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Familienfeiern an Weihnachten sind Horror. Das ideale Setting also für einen intensiven Genrefilm, der zugleich Medienkritik üben und sich vor seinem großen Vorbild David Cronenberg verneigen möchte. Oder ist das vielleicht zu viel gewollt?

Await Further Instructions (2018)

Eine Filmkritik von Lars Dolkemeyer

Glaub nicht alles, was der Fernseher sagt

Schlimmer als ohnehin schon werden Weihnachtsfeiern wohl nur, wenn alle Beteiligten unvermittelt im Haus eingesperrt sind und eigenartige Dekontaminations-Anweisungen auf dem Fernsehbildschirm leuchten. Für „Await Further Instructions“ bildet dies den Keim einer Medienkritik, einer Auseinandersetzung mit alltäglichem Rassismus, überbordender Männlichkeitsfantasie und den Übeln der Kernfamilie. Was Regisseur Johnny Kevorkian daraus macht, ist jedoch nur stellenweise das packende Kammerspiel, das der Film gerne wäre.

Als Nick (Sam Gittins) mit seiner neuen Freundin Annji (Neerja Naik) das erste Mal zu seinen Eltern (Abigail Cruttenden, Grant Masters) kommt, um sie – ausgerechnet – am Weihnachtsfest vorzustellen, sind bereits 3 Jahre vergangen, seit er das letzte Mal zu Hause war. Noch bevor außergewöhnliche Ereignisse die Familie heimsuchen, schlagen Annji aufgrund ihrer Hautfarbe Misstrauen und Ablehnung der anderen Familienmitglieder entgegen. Als der fiese, verlebte Großvater (David Bradley) in eine rassistische Tirade ausbricht, eskaliert die Lage und Annji und Nick entschließen sich dazu, am nächsten Tag wieder abzureisen. Doch sie müssen feststellen, dass das gesamte Haus von undurchdringlichem Metall umgeben ist, während auf dem Fernseher die Anweisung leuchtet, im Haus zu bleiben und auf weitere Instruktionen zu warten.

Der Film interessiert sich im hier ansetzenden Setting vor allem für 2 Stränge: Welchen Einfluss haben die Medien auf Angst, Misstrauen, Hass? Und welche Rolle kommt dem oft beschworenen kleinen Mann dabei zu? Denn kaum bricht langsam Panik unter den Anwesenden aus, zu denen auch Nicks schwangere Schwester Kate (Holly Weston) und ihr Freund Scott (Kris Saddler) gehören, sieht sein Vater Tony die Gelegenheit gekommen, endlich Autorität als Oberhaupt der Familie zu üben. In seiner Karriere in der Sackgasse gelandet, ein Leben lang unter dem Stiefelabsatz seines eigenen tyrannischen Vaters, kann er nun die Zügel in die Hand nehmen – egal, wer ihm dabei in die Quere kommt.

Diese neu entfachte Aussicht auf Macht und Anerkennung richtet sich dabei vor allem gegen Nicks Freundin Annji, die schnell auch von den anderen Mitgliedern der Familie als potenzieller Keim allen Übels ausgemacht wird. Dass auf dem Fernseher Anweisungen erscheinen, die etwa dazu auffordern, ein anwesendes Familienmitglied aufgrund von Infektion zu isolieren, ohne dieses Familienmitglied namentlich zu erwähnen, trägt naturgemäß nicht gerade zur Entspannung der Lage bei.

Es sind sehr einfache Bausteine, die Await Further Instructions sich für eine durchschaubare Allegorie auf mediale Prozesse der Meinungsbildung zurechtlegt und es ist bedauerlich, dass dem Film über diese Bausteine und ihre allzu offensichtlichen Verweise hinaus nicht viel einzufallen scheint. Stattdessen bricht sich immer mehr das eigentliche inszenatorische Interesse Bahn: So wird bald klar, dass es sich bei den Vorkommnissen nicht etwa um die Quarantänemaßnahmen der Regierung handelt, sondern um Herrschaftsfantasien eines ganz anderen Ursprungs, die eine überdeutliche, aber durchaus gelungene Reverenz an David Cronenberg erweisen.

Ohne allzu viel verraten zu wollen, muss dem Film dabei zugutegehalten werden, dass mit dieser Verschiebung, dem Auftauchen fieser Elektronik-Tentakelwesen und der zunehmenden (auch wörtlichen) Zersetzung der Familie doch noch ein roter Faden entsteht, der tatsächlich packend gewoben wird. Doch kommt all dies leider zu spät – jede Luft ist aus der oberflächlichen und lieblosen Kritik, die der Film nie ganz zu entfalten weiß, bereits gewichen. Selbst die gegen Ende einsetzende und inszenatorisch einigermaßen funktionierende Wendung hält in ihrer Medienreflexion bestenfalls die seltsam unzeitgemäße Ahnung bereit, dass der blinden Verehrung des Fernsehbildes schreckliche Gefahr innewohnen könnte. Mehr Monster, mehr Blut, mehr Schrecken – weniger herbeigezwungene Pseudo-Kritik: ausnahmsweise hätte das den Potenzialen des Films deutlich mehr entlocken können.

Await Further Instructions (2018)

Weihnachten mit der Familie ist per se schon ein Stresstest. Versiegelt nun noch eine mysteriöse schwarze Masse von außen das Haus, bricht unter den Verwandten schnell die Hölle los.

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