Log Line

Cathy Marie hat ihre Stelle in der Küche einer renommierten Köchin verloren, weil sie mit dieser aneinandergeraten ist. Die Leitung der Kantine eines Heims für jugendliche Migranten will sie nur mittelfristig übernehmen, bevor sie ihr eigenes Restaurant eröffnet.

Die Küchenbrigade (2022)

Eine Filmkritik von Teresa Vena

Die soziale Verantwortung

Cathy Marie (Audrey Lamy) träumt schon immer von einem eigenen Restaurant. Jetzt wäre die Gelegenheit da. Sie hat sich mit ihrer Chefin gestritten und ist gekündigt worden. Doch Cathy fehlt das Geld und der Mut dazu. Weil keiner ihrer Bekannten eine freie Stelle hat, übernimmt sie widerwillig die Leitung der Küche in einem Heim für jugendliche Migranten und Asylsucher. Die Einzelgängerin Cathy merkt schnell, dass sie Hilfe braucht, wenn sie ihren Ansprüchen an gutes Essen gerecht werden will und bald werden einige der jungen Männer vor Ort Mitglieder ihrer neuen Brigade.

„Sie mögen Fußball und Ravioli. Dann geben wir ihnen das“, kündigt der Heimleiter Lorenzo (François Cluzet) an. Doch er hat nicht mit Cathys Ehrgeiz gerechnet und schon bald wird aus der verwahrlosten Küche eine funktionierende. Und eigentlich noch viel mehr, nämlich ein neuer Begegnungsort und ein Ort, an dem Ambitionen und Träume erlaubt sind. Hier vergessen die Jugendlichen für eine Weile ihre Sorgen um ihren Aufenthaltsstatus, hier können sie sich gebraucht und wichtig fühlen. Das Motiv der Brigade wird zum Sinnbild für Solidarität, für Teamgeist und Durchhaltevermögen.

Die Themen in Louis-Julien Petit Sozialkomödie Die Küchenbrigade sind nicht sonderlich subtil behandelt. Ähnlich wie der Charakter der Protagonistin ist der Tonfall des Films direkt, unverstellt und grundsätzlich liebenswert. Auch wenn die Handlung in hohem Maße voraussehbar ist und vor allem in der zweiten Hälfte des Films stellenweise auch reichlich sentimental. Doch über die Gesamtlänge hinweg gelingt es Petit recht gut, mit Humor die besonders rührseligen Momente wieder aufzubrechen. Dass dies so gut gelingt, verdankt der Film der schauspielerischen Leistung Audrey Lamys in der Rolle von Cathy.

Lamy vereint eine gewisse Härte, die, wie man erfahren wird, in erster Linie dem Selbstschutz dient, mit dem Ausdruck einer eigenen inneren Verletzlichkeit. Ihr Spiel ist meist trocken und präzise. Es ist etwas schade, dass ihre Figur mit einer kitschigen Hintergrundgeschichte ausgestattet wird, die in einer mehr als künstlerisch überflüssigen, wenn nicht gar schon peinlichen Rückblende auch noch ihre bildliche Entsprechung findet. In der Zeichnung von Cathys Charakter hätte man sich etwas mehr Mut gewünscht. Kann man Solidarität nur mit Menschen haben, wenn man etwas Ähnliches erlebt hat wie sie? Das mag vielleicht tatsächlich in einem gewissen Maß der Fall sein, aber auf diese Weise mindert der Film seine eigene Aussagekraft.

Geschickt ist aber zweifelsohne die Paarung mit der Figur der Betreuerin Sabine, die meisterhaft von der französischen Theaterschauspielerin Chantal Neuwirth verkörpert wird. Sabines absolute Ausgeglichenheit, bedingungslose Freundlichkeit und Empathie beruhigen auch Cathys Seele. Darin steckt nämlich eine ähnliche Wut, wie in den Heimbewohnern. Offensichtlich sind diese durch Jugendliche dargestellt, die aus einem ähnlichen Umfeld stammen, wie ihre Figuren. Für Laien haben sie ein erstaunliches Gefühl für Rhythmus, auch wenn man ihnen ihre Unerfahrenheit bisweilen anmerkt. Doch wird von diesen Leistungen mal eben einen Profi wie François Cluzet, der hier arg farblos wirkt, in den Schatten gestellt. Dem Willen einer höheren Authentizität ordnet Petit insbesondere im letzten Viertel des Films eine klare künstlerische Form unter.

Dass der Film dann so endet, wie er es tut, überrascht nicht sonderlich. Von Anfang an ist da der Wunsch, die harte Realität in den Blick zu rücken, ohne aber allzu sehr vor den Kopf stoßen. Die Küchenbrigade erzählt Petit wie ein modernes Märchen. Man muss nur wollen, dann fügt sich alles. Die Menschen sind grundsätzlich gut, sie wissen nur nicht immer, wo ihre Hilfe benötigt wird.

Es ist ein rühmlicher Versuch, in größeren Produktionen, mit einigen bekannten Namen einen Film zu inszenieren, der auf politische Missstände hinweisen soll. Doch reiht sich Die Küchenbrigade in die Kategorie ein, die vereinfacht, romantisiert und damit der Dringlichkeit des Themas wieder die Luft aus den Segeln nimmt. Ob sich damit wirklich Menschen sensibilisieren lassen, ist fraglich, schließlich wissen sich die Betroffenen immer irgendwie selbst zu helfen, einen Wandel im System ist nicht nötig.

 

Die Küchenbrigade (2022)

Die begnadete Köchin Cathy Marie, Sous-Chefin in einem Sternelokal, steht kurz davor, den lange gehegten Traum ihres eigenen Restaurants zu verwirklichen. Aber dann streitet sie sich einmal zuviel mit ihrer Chefin und steckt plötzlich in ernsten finanziellen Schwierigkeiten. Eine neue Anstellung auf ihrem Niveau zu finden, erweist sich als aussichtsloses Unterfangen, und so sieht sich Cathy mit fast 40 Jahren gezwungen, zu nehmen, was gerade da ist: Kantinenköchin in einem Heim für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Dosenravioli, Mikrowelle und eine ungeschickte Küchenbrigade aus Heimbewohnern: Cathy ist in die kulinarische Hölle geraten. Ihr Traum scheint in weite Ferne gerückt. Oder doch nicht?  

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen