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Die Dokumentation von Dominik Wessely zeigt vor allem eins: den Erzähler Mario Adorf. Der Schauspieler spricht über Kindheit, Aufstieg zum Hollywoodstar und dolce vita in Rom. Zusammen mit Wessely besucht er Stationen seines Lebens und vermittelt dabei mehr als nur seine Lebensgeschichte.

Es hätte schlimmer kommen können - Mario Adorf (2019)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Ehrlich, menschlich, sympathisch

Der Film startet mit dem Bewerbungsschreiben, das Mario Adorf als junger Mann für die Aufnahme auf die Schauspielschule der Münchner Kammerspiele verfasst hat. Mario Adorf liest seinen Text von damals einfach vor und man merkt ihm an, wie gerührt er immer noch davon ist, dass man dieses Schriftstück nach all den Jahren gefunden und ihm bei seinem Besuch in die Hand gedrückt hat.

Der Brief aus den 1950er Jahren prägt den Ton des Films – denn so ehrlich und bodenständig, wie er damals sein Leben darlegte, um in die Otto-Falckenberg-Schule aufgenommen zu werden, so erzählt er auch im Rückblick von seinem doch eigentlich recht bewegten Leben: klar, lebendig, menschlich, ohne Schnörkel – und dadurch auch einfach grundsympathisch. Dominik Wessely hat den Schauspieler sehr liebevoll portraitiert, aber wohl einfach auch deshalb, weil Adorf genauso ist: sympathisch und liebenswert.

Für Es hätte schlimmer kommen können – Mario Adorf haben sich Dominik Wessely und Mario Adorf gemeinsam zurück an die Orte begeben, die prägend waren im Leben des Schauspielers: Mayen und die Eifel, die Gegend, in der er aufgewachsen ist. München und die Kammerspiele, wo er – wie er sagt, als einziger – häufig den Unterricht geschwänzt hat, um den Proben auf der Bühne zuzuschauen, und damit die ein oder andere Rolle ergattert hat. Denn, so betont er: „Fortuna ist nicht unsichtbar … Man muss das Glück aktiv suchen.“ Herrlich, wenn der 88-Jährige sein heimliches Beobachten nachspielt, sich in die Loge schleicht und auf dem Boden sitzend über die Balustrade spickt, um von Profi-Schauspielern zu lernen.

Und dann wird er selbst ein bekannter Schauspieler: Er dreht Nachts, wenn der Teufel kam (1957), seinen ersten Film mit Robert Siodmak, geht nach Hollywood und wird dort vor allem in der Rolle eines Mexikaners geliebt – auch wenn er selbst nicht immer nur „den Mexikaner“ spielen will. Wessely bringt auch Schauspielerkollegin Senta Berger vor die Kamera, und im gemeinsamen Gespräch erzählen die beiden, wie es war, in den 1960ern Schauspieler in Hollywood zu sein, und lachen über alte Anekdoten. Der Film zeigt damit nicht nur das Leben eines Schauspielers, sondern vermittelt das Gefühl einer ganzen Zeit. 

Noch eindringlicher gelingt ihm das, als Mario Adorf den Regisseur durch Rom führt, einen caffè in ‚seinem‘ Café trinkt und nach oben schaut in seine ehemalige Wohnung, in der er mehr als 30 Jahre gelebt hat. Er beschreibt seine Zeit in Rom, als halb Hollywood dort gedreht hat, und schwärmt noch heute vom dolce vita, von dieser „leichten Zeit“, die es heute nicht mehr gibt. Der Besitzer eines Restaurants ruft erfreut „Mario!“ und drückt ihn, Touristen machen ein Foto mit dem Schauspieler, andere schauen verwirrt und man sieht ihnen die Frage auf der Stirn geschrieben: Wer ist das denn? Es sind auch die kleinen Zufälle, die den Film unterhaltsam, und ja, einfach sympathisch machen.

In Es hätte schlimmer kommen können – Mario Adorf geht es zwar vor allem um den Schauspieler: Der Film konzentriert sich auf die Stationen seines Arbeitslebens, auf bestimmte Filme wie Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1975) oder auch die Fernsehserie Kir Royal (1985), lässt Kollegen und Filmemacher zu Wort kommen und nimmt nur wenig vom Privatleben Adorfs – seine Kindheit, die Beziehung zu seiner Mutter, die ihn allein großgezogen hat, in kurzer Schilderung das Kennenlernen seiner Frau Monique – in den Fokus. Eingang findet auch der Sänger Adorf, der seine Abschlusstournee plant, weggelassen hat Wessely dagegen das literarische Werk von Mario Adorf. Und doch zeigt der Dokumentarfilmer den Menschen Mario Adorf. Wohl aber deshalb, weil Mario Adorf so erzählt, wie er erzählt; weil er immer der Mensch ist, der er ist. Die Rollen dagegen, die hat er stets lediglich dargestellt. 

Es hätte schlimmer kommen können - Mario Adorf (2019)

Gemeinsam mit dem Porträtierten lässt der Regisseur Dominic Wessely das Leben des großen deutschen Schauspielers Mario Adorf Revue passieren und zeichnet ein erfülltes Leben nach, das von der Eifel über Paris bis nach Rom führte. Dabei geht der Film unter anderem der Frage nach, warum Mario Adorf dann doch nicht Bildhauer wurde.

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