat sich, wie er selbst an einer Stelle sagt, „daran gewöhnt, allein zu leben“. Zu seinem Sohn hat er keinen Kontakt mehr; ebenso ist das Verhältnis zu seiner Tochter Denise (Zoë Winters), die noch im Umkreis wohnt, schwierig – nicht zuletzt deshalb, weil diese befürchtet, dass ihr Vater an Alzheimer erkrankt ist.

Wunderbar ist, wie Kingsley die Selbstverständlichkeit vermittelt, mit der Milton den außerirdischen Gast, der den Namen Jules erhält, umsorgt. A Great Place to Call Home ist warmherzig, ohne dabei ins Kitschige abzugleiten. Da Jules nicht spricht, kann er wiederum keine lustigen Sprüche reißen (wie die Titelfiguren in ALF und in Paul – Ein Alien auf der Flucht). Die Dramatik von E.T. wird nicht angestrebt – dennoch gelingt es dem Skript und dessen Umsetzung, emotionale Momente zu erzeugen. Denn Jules wird als geduldiger Zuhörer zunehmend zur Projektionsfläche, nicht nur für Milton, sondern auch für die beiden Nachbarinnen Sandy (Harriet Sansom Harris) und Joyce (Jane Curtin). Dass hier zwei Charakterdarstellerinnen und Komödiantinnen, die schon in etlichen Film- und Fernsehproduktionen (oft in Gast- und Nebenrollen) ihr Talent bewiesen haben, neben Kingsley in tragikomischen Parts glänzen können, macht dieses Werk noch eine Spur sympathischer.

Wenn im letzten Drittel des Plots eine ungeahnte Fähigkeit von Jules zum Tragen kommt, mutet die Mischung aus trockenhumoriger Beobachtung und Science-Fiction-Elementen nicht mehr ganz so stimmig an; letztlich schafft es A Great Place to Call Home jedoch, die Wärme, die der Außerirdische von Milton, Sandy und Joyce empfängt und an das Trio zurückgibt, auch auf uns als Zuschauer:innen zu übertragen.

A Great Place to Call Home (2023)

In einer Kleinstadt irgendwo in Pennsylvania verbringt Milton (Sir Ben Kingsley) einen unaufgeregten Lebensabend zwischen Gartenarbeit, Gemeindetreffen und Gedächtnistraining. Weil der Witwer immer kauziger wird, werden seine Wortmeldungen bei den Gemeindeversammlungen selten ernst genommen. Seine Kleinstadt benötige zum Beispiel dringend einen passenderen Slogan, meint Milton, denn „A Great Place to Call Home“ ist einfach zu ambivalent… Als eines Nachts ein UFO in Miltons Blumenbeet bruchlandet, will niemand dem alten Mann glauben – nicht der Notruf, nicht der Kassierer im Supermarkt und schon gar nicht der Gemeinderat. Den extraterrestrischen Besucher mit einer Vorliebe für Äpfel bringt Milton trotzdem bei sich unter. Bald entdecken Miltons leicht schrullige Nachbarinnen Sandy (Harriet Harris) und Joyce (Jane Curtin) den ungewöhnlichen Mitbewohner mit den verständnisvollen Augen und schließen ihn direkt ins Herz. Aus Komplizenschaft wird Gemeinschaft – und aus Nachbarn werden Freunde… bis die Regierung doch noch aktiv wird und nach dem Alien zu suchen beginnt.

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