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Zoltan Paul spielt sich selbst: Als Regisseur einer Musikdoku über die Japantour von Pero Pero, der Band seines Sohnes, gerät er in höchsten Liebesschlamassel. Ironisch spielt er mit der Wirklichkeit des Low Budget-Filmemachens, und ironisch spielt er mit seiner Krise als Mann, Vater, Künstler.

Breakdown in Tokio (2017)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Film-Krise

Ein Mann am Rande des Nervenzusammenbruchs: Zoltan Paul spielt Lászlo Kovács, Filmemacher in der Schaffenskrise, der seinen Sohn Julian auf einer Japantournee begleitet: Julian ist Gitarrist der Band Pero Pero, die gibt es wirklich, den Sohn auch, und den Vater. Kovács ist natürlich nur ein leicht verfremdetes Alter Ego des Regisseurs, Autors, Produzenten Paul.

Tatsächlich ist der fiktive Kovács im Film der Regisseur des realen Zoltan Paul-Films Amok – Hansi geht’s gut von 2014, und es ist durchaus anzunehmen, dass Paul aus Verzweiflung darüber, kein Filmprojekt mehr zusammenzubringen, sich entschlossen hat, eine Dokumentarfahrt durch Japan zu machen, mit Pero Pero und Sohn Julian im Fokus der Kamera – und das Ganze in Spielfilmform umzugießen durch ein fiktionalisiertes Making-of-Geschehen daneben und drumherum.

Die Pero Pero-Musik ist wirklich gut: Ein Duo mit schnellem Prog-Rock-Metal-Punk-Touch, das in diversen Clubs spielt, begleitet von der Kamera in langen Livemusik-Sequenzen. Hinter den Kulissen des Doku-Drehs geht’s heiß her, weil sich Kovács in die junge japanische Reiseleiterin verguckt hat. Seine Gefährtin Emma sieht das zunächst als vernachlässigenswerte Verirrung. Kovàcs aber ist von vornherein so fertig, dass er nicht mal ‚ne anständige Affäre hinkriegt. Verliebt faselt er angesichts blühender Bäume davon, dass seine Angebetete der Frühling im Herbst seines Lebens sei und ähnlichen banalen Quatsch. Sie aber nimmt’s ernst. Ernster, als irgendwem lieb sein kann. Ihr Vater ist reicht und mächtig und Yakuza-Methoden nicht abgeneigt …

Ein Familienfilm ist das: Zoltan Paul spielt eine Figur, die schelmisch er selbst sein soll, Pero Pero ist Pero Pero, Pauls Lebensgefährtin und Ko-Produzentin Clementina Hegewisch spielt Kovács Lebensgefährtin und Ko-Produzentin Emma. Der Rest ist Verzweiflung, weil Kovács tief in der Krise steckt, beruflich, persönlich und wahrscheinlich auch anderweitig. Es entwickelt sich das Mid- bis Endlife-Crisis-Drama beim Dreh des Films im Film, verwurzelt in der Wirklichkeit einer Konzertdoku, aber mit Auswüchsen in die Dreiecks-Tragödie und, ja, in den Gangsterfilm.

Das kann natürlich heftig schief gehen: Sich selbst zu involvieren in einen Film, seine Befindlichkeiten hochzujazzen, um daraus Stoff für eine Spielhandlung zu generieren, die mit selbstironischer Komik die persönliche Situation analysiert und damit eliminiert … Selbstmitleid ist da nicht weit, und die Gefahr fehlender Distanz und damit eines großen Krampfes auch nicht. Zoltan Paul aber weiß sich zu behaupten, auch und gerade im Angesicht seiner selbst.

Breakdown in Tokyo ist auch ein Film über das Banale im Leben, das sich manchmal mit aller existentiellen Macht über einen wirft: Die Erbärmlichkeit des Daseins, die Unfähigkeit, Beziehungen zu halten, die egozentrische Weinerlichkeit, die Kovàcs überfällt. Alles aus grundsätzlich flachen, unbedeutenden Episoden, selbstverschuldet zudem – aber all dem setzt Zoltan Paul in einer weiteren Volte beständige Zitate des obskuren rumänischen Philosophen Emil Cioran entgegen: Ein Wegweiser in dem Irrgarten, den Kovàcs nicht zu verlassen vermag, zusammengestellt aus verschiedenen Depri-Aphorismen: „Die Tatsache, geboren zu sein, ist so unnötig, dass man, wenn man zulange darüber nachdenkt, nur noch dümmlich grinsend dasteht, weil man nicht weiß, wie man mit seiner Existenz fertigwerden soll.“ Oder: „Der Mensch neigt dazu, in Momenten höchsten Glücks zu vergessen, dass es wirklich nur Momente sind, und dass sie die Lebensdauer einer Eintagsfliege kaum zu überschreiten vermögen.“ Könnte eigentlich fast sein, dass Zoltan Paul die Sprüche erfunden hat. Cioran aber gab es wirklich, seine Haltung auch: Pessimismus für Fortgeschrittene. Dass Zoltan Paul daraus eine solche Komödie machen konnte – stimmt schon wieder optimistisch.

Breakdown in Tokio (2017)

Die Rockband Peropero aus Berlin tourt durch Japan: Im Schlepptau mit dabei: Der Vater von einem der Musiker, der als Dokumentarfilmer in einer waschechten Lebenskrise die Tournee der Band begleitet- zusammen mit seiner neuen Frau, die den Film produziert. Doch dann trifft der Regisseur auf die Produktionsassistentin Nahoko und verliebt sich Hals über Kopf in sie. Und damit wird alles erst so richtig kompliziert …

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