Kikis kleiner Lieferservice

Eine Filmkritik von Martin Beck

Schnell, flieg davon!

Dass auch Japan in einem Popkultur-Kreislauf steckt, voller Remakes, Reboots, Prequels und Sequels, beweist eindrucksvoll das Live-Action-Remake von Kikis kleiner Lieferservice. Das Original ist einer der großen Studio-Ghibli-Klassiker, so dass jede Neuverfilmung automatisch einen großen Stein vor sich herschieben muss. Wäre es nicht wesentlich einfacher, sich mal bekannte und unbeliebte Filme vorzunehmen? Spätestens seit durchsickerte, dass Takashi Shimizu (Der Fluch) hier Regie führt, setzte brummeliges Gemäkel ein – obwohl doch, wie der Regisseur ständig behauptete, das Unterfangen vor allem eine Neuinterpretation des zugrundeliegenden Buches von Eiko Kadono ist.

Aber klar doch, besonders wenn man überhaupt nicht wusste, dass das Anime eine literarische Grundlage hat. Kikis kleiner Lieferservice/ 2014 wird ab dem ersten Bild ausschließlich mit Kikis kleiner Lieferservice/ 1989 verglichen… und schneidet dabei überhaupt nicht gut ab. Der Live-Action-Film ist plump und künstlich, hat eine Holzhammer-Dramaturgie für Sechsjährige und sieht zudem noch ziemlich billig aus. Kein Hauch von dem strahlenden Charme des Originals, das hier ist schlicht und ergreifend klebriger Kaugummi-Schrott für unbedarfte Vorschüler.

Es versteht sich praktisch von selbst, dass die „neue“ Geschichte das titelgebende Mädchen auf eine Sinnsuche nach sich selbst schickt und dabei so subtile Metaphern wie einen zerbrochenen Besenstil einsetzt. Die kleine Hexe Kiki möchte eigentlich ihre Flugfähigkeiten positiv einsetzen, doch das ist den Bewohnern ihres Ortes kurioserweise suspekt. Kaum zu glauben, solch eine Reaktion, und dabei auch noch so nachhaltig in ihrem mangelnden Vertrauen, dass Kiki am Boden bleiben muss.

Für den Phönix-aus-der-Asche-Moment braucht es schließlich ein verletztes Babynilpferd, das schnellstens zu einem Tierarzt gebracht werden muss. Bei Sturm und Wetter, weil das natürlich noch die Schwierigkeit erhöht. Und damit selbst dem bummeligsten Sonderschüler klar macht, dass Kiki hier ihren ganzen Willen aufbringen muss. Glaub an dich, dann schaffst du es, entgegen aller Schwierigkeiten – zu denen unbedingt auch die räudigen Effekte gezählt werden müssen, die mehr als einmal die filmische Bindung mit unfreiwilligem Gelächter kappen.

Besonders das Babynilpferd, ein einziger possierlicher CGI-Outtake, gehört hier genannt, aber auch die sprechende Katze Jiji sieht furchtbar falsch aus. Das ganze Ende mit dem Nilpferd ist ja neu und basiert nur auf dem Buch, doch ein irgendwie gearteter Mehrwert geht von ihm leider nicht aus. Wieso nur hat hier keiner erkannt, anders als offensichtlich Hayao Miyazaki, dass das einfach schlecht ist und besser mal einen guten Tacken weniger grobschlächtig gelöst werden sollte? Noch schlimmer als so ein süßes, kleines Nilpferd wären nur noch fünf flauschige Katzenbabys mit computeranimierten Riesenaugen.

Ein Holzhammer-Film, absolut, und dabei halt auch noch schlecht produziert. Und auch noch schlecht besetzt, denn Fuka Koshiba, die Kiki spielt, läuft so hölzern durch die künstliche Szenerie, dass man meinen könnte, sie wäre zuvor Eiskunstläuferin gewesen und hätte noch nie geschauspielert. Ein Mädel mit Minus-Charme, ausladender Vorschulmimik und ja, natürlich genau der antizipierten Vita. Was kann hier schon schiefgehen, außer… alles? Das Live-Action-Remake von Kikis kleiner Lieferservice ist so neben der richtigen Spur, dass das Anime dagegen ein bodenständiger Realfilm ist.
 

Kikis kleiner Lieferservice

Dass auch Japan in einem Popkultur-Kreislauf steckt, voller Remakes, Reboots, Prequels und Sequels, beweist eindrucksvoll das Live-Action-Remake von „Kikis kleiner Lieferservice“. Das Original ist einer der großen Studio-Ghibli-Klassiker, so dass jede Neuverfilmung automatisch einen großen Stein vor sich herschieben muss. Wäre es nicht wesentlich einfacher, sich mal bekannte und unbeliebte Filme vorzunehmen?

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