Jodorowsky's Dune (2013)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Vom Scheitern eines Filmemachers

Alejandro Jodorowsky ist einer der großen Wahnsinnigen, ein Künstler, der stets kompromisslos und mit einem Hang zum Größenwahn an seine Werke herangegangen ist. Seine Karriere begann der Chilene mit Pantomime und wechselte bald zum Avantgarde-Theater. Doch seinen Namen als verrücktes Genie machte er sich beim Film. Es gibt keinen Weg, seine Filme zu beschreiben oder mit anderen zu vergleichen. Sie sind eben typisch für Jodorowsky – Werke monumentalen Ausmaßes, die irgendwo zwischen Volkskunst und Dalis Surrealismus wabern und in ihrer Attitüde darauf scheißen, dem Zuschauer zu liefern, was er aus Gewohnheit erwartet. Was der Zuschauer bekam war der ganze Jodorowksy, Spiritualität, Surrealismus, Familiengeschichten, Liebe und avantgardistisches Theater, stets vor atemberaubenden Kulissen gefilmt. Und das Publikum nahm gern, vor allem in den amerikanischen Midnight-Kinosessions, die ja schon Warhol, John Waters und andere berühmt gemacht hatten, kamen seine Filme gut an. Und auch die europäische Filmszene erfreute sich an seiner Andersartigkeit. Sein Opus magnum sollte die Verfilmung des Science-Fiction Bestsellers Dune – Der Wüstenplanet werden. Doch anstatt eines der größten, teuersten und eklektischsten Werke der Filmgeschichte (welches wohl Star Wars durchaus den Rang abgelaufen hätte) wurden aus Jodorowsky’s Dune nur eine der unglaublichsten „Was wäre wenn…“-Geschichten und ein Dokumentarfilm über das Scheitern dieses monumentalen Projektes.

Das Erstlingswerk von Frank Pavich ist eigentlich ein ganz klassischer Dokumentarfilm, der mit Interviews in chronologischer Reihenfolge die Ereignisse zu rekapitulieren sucht. Doch das Objekt seines Filmes ist ein derart geniales, dass dieser Film selbst bald zu einem kleinen Kulthit werden könnte. Nicht, weil Pavich hier innovatives Kino macht. Nein, es ist Jodorowksy selbst und seine Idee, die im Mittelpunkt stehen und die nicht nur für Unterhaltung sorgen, sondern auch für viel Respekt und Staunen seiner Vision gegenüber. Im Zentrum der Erzählung steht das Drehbuch zu Dune, ein komplett von Hand gemachtes, welches in nur zwei Kopien existiert und schon allein ein Kunstwerk ist. Der gesamte Film ist darin skizziert. Jede Einstellung, jeder Dialog – die Ideen aus Jodorowskys Kopf flossen direkt auf das Papier und zwar durch die unglaublich begabten Hände des französischen Zeichners Moebius. Diese Zeichnungen dienen während des Filmes in rudimentären Animationen dazu, sich ein Bild von dem nicht existierenden Werk zu machen. Dass Jodorowksy das Originalbuch von Dune – Der Wüstenplanet gar nicht gelesen hatte, erwähnt der in die Tage gekommene Regisseur mit schelmischem Grinsen so ganz nebenbei.

Mit Entwürfen von H.R. Giger, der später berühmt wurde durch seine Entwürfe für Alien, Michel Seydoux als Produzenten und Geldgeber und seinem jungen Sohn in der Hauptrolle, für die er den armen Jungen prophylaktisch zwei Jahre lang jeden Tag Kampfsport machen ließ, zog Jodorowsky los, um sich sein Ensemble zusammenzustellen. Und spätestens an dieser Stelle schürt diese Dokumentation den sehnlichen Wunsch, jemand hätte diesen Film produziert – egal wie teuer. Und teuer wäre er geworden. Allein Salvador Dali (!) wollte 100.000 Dollar pro Stunde Arbeit haben – eine Summe, die der clevere Seydoux umschiffte, indem er ihm den gleichen Betrag pro gezeigter Filmminute versprach und Jodorowsky ihn dann auf der Leinwand nach zwei Minuten mit einem Dali-Roboter ersetzt. Außer Dali hatte Jodorowsky schon Mick Jagger und Udo Kier gecastet. Amanda Lear, Dalis Muse und ewiges Enigma (man fragte sich lange Zeit, ob sie Mann oder Frau ist) sollte ebenfalls eine kleine Rolle bekommen.

Doch das Projekt scheiterte letztendlich daran, dass man in Hollywood keine Geldgeber fand und die Idee schließlich an David Lynch ging, der ihn dann verfilmte. Jodorowsky beschreibt, wie er mit seinem Sohn in die Premiere ging, voller Depression und Angst. Und wie er dann mit jeder Minute glücklicher wurde, denn Lynchs Version war ein absoluter Reinfall.

Nach diesem Dokumentarfilm will man eigentlich nur noch eins: Sofort alle Filme dieses Verrückten ansehen, am liebsten einschließlich Dune in der Version, wie Jodorowsky sie geplant hatte. Wie schade, dass sich seinerzeit niemand an dieses Werk herangetraut hat. Es hätte wohl die Geschichte und den weiteren Verlauf des Science-Fiction Films grundlegend verändert.
 

Jodorowsky's Dune (2013)

Alejandro Jodorowsky ist einer der großen Wahnsinnigen, ein Künstler, der stets kompromisslos und mit einem Hang zum Größenwahn an seine Werke herangegangen ist. Seine Karriere begann der Chilene mit Pantomime und wechselte bald zum Avantgarde-Theater. Doch seinen Namen als verrücktes Genie machte er sich beim Film.

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