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„Zitterbacke – Hühnerkacke!“, das war einmal. Alfons ist 15 Jahre alt und immer noch ein Pechvogel. Das macht aber noch keinen guten Film.

Alfons Zitterbacke - Endlich Klassenfahrt (2022)

Eine Filmkritik von Rochus Wolff

Mit der Seilbahn in die Langeweile

Ein Pechvogel ist er wohl immer noch: Am Morgen der Klassenfahrt versagen natürlich alle Wecker im Haushalt (Kevin — Allein zu Haus — McAllister lässt grüßen), und Alfons Zitterbacke, 15 Jahre alt, kommt nicht nur erst in allerletzter Minute (genau genommen eigentlich schon zu spät) zum Bus, sondern greift auch noch den falschen Koffer. Fortan reist er also mit den Urlaubsklamotten seiner Mutter durch die Gegend.

Also reist die Mutter (Alexandra Maria Lara) mit ihrem neuen Freund (Sam Riley) der Klasse hinterher, um die Koffer wieder auszutauschen. Dass Alfons (Luis Vorbach) eigentlich keine Wechselklamotten hat, scheint Alfons Zitterbacke – Endlich Klassenfahrt! allerdings auf halber Strecke zu vergessen, und das beschreibt die ungelenke Fahrigkeit ganz gut, die seine gesamte Dramaturgie ausmacht.

Die Klasse zuckelt aus Halle zunächst auf Usedom, wo sie – es ist ein deutscher Kinderfilm – eine skurrile Herbergsmutter aus der Familie Thalbach (diesmal Anna, ihre Mutter Katharina war in Alfons Zitterbacke – Das Chaos ist zurück die Schuldirektorin) begrüßt. In der nicht nur leicht heruntergekommenen Unterkunft rebellieren die Schüler_innen überraschenderweise nicht sofort, dafür gibt es erste Streiche und Ränkespiele, bevor ein Missgeschick von Alfons dazu führt, dass der dortige Aufenthalt abgebrochen werden muss.

Glücklicherweise hat Lehrerin Laila Hoffmann (Haley Louise Jones) Bekannte im Harz – dort will Gojko Mitićs Figur ein heruntergewirtschaftetes Haus zu einem Treffpunkt für Künstler_innen umwandeln, aber im Moment ist halt Platz da, nur kein Personal. Das führt dann dazu, dass Alfons und sein bester Freund Benni (Leopold Ferdinand Schill) einmal Nudeln kochen sollen, aber das geht natürlich auch gründlich schief …

Die Makkaroni-Episode ist, so berichtet die Produzentin Nicole Kellerhals, wohl die einzige Geschichte im Film, die noch den kurzen Alfons-Zitterbacke-Erzählungen von Gerhard Holtz-Baumert entstammt – auch diese wurde natürlich angepasst, macht aber vor allem deutlich: Die forsche Tolpatschigkeit des Alfons aus den Büchern, seine fröhliche Naivität, all das funktioniert gut für ein zehn- bis zwölfjähriges Kind. Bei einem Teenager wirkt es nicht mehr sympathisch, sondern vor allem, wie Teenager wohl sagen würden, lost.

Altersgemäßer ist dann schon, dass Alfons sich in die neue Mitschülerin Leonie (Leni Deschner) verliebt hat; daraus ergibt sich eine dumme Wette, einiges Rumgedruckse und am Schluss eine viel zu einfache Auflösung. Das ist zum einen emotional überhaupt nicht überzeugend (15-Jährige sind da komplexer, wirklich) und zum anderen in jedem einzelnen Schritt so vorhersehbar; es ist zum Heulen.

Lisa Moell als Emilia nutzt die Chance, dass das Drehbuch von Regisseur Mark Schlicher und John Chambers ihr eh fast nichts zu sagen gibt, um umso stärker zu wirken; ansonsten verlässt der Film sich nie auf seine jugendlichen Darsteller_innen und ihre nonverbale Ausdrucksstärke. Alle Konflikte werden explizit an- und ausgesprochen und dann auch gerne noch ein weiteres Mal erklärt, für all jene, die nicht richtig aufgepasst haben. Das ist wie in einem schlechten Sonntagskrimi, der regelmäßig fürs verschnarchte Publikum zusammenfasst, was bisher geschah.

Alfons Zitterbacke – Endlich Klassenfahrt! will nichts und verlangt nichts von seinem Publikum; wobei unklar bleibt, wer dieses Publikum eigentlich sein soll. Denn Alfons’ Altersgenoss_innen werden sich für diesen Quatsch nicht interessieren, jüngere Kinder können mit den Figuren wahrscheinlich nicht viel anfangen.

Mit seinen schönen Landschaftsaufnahmen und der Tour erst an die Ostsee und dann in den Harz bekommt man das Gefühl, der Film sei eine Auftragsarbeit zur Förderung des Tourismus in Ostdeutschland – aber dann ist im Konzept nur Platz gewesen für verfallende Gebäude, böse Investoren (ja, da gibt es auch noch einen, der wird per Chemieklo bekehrt, fragen Sie nicht) und Trabis.

Das ist in seiner bemühten Klamaukigkeit vor allem traurig – umso mehr, weil es doch möglich sein müsste, Alfons Zitterbacke angemessen in die Gegenwart zu transportieren, ohne seine ostdeutsche Identität zu verlieren oder auf Ostalgie und kaputte Häuser zu reduzieren. Man konnte das an Geschichten vom Franz neulich sehen, wie so etwas klappt. Und niemand kann mir erzählen, dass in Halle an der Saale unmöglich ist, was in Wien funktioniert.

Alfons Zitterbacke - Endlich Klassenfahrt (2022)

Total verpennt, schafft Alfons in letzter Sekunde den Bus zu seiner Klassenfahrt an die Ostsee. Im Gepäck: jede Menge Abenteuerlust, lustige Pranks und – Moment mal – die Klamotten seiner Mutter?! Aus Versehen hat er die Koffer vertauscht – ausgerechnet jetzt, wo er doch seiner neuen Mitschülerin Leonie beweisen wollte, was für ein cooler Typ er ist. Zum Erstaunen seiner besten Freunde Benni und Emilia hat Alfons die rettende Idee: Er stellt sich zur Wahl als Klassensprecher. Sein ewiger Rivale Nico checkt allerdings sofort, dass Alfons Leonie beeindrucken möchte und fordert ihn zu einer bescheuerten Wette heraus. Alfons‘ Schicksal als ewiger Pechvogel nimmt seinen Lauf! Dabei hat ihn sein Lehrer Flickendorf doch sowieso schon auf dem Kieker und wartet nur darauf, dass bei Alfons wieder etwas schiefgeht, um ihn nach Hause schicken zu können! Fliegende Makkaroni, aufregende Nächte am Lagerfeuer und eine gefährliche Klettertour machen die Klassenfahrt zu einer Reise, die Alfons und seine Freunde so schnell nicht vergessen werden.

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