Cut Bank - Kleine Morde unter Nachbarn

Eine Filmkritik von Martin Beck

Wo ist denn der ganze Schnee hin?

Eine verpennte amerikanische Kleinstadt, liebenswert skurrile Charaktere, ein Verbrechen und die sowohl verzwickten als auch grausigen Folgen daraus. Mitte der 1990er Jahre hieß Cut Bank noch Fargo und hinterließ einen so bleibenden Eindruck, dass daraus nicht nur eine aktuelle Fernsehserie, sondern auch viele, viele filmische Epigonen entstanden sind. Die dann gerne, wie hier geschehen, den Schnee gegen blühende Rapsfelder eintauschen können, doch im Grunde genommen immer Variationen dieser wundersamen Mischung aus Wehmut, Witz, Unvermögen und bösen Zufällen bleiben.
Der Ausgangspunkt bei Cut Bank ist ein nicht ganz so heller Mechaniker (Liam Hemsworth), der eigentlich nur seine Freundin (Teresa Palmer) in einem Rapsfeld filmen will, doch dann zufällig auch den Mord an einem alten Postboten (Bruce Dern) aufnimmt. Eine furchtbare Sache natürlich, doch immerhin mit 100.000 Dollar versüßt, die nämlich die Post für Hinweise auf Gewaltverbrechen gegen ihre Mitarbeiter zahlt. Wenn denn eine Leiche anwesend ist. Was aber hier seltsamerweise nicht der Fall ist.

Des Rätsels Lösung? Nicht alles ist so wie es scheint (TM). Mehr als eine Person in dem Ort führt dunkle Sachen im Schilde. Und mal wieder entpuppen sich idyllische Kleinstädte in Amerika als wahren Brutherde niederträchtiger Verbrechen – deren Tragweite allerdings immer wieder durch trottelige Planungen, bizarre Zufälle und irrationale Typen gestutzt wird. Wer kann denn zum Beispiel ahnen, dass auf einmal der örtliche Tierpräparator (Michael Stuhlbarg) auftaucht und unbedingt ein Paket wiederhaben möchte, das nach dem Mord verschwunden war? Und dass diesem Mann offensichtlich ein paar Zaunlatten fehlen, kann auch kein Plan dieser Welt berücksichtigen.

Mit anderen Worten: Es menschelt im Krimigebälk, das Film-noir-Setting erhält skurrile Risse schwarzhumoriger Prägung. So wie immer halt, in den ganzen anderen Fargo-/ Blood Simple-Rip-Offs, die irgendwann ca. 1998 aufgehört haben spannend zu sein und seitdem das Unerwartete zum Normalen gemacht haben. Was bei Cut Bank wirklich schräg wäre, wäre die Darstellung aller Personen als völlig normal und der Ablauf der Handlung in völlig plausiblen, realitätsnahen Bahnen. Eine amerikanische Kleinstadt ohne menschliche Extreme. Kaum vorstellbar, dass es so etwas gibt.

Mit nochmal anderen Worten: Dieser Film ist nicht allzu originell, sondern lediglich aufgewärmtes Resteessen – das aber immerhin, unter Berücksichtigung weiterer Rollen für John Malkovich, Billy Bob Thornton und Oliver Platt, eine phänomenale Besetzung aufweist. Und sehr gut produziert ist, vor allem, was die wunderbaren Bilder von Ben Richardson angeht. Und auf jeden Fall unterhaltsam bleibt, als kleiner Nebenbei-Krimi, der, wenn er hinter der Fargo-Serie laufen würde, einen reibungslosen Audience Flow garantieren würde.

Einer muss das ganz genau wissen: Regisseur Matt Shakman, der seit Jahren Episoden erstklassiger Serien inszeniert und auch schon bei, jawohl, Fargo das Sagen hatte. Der Mann hat Routine, was durchaus neutral gemeint ist. Es hat jedoch den Anschein, als wäre Cut Bank nicht ganz alleine von ihm betreut worden. In den 93 Minuten, die der Film dauert, kommen immer wieder Schnitte, nach denen man sich denkt, dass da irgendetwas fehlen muss. Und zwar viel mehr als die geschnittenen Szenen, die auf der Blu-ray und DVD anwesend sind. Es wirkt einfach unrund in Rapsfeldhausen… und vermittelt damit letztendlich, auch angesichts der qualitativ hochwertigen Konkurrenz, die hier ohne Not ausgesucht wurde, ein mildes „okay“.

Cut Bank - Kleine Morde unter Nachbarn

Eine verpennte amerikanische Kleinstadt, liebenswert skurrile Charaktere, ein Verbrechen und die sowohl verzwickten als auch grausigen Folgen daraus. Mitte der 1990er Jahre hieß „Cut Bank“ noch „Fargo“ und hinterließ einen so bleibenden Eindruck, dass daraus nicht nur eine aktuelle Fernsehserie, sondern auch viele, viele filmische Epigonen entstanden sind.
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