Fantastic Four (2015)

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Superheldenserienproduktion

Zumindest hält der Filmtitel Fantastic Four die Hälfte von dem, was er verspricht. Am Ende sind es in der Tat vier Hauptfiguren mit Superkräften, die sich zu einem Superhelden-Team zusammentun. Der fantastic-Teil ist aber leider nicht vorhanden, außer man betrachtet das Scheitern des Filmes zynisch unter diesem Gesichtspunkt.

Doch solche Schadenfreude hat Fantastic Four nicht verdient, denn alle Beteiligten gaben sich redlich Mühe, nach den letzten zwei gescheiterten Versuchen die Entstehungsgeschichte der Marvel-Helden endlich in großes Action-Kino zu verwandeln. Oder anders: Der Film scheitert nicht genug; er ist nicht schlecht genug, um doch irgendeine Passion zu erwecken, um wenigstens so unterirdisch zu sein, dass er schon wieder Spaß macht. Er funktioniert einfach nicht. Und das liegt in erster Linie daran, dass die Grundgeschichte und die Figuren der Fantastic Four einfach nicht interessant genug sind – und es nie waren.

Reed Richards (Miles Teller) ist zu klug für die Welt. Schon als Kind baut er einen Teleporter in der Garage seiner Eltern, der beim Versuch, ein Matchbox-Auto zu transportieren, den ganzen Bezirk lahmlegt. Niemand außer Ben (Jamie Bell) glaubt an ihn, ein stiller, kräftiger Junge, dessen Familie den lokalen Schrottplatz leitet. Während Reed jahrelang verspottet wird, rekrutiert ihn eine geheime Firma eines Tages direkt vom Schulhof weg. Dort im Labor nimmt man den jungen Mann ernst. Gemeinsam mit weiteren jungen Genies wie Sue Storm (Kate Mara), ihrem Bruder Johnny (Michael B. Jordan) und Victor von Doom (Toby Kebbell) baut Reed einen Teleporter, der Menschen auf einen unbekannten Planeten in einer unbekannten Dimension hin und zurück transportieren kann. Als das Projekt fertig ist, können die jungen Leute nicht widerstehen und probieren den Teleporter aus. Dabei kommt es zu einem Unglück. Victor wird in der anderen Dimension zurückgelassen, die anderen werden von einer unbekannten Energie ergriffen, die ihnen Superkräfte verleiht. Fortan kann Reed seinen Körper unbegrenzt dehnen, Sue kann sich unsichtbar machen und Kraftfelder aufbauen und Johnny kann seinen Körper zu einem flammenden Inferno machen. Reeds Freund Ben, den Reed auch mit auf die Tour genommen hat, hat mit seiner Superkraft weniger Glück: Sein Körper wird zu Stein. Das macht ihn sehr stark und unbesiegbar, aber auch unmenschlich im Aussehen und damit zu einem totalen Außenseiter.

Es ist, wie es ist: die Fantastic Four sind von Anfang an einige der langweiligsten Superhelden im Marvel-Universum. Das liegt vor allem daran, dass sie – Ben ausgenommen – von ihren Superkräften vor allem profitieren. Der Film, der sich sehr viel Zeit lässt, ihre Entstehungsgeschichte als nerdige Coming-of-Age Story zu inszenieren, kann gar nicht die Ambivalenz und Mehrdeutigkeit ihrer Mutationen aufzeigen, denn diese machen aus privilegierten Menschen nur noch privilegiertere Menschen. Und so wirken ihre anfänglichen Rufe nach „Heilung“ ausschließlich wie halbherzige Proteste. Weil man eben protestieren sollte, ein Weilchen zumindest. Aber eigentlich ist es auch nicht schlimm, so recht mag ihre Veränderung nicht interessieren. Und wenn sie schon kaum davon gerührt werden, wieso sollte man als Zuschauer hier Emotionen haben? Einzig bei Ben, der wahrhaft zerrissenen und unglücklichen Figur, die verstümmelt und entmenschlicht wird, könnte man in größere dramatische Tiefen vordringen, könnte man die Kehrseite der Superkräfte erörtern. Doch dieser bleibt eine Randfigur, manchmal gar eine Witzfigur, die sich mit ihrem Schicksal schneller abfindet als ein Kind, das seine Eiskugel hat fallen lassen und dann eben eine neue bekommt. Na ja, es ist wohl doch nicht so schlimm, dass man plötzlich einen Körper hat, der aus Steinen besteht.

Gleiches gilt für Victor von Doom, der sich dank seines Zwangsaufenthaltes in der anderen Dimension mit seinem Raumanzug fusioniert und bei seiner Wiederentdeckung beschließt, alle Menschen zu töten. Wieso er das will, erschließt sich nur aus einem Satz, der am Anfang einmal eingestreut wurde. Tiefgang ist trotzdem nicht zu erwarten, denn seine Existenz ist ausschließlich auf die übliche Held-Antiheld-Struktur zurückzuführen. Man braucht ja jemanden, gegen den man kämpfen kann, sonst ist man auch nur ein Arbeitsloser mit unnützen Superfähigkeiten. Der obligatorische Kampf im letzten Akt gestaltet sich dann ebenfalls genau wie erwartet, wenn auch bedeutend kleiner, langweilig als sonst bei Marvel. Das mag aber auch daran liegen, dass man längst ausgecheckt hat, aus diesem Film mit seinen Pappfiguren.

Dagegen hilft auch nicht das unbalancierte Drehbuch, das zu großen Teilen auch auf die Kappe des Regisseurs Josh Trank geht. Fantastic Four erscheint wie zwei Filme in einem, weil man sich nicht entscheiden konnte, beide einzeln zu drehen. Und so hat man bei beiden die Hälfte herausgeschnitten und sie an einer ganz offensichtlichen Nahtstelle zusammengepappt. Daher teilt sich der Film in die Entstehungsgeschichte, die hier und da noch interessante Stellen hat, aber eher wie ein wissenschaftlicher Thriller daherkommt, und in den Teil, der sich mit den Ereignissen nach der Mutation der vier beschäftigt. Es ist kein gutes Zeichen, wenn junge Menschen in Laborkitteln interessanter sind als ihre supermenschlichen Mutanten-Versionen. Denn sofort nach ihrer Verwandlung rennt der Film, ohne einmal nach links oder rechts zu gucken, direkt der Marvel-Direktive „Superhelden vs. Erzfeinde plus Weltrettung“ hinterher als zähle jede Sekunde. Hopphopp, schnell die Helden trainieren, dann den Feind kurz seinen Monolog sagen lassen und dann knall-pumm-peng super epischer Kampf!! Aber fix, wir haben ja keine Zeit und die Hälfte des Filmes schon mit der Entstehungsgeschichte verpulvert! Am Ende noch schnell eine Gruppeneinstellung, in der alle total glücklich sind, weil sie gewonnen haben. Witz nicht vergessen. Fertig. Hier merkt man, wie sehr die Marvel-Filme inzwischen nichts anderes als eine Serienproduktion geworden sind. Haben einige andere Filme aus dieser Fabrik wenigstens hier und da noch Seele und Witz, ist Fantastic Four das reine Skelett, fix zusammengepappt von der Praktikantengruppe.
 

Fantastic Four (2015)

Zumindest hält der Filmtitel „Fantastic Four“ die Hälfte von dem, was er verspricht. Am Ende sind es in der Tat vier Hauptfiguren mit Superkräften, die sich zu einem Superhelden-Team zusammentun. Der „fantastic“-Teil ist aber leider nicht vorhanden, außer man betrachtet das Scheitern des Filmes zynisch unter diesem Gesichtspunkt.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen