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Tischler Andersen schliddert gegen einen Baum und trifft den Weihnachtsmann – soweit der sehenswerte Teil dieses Weihnachtsfilms. Aber dem Rest scheint die Magie abhanden gekommen zu sein …

Plötzlich Santa! (2016)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Weihnachten mit Weihnachtsmann

Es ist die Falle, die das Fass zum Überlaufen bringt: Mitten im Wohnzimmer haben die beiden älteren Kinder von Tischler Andersen eine Schlinge ausgelegt. Sie wollen den angeblichen Weihnachtsmann – hinter dem sie sicher ihren Vater wissen – beim vorweihnachtlichen Ablegen von Süßigkeiten erwischen, und weil Andersen eher tollpatschig ist, löst er nicht nur die Falle aus, sondern schmeißt dabei auch noch den Weihnachtsbaum um.

Für seine Frau heißt das: Es ist Schluss mit den Weihnachtsmannspielchen! Seit seiner Kindheit ist Andersen geradezu besessen vom Fest, immer muss er sich gründlich als Weihnachtsmann verkleiden und im Jahr zuvor ist er deshalb während seinem großen Entree im Kamin des Hauses hängengeblieben. Dieses Jahr aber, verfügt sie streng, gibt es keinerlei Sperenzchen dieser Art, kein Verkleiden, nichts! Natürlich hält sich der Tischler nicht daran – als er sich aber im Kostüm und mit Geschenken auf den Weg vom Schuppen ins Haus machen will, rutscht er aus, schliddert in den verschneiten Wald hinein und wird gegen einen Baumstamm geschleudert. Als er aus seiner Ohnmacht erwacht, steht der leibhaftige Weihnachtsmann vor ihm und schlägt vor: Geh du doch meine Familie besuchen, ich gehe zu deiner.

Mit dieser Prämisse und der leicht phantastischen Hintergrundgeschichte hätte Plötzlich Santa eigentlich das Zeug, ein geradezu klassischer Weihnachtsfilm werden zu können. Und in der Tat gehört die Erzählung, auf der der Film beruht, in ihrer Heimat Norwegen zu den traditionellen Vorlesebüchern für die Advents- und Weihnachtszeit. Snekker Andersen og julenissen oder Weihnachten beim Weihnachtsmann, wie sie in der deutschen Übersetzung heißt, wurde von Alf Prøysen zuerst im Jahr 1957 in einer Zeitschrift veröffentlicht.

Plötzlich Santa – woher der bizarre deutsche Verleihtitel kommt, ist völlig unklar – hat auch durchaus Momente, die ihn gerade für kleinere Kinder geeignet erscheinen lassen: Insbesondere bei Andersens Besuch bei der Familie des Weihnachtsmannes fühlt man sich ein wenig wie in den klassischen Astrid-Lindgren-Verfilmungen, da liegt ein Hauch von Magie und nur milde angekitschtem einfachen Leben dran. Das Erzähltempo verlangsamt sich, das alles wäre eigentlich sehr beschaulich.

Wenn es denn nicht auch so fad und konventionell wäre. Die Dialoge sind ohne jeden Hauch von Komplexitäten gesprochen; und es wäre natürlich nicht so schlimm, dass der Film seine Handlung (durch Einrichtung, Gegenstände und mehr) in der Mitte des 20. Jahrhunderts ansiedelt, wenn er nicht durch die Familienordnung für die Gegenwart so unzeitgemäß erschiene: Der Weihnachtsmann arbeitet, seine Frau ist zuhause. Der Tischler arbeitet, seine Frau kümmert sich um alles. Verschärft werden die Geschlechterklischees noch dadurch, dass der Tischler als praxisfern und weltfremd präsentiert wird, seine Frau aber die in allen weltlichen Dingen Handfeste und Entscheidungsfreudige ist – und das geht bis dahin, dass der Tischler seinem kleinen Sohn Karl (der einzige neben ihm, der noch an den Weihnachtsmann glaubt) verschwörerisch zuraunt: „Keiner kann so gut Boden schrubben wie wir Männer, aber sag es bloß nicht den Frauen, sonst sorgen sie dafür, dass du ständig putzen musst!“ Das mögen für ein historisches Portrait passende Konstellationen sein, in einem Film, der kleine Kinder des 21. Jahrhunderts ansprechen soll, wirken sie nur irritierend.

Gar nicht weihnachtlich fühlt sich der Film vor allem dadurch an, dass zwischen den Großeltern, Eltern und Kindern nur in sehr begrenztem Maße Zuneigung gezeigt wird; außer dem Tischler, seinem Sohn Karl und ein wenig seiner Frau sind alle in der Familie eher Staffage als lebendige Charaktere. Das führt dummerweise auch dazu, dass es beim Weihnachtsfest gefühlt weniger um das Beisammensein und um die Familie geht als um die Geschenke – was zusammen mit den nervösen Vorbereitungen für ihre Schwiegereltern, die die Frau des Tischlers umtreiben, dann vielleicht schon wieder unfreiwillig ein realistisches Abbild der Weihnachtsfeste abgibt.

Das ändert aber nichts daran, dass Plötzlich Santa sich weder hinten noch vorne zu einem Film zusammenfügen will; alles wirkt künstlich und gestelzt, selbst die Winterlandschaft wirkt so, als sei sie nicht nur durch Kälte erfroren. Es genügt halt nicht, eine beliebte Weihnachtsgeschichte in betuliche Bilder zu packen und ein bisschen Quatsch zu veranstalten, mit abwechselnd Mehl oder Ruß im Gesicht. Das alles dauert immerhin gnädigerweise nur 70 Minuten, aber auch diese Zeit ist leicht mit den Kindern besser angelegt – beim Vorlesen schöner Weihnachtsbücher, zum Beispiel.
 

Plötzlich Santa! (2016)

Es ist die Falle, die das Fass zum Überlaufen bringt: Mitten im Wohnzimmer haben die beiden älteren Kinder von Tischler Andersen eine Schlinge ausgelegt. Sie wollen den angeblichen Weihnachtsmann – hinter dem sie sicher ihren Vater wissen – beim vorweihnachtlichen Ablegen von Süßigkeiten erwischen, und weil Andersen eher tollpatschig ist, löst er nicht nur die Falle aus, sondern schmeißt dabei auch noch den Weihnachtsbaum um.

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