El Gringo

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Western-Klischees und ein bisschen was von Robert Rodríguez

Das Szenario ist bekannt: Ein Fremder kommt in die Stadt und wird von allen gemieden. Mehr noch, er ist der überall spürbaren Feindseligkeit ausgesetzt. Aber wieder raus aus der Stadt – das geht auch nicht. Alle Welt scheint sich gegen ihn verschworen zu haben – und dabei ist die Welt nur diese Kleinstadt zwischen den USA und Mexiko – von einem Mafioso regiert, von einer mächtigen Gier beseelt. Denn vor allem versuchen alle, den Mann mit der Sporttasche oder auch nur seine Sporttasche in die Hände zu kriegen.
Der Fremde ist „El Gringo“ (Scott Adkins) oder – wie man hierzulande sagen würde – „der Ami“. Und dieser bleibt namenlos. Er ist jedoch, so stellt sich allmählich heraus, der Cop mit hehren Zielen, mit Idealismus und mit dem Glauben an das Gute. Und letztendlich ist er natürlich auch gut, auch wenn er eine Handvoll der Bösen niederschießt, ohne mit der Wimper zu zucken. Die Schwachen aber – wie „La Flaca“ (Sofía Sisniega; dt. „die Dünne“) – versucht er, von seiner Sache zu überzeugen, und die Welt vom Konzept der Gerechtigkeit.

Bei einem Showdown mit einer Gruppe von Drogenbossen konnte er überleben und in einem Auto fliehen. Einen der Drogengangster, Tortuga (Petar Bachvarov), hat er im Kofferraum in der Wüste seinem Schicksal überlassen und sich mit dem schon erwähnten Sportbeutel und zwei Millionen US-Dollar auf über die Grenze nach Mexiko gemacht – in besagte Stadt, die auch noch „El Fronteras“ heißt („la frontera“ ist im Deutschen „die Grenze“). Dort kämpft er seinen Kampf weiter und versucht vor allem eins: zu überleben, seine Tasche nicht aus den Augen zu verlieren und irgendwo Wasser aufzutreiben.

Die Ächtung des Amis wird sehr schön am Beispiel Wasser deutlich: Es bleibt ihm versagt, irgendwo in dieser Stadt auch nur einen Tropfen Wasser herzubekommen. Ähnlich überzogen sind auch andere Aspekte im Film, die El Gringo recht unterhaltsam gestalten, allen voran die Figurentypen, die das Inventar des Films bilden. Sie müssen nicht viel tun, sondern bestätigen in wenigen Handlungen ihre sprechenden Namen. Wenn der Ami von seinem Ziel Acapulco spricht, läuft wohl in seinem Kopf, zumindest aber auf der Leinwand, eine Serie von Bildern ab, wie sie kitschiger und klischeehafter nicht sein könnten.

Der Film von Eduardo Rodríguez spielt insgesamt mit den Klischees des Western, greift auf sein Inventar und seine narrative Struktur zurück und lässt sich durch seine Verortung im aktuellen Amerika als zeitgenössischen Western beschreiben – mit originellen und witzigen Einfällen, die alle diejenigen begeistern dürften, die Robert Rodriguez mögen und verehren. Und doch bleibt El Gringo nicht nur beim Genre Western, sondern erfährt im letzten Drittel die Wendung hin zum Thriller, in dem der Konflikt nicht in der Stadt und auf eine kleine Gruppe beschränkt bleibt, sondern umfassendere Züge annimmt. Dies tut er, wenn Lieutenant West (Christian Slater) ins Geschehen tritt. Und natürlich verliebt sich der Ami auch noch – in Anna (Yvette Yates), die schöne Dame hinter der Theke des Saloons von El Fronteras.

El Gringo geht es aber weniger darum, eine spannende oder intelligente Geschichte zu erzählen, als vielmehr um ihre Gestaltung: Farbfilter, Special Effects, Zwischentitel. Gerade deshalb ist der Film bestimmt auch sehenswert für Western-Freunde und alle, die Freude am Spiel mit Formen haben. Man darf El Gringo – oder zumindest seine Geschichte – nicht allzu ernst nehmen, dann macht sie am meisten Spaß.

El Gringo

Das Szenario ist bekannt: Ein Fremder kommt in die Stadt und wird von allen gemieden. Mehr noch, er ist der überall spürbaren Feindseligkeit ausgesetzt. Aber wieder raus aus der Stadt – das geht auch nicht. Alle Welt scheint sich gegen ihn verschworen zu haben – und dabei ist die Welt nur diese Kleinstadt zwischen den USA und Mexiko – von einem Mafioso regiert, von einer mächtigen Gier beseelt.
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