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In „Schlussklappe“ blickt Niclas Mehne humorvoll in die deutsche Filmfestival-Bubble aus Sicht einer zielstrebigen Gruppe von Filmschaffenden.

Schlussklappe (2022)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Wir fahren nach Saarbrücken!

Ein Mann und eine Frau laufen nach dem Kinobesuch zum Auto. Der Mann wendet sich direkt an uns Zuschauer:innen: Er sei überzeugt (und ein wenig genervt) davon, dass seiner Partnerin der Action-Blockbuster, den sie gerade zusammen geschaut haben, absolut nicht gefallen habe. Kurz darauf, als die beiden losfahren, blickt auch die Frau in die Kamera, um mit uns zu sprechen. Was wir hier sehen, ist indes nicht der Anfang einer Meta-RomCom, sondern ein Film in einem Film.

Die Drehbuchautorin und Regisseurin Rebecca (Pina Kühr) hat mit ihrem Freund Andie (Nikolaus Sternfeld) und dem Schauspielduo Saskia (Anne Düe) und Robert (Andreas Berg) den Low-Budget-Kurzfilm „Julia, I Like“ fertiggestellt. Der Traum von einem ersten Langfilm steht im Raum – doch erst mal gilt es nun, dieses kleine Projekt in Umlauf zu bringen. Nebenher hat Rebecca noch ein Zweitstudium als Lehrerin begonnen.

An der Frage, ob in diese recht unklare Zukunft ein Kind hineinpassen würde, zerbricht schließlich die Beziehung zu Andie. Als der Kurzfilm in den Wettbewerb des Filmfestivals Max Ophüls Preis eingeladen wird, macht sich das Quartett dennoch gemeinsam auf den Weg nach Saarbrücken. Neben diversen privaten Konflikten gibt es dort auch einige berufliche Herausforderungen zu bewältigen.

Niclas Mehne fängt in seinem Spielfilmdebüt Schlussklappe die besondere Stimmung auf einem deutschen Filmfestival ein – und zeigt, was es bedeutet, dort auf Karrierefortschritte zu hoffen. Beim Networking fallen immer wieder die gleichen Sätze. Hat überhaupt jemand Interesse daran und Lust darauf, den ambitionierten Pitch zu hören? Oder sind alle viel zu busy, gleichgültig, übermüdet? Die Frustration, die in erster Linie Rebecca als Regisseurin und Robert als (alternder) Schauspieler empfinden, wird nachvollziehbar vermittelt. „Seien Sie wieder 20!“, wird dem zunehmend verzweifelten Robert geraten – während Rebecca bei ihren Nonstop-Gesprächen ins Nichts zu reden scheint und später von einem Produzenten, der zunächst interessiert wirkte, einfach versetzt wird.

Der Film nimmt seine Figuren und deren Wünsche ernst, schildert das Ganze aber in Form einer lockeren Komödie. So muss Robert wegen eines organisatorischen Fehlers die Nächte in der Wohnung des ziemlich anstrengenden Kino-Nerds und Kerzenmachers Ingo (Daniel Zillmann) verbringen, der ein ausgeprägtes Faible für „Fun-Facts“ aus der Filmgeschichte hat. Zu den witzigsten Szenen gehört der Moment, in dem das emotionale Chaos innerhalb des Filmteams bei einer Q&A-Runde auf der Bühne leicht außer Kontrolle gerät. Mehne und seine Schauspieler:innen haben ein gutes Gespür für Comedy-Timing. Schlussklappe stürzt Rebecca, Andie, Saskia und Robert ins Durcheinander, setzt dabei jedoch nicht auf überspitzte Gags, sondern auf einen charmanten Humor.

„Alle haben das bekommen, was sie nicht wollten“, stellt Rebecca an einer Stelle niedergeschlagen fest. Die Figuren in diesem Film geben dennoch nicht auf. Ohne ins Pathos zu verfallen, wird allen Menschen Mut gemacht, die in dieser Branche etwas erreichen wollen. Wann die Schlussklappe fällt, um die persönliche Geschichte eines Traums endgültig für beendet zu erklären, bleibt letztlich immer uns selbst überlassen.

Schlussklappe (2022)

Die Regisseurin Rebecca und ihr Team werden mit ihrem Kurzfilm „Julia, I Like“ auf ein Filmfestival nach Saarbrücken eingeladen. Dort angekommen müssen sie sich der ein oder anderen unbequemen Frage stellen. Wer wollen sie sein und wo wollen sie hin im Leben? (Quelle: Sodawasser Pictures)

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