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In „Oskar Fischinger – Musik für die Augen“ von Harald Pulch und Ralf Ott werden wir durch das Leben und die Arbeit eines Filmpioniers geführt.

Oskar Fischinger - Musik für die Augen (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Die Geschichte eines Wegbereiters

Er sei „der erste Videoclip-Macher“ gewesen, heißt es im dokumentarischen Porträt „Oskar Fischinger – Musik für die Augen“ über den titelgebenden Filmemacher. Als „Erfinder des Musikvideos“ bezeichnet ihn auch das Hörfunkprogramm Deutschlandfunk Kultur, während ihn die New York Times als „Meister des ‚absoluten‘ oder gegenstandslosen Films“ und als „Kandinsky des Kinos“ sieht. Sein Biograf William Moritz verleiht ihm wiederum den Rang eines der bedeutendsten Künstler des 20. Jahrhunderts.

Dabei ist der Name Oskar Fischinger heute außerhalb von Fachkreisen nicht unbedingt allzu geläufig. Doch der Einfluss des 1900 in der hessischen Kleinstadt Gelnhausen geborenen und 1967 in Los Angeles nach langjähriger Krankheit verstorbenen Pioniers ist noch immer deutlich spürbar – bis hinein ins YouTube-, Instagram- und TikTok-Zeitalter. Der Regisseur Harald Pulch und der Motion-Designer Ralf Ott erinnern an Fischinger mit einem Film, in dem sie dessen Ehefrau und Kollegin Elfriede Fischinger in einem alten Exklusiv-Interview zu Wort kommen lassen und Ausschnitte aus seiner Arbeit in digital restaurierter Form präsentieren.

Einige Jahre vor ihrem Tod gab Elfriede Fischinger 1993 in Los Angeles einen ausführlichen Einblick in das gemeinsame Leben und in den Werdegang ihres Mannes. Harald Pulch besuchte die Witwe damals in deren Haus in Long Beach mit seinem Kamermann Eckhard Jansen. Das auf dem Videomaterial Beta SP im Verlauf von fünf Tagen gedrehte Interview wurde später digitalisiert. Schnell wird erkennbar, weshalb eine solche Schilderung viel mehr als ein vorgetragener Wikipedia-Artikel ist: Die Erinnerungen von Elfriede Fischinger wirken lebhaft und stecken voller Zuneigung. Der Film ist nicht nur eine kenntnisreiche Zusammenfassung der Vita Fischingers, sondern erzählt auch eine große Liebesgeschichte von zwei Menschen, die alsbald unzertrennlich waren.

Wir erfahren, wie Fischinger nach seinem Abschluss als Ingenieur dem Ratschlag „Geh zum Film!“ folgte; zu seinen wichtigsten Einflüssen zählte der Experimentalfilmer Walter Ruttmann. Die Entwicklung einer Wachsschneidemaschine half ihm dabei, in kurzen Filmen abstrakte Formen und Farben mit Musik (etwa Bachs drittem Brandenburgischen Konzert) zu kombinieren – etliche Jahre bevor es Computergrafiken und Musikvideos gab. In dem Werbefilm Muratti greift ein ließ er zum Beispiel Zigaretten zu Klassik-Klängen im Takt marschieren.

Von den Nazis wurde Fischingers fantasievolles Werk als „entartete Kunst“ eingestuft, weshalb das Ehepaar 1936 in die USA emigrierte. Dort konnte Fischinger für die mächtigen Hollywood-Studios Paramount, Metro-Goldwyn-Mayer und Disney tätig sein. Er war von deren Arbeitsweise allerdings rasch frustriert, weshalb er sich zurückzog und sich für den Rest seines Lebens der Ölmalerei widmete. Auch hier ist Fischinger gewissermaßen ein Vorläufer: als kreative Person, die ihre Unabhängigkeit bewahren will, statt ihr Talent an ein System zu verkaufen.

Wie facettenreich dieses Talent war, demonstriert Oskar Fischinger – Musik für die Augen durch die Auszüge aus den aufwendig restaurierten Arbeiten Fischingers anschaulich. Der Dokumentarfilm ist ein bemerkenswertes Zeitdokument und eine schöne Würdigung.

Oskar Fischinger - Musik für die Augen (2023)

Dokumentarfilm über den Filmpionier Oskar Fischinger, der sich für die Verbindungen von Geräuschen und Musik zu bewegten Bildern interessierte und der deshalb als „Vater der Video-Clips“ galt.

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Meinungen

Heiko Rodenwaldt · 01.10.2023

Ein zeithistorischer Dokumentarfilm, der nicht nur die damals Film technischen Möglichkeiten, sondern auch die kreativen und schöpferischen Aktivitäten von Oskar Fischinger aufzeigt - und das vor dem Hintergrund der politischen Gegebenheiten der 30- und 40-Jahren des letzten Jahrhunderts.
Der Film kann auch als Hommage an seine Ehefrau gesehen werden, die mit einem hohen Detail- und Faktenwissen die Aktivitäten und den beruflichen Werdegang ihres Ehemannes sehr lebendig und anschaulich schildert.
Dieser Film ist nicht nur zwingend den Studierenden an Filmhochschulen zu empfehlen, sondern allen an Filmgeschichte Interessierten. Zu wünschen wären vielfältige Aufführungsmöglichkeiten, um auch die enorme jahrelange Arbeit, die hinter dieser Produktion liegt, von Regisseur und Produzent zu würdigen.

Ralf Ott · 18.09.2023

ein absolut sehenswerter Film

Ralf Ott · 24.06.2023

ein wunderschönes historisches Zeitdokument durch die Augen und Ohren der Witwe des Trickfilmpioniers Oskar Fischinger, der als Vater und Erfinder von Motion Graphics gilt.
Absolut Sehenswert