Avengers: Age of Ultron

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Zwischentöne machen den Unterschied

Ein Haufen eigenwilliger Superhelden, bombastische Effekte und treffsichere Pointen – so liest sich das Erfolgsrezept der Comic-Verfilmung The Avengers, mit der Regisseur und Drehbuchautor Joss Whedon vor fast genau drei Jahren bei Kritik und Publikum landen konnte. Sein unterhaltsamer, ironisch gefärbter Blockbuster war äußerst verspielt und machte Lust auf mehr. Etwas ernsthafter geht es nun im Nachfolger zu, der freilich nicht auf die Zutaten von Teil eins verzichten kann. Soll heißen: Überwältigende Actionszenarien und amüsante Wortduelle stehen erneut im Mittelpunkt, werden dieses Mal jedoch mit einigen tiefer schürfenden Momenten kombiniert. Eine Mischung, die am Ende aufgeht, selbst wenn nicht jeder Einfall glänzend ist.
Inhaltlich schließt Avengers: Age of Ultron an seinen Vorgänger an, berücksichtigt, wie es bei der fortlaufenden Marvel-Kinoreihe gang und gäbe ist, allerdings auch die Entwicklungen der anderen Comic-Adaptionen. Eine besondere Bedeutung kommt wohl dem Ende des zweiten Captain-America-Abenteuers zu, das den Untergang der friedensstiftenden Geheimorganisation S.H.I.E.L.D. markierte. Jener Institution, für die das dysfunktionale Superheldenteam der Avengers früher in den Krieg gegen finstere Mächte zog. Mittlerweile arbeiten die guten Rächer auf eigene Rechnung, sind des Kämpfens aber etwas müde. Weshalb Multimilliardär und Wissenschaftsfreak Tony Stark alias Iron Man (Robert Downey Jr.) kurzerhand ein stillgelegtes Friedensprogramm aktivieren will. Die künstliche Intelligenz, mit der er dabei experimentiert, gerät allerdings schnell außer Kontrolle und manifestiert sich im hochintelligenten Superroboter Ultron (Originalstimme: James Spader). Einer Maschine, die unbegrenzten Zugriff auf das Internet hat und der fixen Idee verfällt, die Erde von ihrem größten Übel befreien zu müssen: den Menschen und damit auch den Avengers.

Spannend ist diese Prämisse schon deshalb, weil sie auf den uralten Frankenstein-Mythos rekurriert. Dem Streben des Menschen nach schöpferischen Geniestreichen. Auch wenn Tony Stark gute Absichten verfolgt, bringen seine Forschungen ein Wesen hervor, das sich jeglicher Kontrolle entzieht. Im Herzen der Avengers entsteht die Bedrohung, die das Superheldenteam fortan bekämpfen muss. Eine ambivalente Gemengelage, die Whedons Drehbuch weiter verkompliziert, da Ultron einige nachvollziehbare Denkanstöße liefert. Immerhin hat er durchaus Recht, wenn er die Selbstherrlichkeit und das häufig zerstörerische Wirken der Protagonisten kritisch hinterfragt. Falsch und destruktiv ist „nur“ der Ansatz des hochgradig vernetzten Roboters, der sowohl Iron Man und Co als auch die Menschheit einfach von der Erde tilgen will. Zweifelsohne haben wir es hier mit einem mehr als eindimensionalen Gegenspieler zu tun, der in der Originalversion dank eines facettenreichen Stimmenspiels wechselnde Stimmungen durchläuft – mal aufbrausend-aggressiv, dann wieder spöttisch-herablassend – und damit erfreulich unberechenbar bleibt.

Interessant sind darüber hinaus die Ausflüge in das Seelenleben der unbesiegbar scheinenden Titelhelden. Die Annäherung zwischen Bruce Banner alias Hulk (Mark Ruffalo) und Natasha Romanoff alias Black Widow (Scarlett Johansson) dient beispielsweise dazu, die Probleme eines Lebens mit gefährlichen Superkräften zu diskutieren, und setzt ein ums andere Mal ein emotionales Ausrufezeichen. Düster und geradezu unbehaglich wird es immer dann, wenn Ultrons Verbündete Wanda Maximoff (Elizabeth Olsen) bei ihrem ersten großen Auftritt im Marvel Cinematic Universe von ihren Manipulationsfähigkeiten Gebrauch macht und in die Gedankenwelt der Avengers eindringt. Manchmal lenkt sie dabei deren Wahrnehmung in falsche Bahnen, in anderen Momenten konfrontiert sie die Hauptfiguren mit ihren tiefsten Ängsten und unliebsamen Erinnerungen. Inszenatorisch heben sich diese fast schon horrorfilmartigen Einschübe deutlich ab vom ansonsten knallig bunten Comic-Treiben.

Obwohl Whedon seinen neuen Superheldenfilm auf diese Weise mit ein wenig Tiefsinn versieht, ist Avengers: Age of Ultron natürlich noch immer ein bildgewaltiger Spektakelstreifen, der bereits in der Eröffnungssequenz eine Kostprobe seiner rasanten, actionreichen Grundausrichtung gibt. Weitere deftige Kampfpassagen lassen nicht lange auf sich warten und sind einmal mehr technisch brillant umgesetzt. Hier und da streift das Sequel aber auch die Grenze zum Overkill, ohne allerdings in vollkommen stupide Bahnen abzudriften. Ein lockerer Spruch und kleine Sticheleien sorgen häufig für willkommene Ablenkung, wobei die Gagdichte nicht ganz so hoch ausfällt wie noch im ersten Teil.

Etwas schade, aber keineswegs verwunderlich ist, dass der Film auf der Zielgeraden die kritische Auseinandersetzung mit dem Selbstverständnis der Superheldentruppe aus den Augen verliert. Hier sind die Fronten – will heißen Gut und Böse – klar abgesteckt. Ultron entwickelt nun grauenvolle Allmachtsfantasien und muss aus diesem Grund um jeden Preis vernichtet werden, wobei es schon ein wenig lustig ist, wie vehement der Film die Sorgen der Protagonisten um die bedrohten Zivilisten unterstreicht. Nichtsdestotrotz ragt Avengers: Age of Ultron insgesamt aus dem üblichen Blockbuster-Einerlei heraus, da Whedon seinem eigenen Anspruch, den Vorgänger nicht einfach zu kopieren, durchaus gerecht wird.

Avengers: Age of Ultron

Ein Haufen eigenwilliger Superhelden, bombastische Effekte und treffsichere Pointen – so liest sich das Erfolgsrezept der Comic-Verfilmung „The Avengers“, mit der Regisseur und Drehbuchautor Joss Whedon vor fast genau drei Jahren bei Kritik und Publikum landen konnte. Sein unterhaltsamer, ironisch gefärbter Blockbuster war äußerst verspielt und machte Lust auf mehr. Etwas ernsthafter geht es nun im Nachfolger zu, der freilich nicht auf die Zutaten von Teil eins verzichten kann.
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