Log Line

Um ihren Bruder vor der Gewalt einer Gefängnisbande zu schützen, übernimmt sie illegale Frachten für ihn. Eines Tages soll sie ein junges Mädchen transportieren.

Paradise Highway (2022)

Eine Filmkritik von Sebastian Seidler

Dramatische Unglaubwürdigkeiten

Als sie klein waren, hat Dennis (Frank Grillo) seine Schwester Sally (Juliette Binoche), so gut es eben ging, vor dem gewalttätigen Vater beschützt. Die Narben der ausgedrückten Zigaretten auf ihrer beider Hände erzählen Geschichten von schmerzhafter Brutalität. Dann hat sie das Leben an unterschiedlichen Punkten ausgespuckt. Dennis ist nach mehreren Delikten im Gefängnis gelandet, während Sally als Truckerin über die Highways donnert.

Nun steht Dennis kurz vor der Entlassung. Die Schwester will ihn abholen, ein neues Leben soll beginnen. Nur leider ist da diese Gang, die im Knast ihre schmutzigen Geschäfte gut zu organisieren weiß und den Bruder unter Druck setzt. Waren es bislang vor allem Drogen, soll Sally nun ein junges Mädchen in einem Waldstück abliefern. Sollte sie sich weigern, wird Dennis das Gefängnis nicht lebend verlassen.

Widerwillig nimmt Sally die lebende Fracht mit und ist auch wie verabredet am Ort der Übergabe. Das Mädchen allerdings denkt gar nicht daran, in die Hände dieses bärtigen Widerlings gegeben zu werden, der dort im Licht der Scheinwerfer auf sie wartet – und erschießt ihn kurzerhand. Das ist der blutige Beginn einer waghalsigen Flucht vor ruchlosen Kinderhändlern und der Polizei. Eine Reise, auf der Sally und Leila (Hala Finley) eng zusammen- und über sich hinauswachsen werden.

Eine atemlose Flucht. Eine lebensrettende Reise. Ein düsterer Thriller über Kinderhandel auf den Highways der USA und ein berührendes Drama über Trauma und Einsamkeit. Paradise Highway will all das gleichzeitig sein – und scheitert dabei auf allen Ebenen in generischer Einfältigkeit. Das beginnt schon damit, dass die Figuren über den ganzen Film hinweg lediglich Funktionen des Drehbuchs sind, um einen arg konstruierten Thriller-Plot am Laufen zu halten. Um existenzielle Tragik zu schultern, sind sie schlichtweg mit zu dünnen Strichen skizziert.

Da wird in den ersten Minuten ein geschwisterliches Band geknüpft, eine tiefe emotionale Abhängigkeit behauptet, die auf der gemeinsamen Gewalterfahrung durch den Vater basieren soll. Diese erhält aber an keiner Stelle wirkliches Gewicht. Paradise Highway ist darauf bedacht, möglichst schnell den Thrill zu etablieren, statt eine glaubwürdige Atmosphäre zu schaffen. Soll man wirklich glauben, dass diese Sally einfach so ein kleines, schutzbedürftiges Mädchen für einen Kinderhändlerring transportiert?

Derlei Unglaubwürdigkeiten ziehen sich durch das gesamte Drehbuch. Leila gewinnt als schwer traumatisiertes, misshandeltes und vergewaltigtes Mädchen innerhalb kürzester Zeit eine Lebensfreude und Handlungsfähigkeit zurück, dass es einem Hohn gegenüber der Wirklichkeit gleichkommt; das unerträgliche Grauen des Kinderhandels wird verharmlost, indem man ihn plump emotionalisiert. Erneut: Alles in diesem Film hat eine Funktion, die dann nicht mal zu einem Hauch von Spannung führen.

Das liegt dann allerdings vor allem an einer Casting-Entscheidung. Morgan Freeman darf sich als idealistischer Cop durch den Film rentnern, was jegliche Dynamik aus dem Spiel nimmt. Die Behäbigkeit, mit der er hier ermittelt, kann selbst das hundertste „Fuck“ nicht ausgleichen, das der Hollywood-Schauspieler gen Himmel schickt. Und selbst die sonst so großartige Juliette Binoche quält sich durch Dialoge, bei denen man sich vor allem eines fragt: Wie kommt man auf die Idee, einen solchen Film auf der Piazza zu zeigen?

Paradise Highway (2022)

Um das Leben ihres Bruders zu retten, erklärt sich die LKW-Fahrerin Sally widerwillig bereit, eine illegale Fracht zu schmuggeln — ein Mädchen namens Leila. Als sie sich auf eine gefahrvolle Reise über die Staatsgrenzen begeben, setzt sich ein hartnäckiger FBI-Agent auf ihre Spur, der entschlossen ist, alles zu tun, um eine Menschenhandelsoperation zu beenden und das Mädchen in Sicherheit zu bringen.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen