Die Regeln der Gewalt

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Last des Vergessens

Ein Mann ohne zuverlässig funktionierendes Gedächtnis, der sich unversehens in einem Strudel des Vergessens wieder findet und der versucht, dem eigenen Geist zu trotzen – das liest sich auf den ersten Blick wie die Inhaltsangabe von Christopher Nolans furiosem Film Memento. Doch das Regiedebüt des erfolgreichen Drehbuchautors Scott Frank, der bislang die Scripts zu Filmen wie Schnappt Shorty, Out of Sight und Minority Report verfasste, eifert keineswegs so sehr Nolans Film nach, sondern versteht es durchaus geschickt, eigene Akzente zu setzen.
Chris Pratt (Joseph Gordon-Levitt) hat alles, was sich ein junger Mann nur wünschen kann: Er stammt aus einem wohlhabenden Elternhaus, hat Erfolg bei den Frauen und er ist auf dem besten Wege dazu, ein erfolgreicher Eishockeyspieler zu werden. Doch das Leben auf der Überholspur und die damit verbundene Selbstüberschätzung fordern ihren Tribut – bei einer nächtlichen Spazierfahrt verursacht Chris einen schweren Autounfall, in dessen Verlauf seine Freunde getötet werden und er selbst schwere Kopfverletzungen erleidet, nichts ist mehr wie es vorher war. Zwar überlebt er die selbst verschuldete Katastrophe, doch der Preis, den er dafür zu zahlen hat, ist hoch: Chris muss sich nach seiner Genesung die einfachsten Dinge notieren, da ihm sonst alles zu entgleiten droht. Sein Leben ist ein einziger Kampf gegen das Vergessen, und wären da nicht sein blinder Zimmergenosse Lewis (Jeff Daniels) und Unmengen von Post-its, wäre an ein einigermaßen normales Leben kaum mehr zu denken. Als Chris einen Job bei einer kleinen Bank des Ortes erhält, wittert der Gauner Gary Spargo (Matthew Goode) seine Chance – unter dem Vorwand, ein ehemaliger Mitschüler von Chris zu sein macht er sich an den Arg- und Hilflosen heran und überzeugt ihn davon, die Bank um Geld zu erleichtern. Doch als es soweit ist, meldet sich das Gewissen des Ausgenutzten und trotz seiner Unterlegenheit versucht er im Alleingang, die Bande zu stoppen – ein auf den ersten Blick aussichtsloses Unterfangen.

Was bereits beim ersten Blick auf Scott Franks Debütfilm Die Regeln der Gewalt / The Lookout als deutliches Manko auffällt, ist zunächst einmal der deutsche Verleihtitel, der ihm eine irreführende Wendung ins Actionfach gibt – was der Film aber definitiv nicht einlöst. Und das liegt unter anderem daran, dass Franks gebrochener Protagonist Chris so gar nicht zum Stereotyp des Helden passen mag, wie er im Actionkino gefordert ist. Auch als Heist-Movie, der sich vor allem für die Vorbereitung zu einem großen Coup und dessen meisterhafter Durchführung interessiert, mag man Die Regeln der Gewalt / The Lookout nicht wirklich sehen, zumal es in diesem Sub-Genre doch bedeutend Spannenderes und Trickreicheres zu sehen gibt. Scott Frank, der die Idee zu diesem Film bereits seit vielen Jahren mit sich herumtrug, legt seinen Schwerpunkt mehr auf die innere Verfassung seines Antihelden Chris, auf die Probleme, die ihm das Leben erschweren, auf die Frustrationen, die ihn zum Spielball der Kriminellen werden lassen und auf die Kehrtwende, die ihn schließlich zum erbitterten Gegner von Gary werden lässt. Dafür finden der Regisseur und sein Kameramann Alar Kivilo zwar beeindruckende Bilder, doch man kann sich nicht ganz des Eindrucks erwehren, als pendele der Film etwas zu unentschlossen zwischen Heist-Movie und existenzialistischer Charakterstudie hin und her und werde so schließlich keinem von beiden gerecht. Irgendwie wäre mehr drin gewesen in dieser Geschichte, die für ein Drama um einen Mann ohne Gedächtnis nicht tief genug geht und die als Thriller schlichtweg zu betulich und wenig ausgefeilt erscheint. Die Regeln der Gewalt / The Lookout ist mit Sicherheit kein schlechter Film, doch um sich auch noch in einigen Jahren an ihn zu erinnern, bedarf es schon einiger Haftnotizen.

Die Regeln der Gewalt

Ein Mann ohne zuverlässig funktionierendes Gedächtnis, der sich unversehens in einem Strudel des Vergessens wieder findet und der versucht, dem eigenen Geist zu trotzen – das liest sich auf den ersten Blick wie die Inhaltsangabe von Christopher Nolans furiosem Film Memento.
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Meinungen

Jogi · 19.09.2007

Habe den Film heute gesehen und bin etwas gespalten.

Die Story ist schön erzählt hat keine großen Löcher oder Lücken.

Die Schauspieler finde ich alle gut. Vorneweg natürlich Joseph Gordon-Levitt der seine Rolle sehr gut spielt.

Die Charaktere sind alle etwas zu ausgefeilt.

Aber ich habe keinen Zugang zu diesen Film finden können. Ist bei mir alles an der Oberfläche abgeprallt.

Der Film ist nicht so gewalttätig wie der deutsche Titel es vermuten lässt.

Leichte Unterhaltung, mehr aber nicht. Man muss den Film nicht gesehen haben.