Lapislazuli – Im Auge des Bären

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Besuch aus der Vergangenheit

Wolfgang Murnberger steht bislang nicht gerade für Kinder kompatible Unterhaltung, vor allem, wenn man seine beiden kongenialen, aber reichlich makaber-grantigen Verfilmungen von Wolf Haas Komm, süßer Tod (2001) und Silentium als Referenzpunkte heranzieht. Das scheint vor allem auch Murnberger selbst gestört zu haben, wie der Regisseur im Presseheft zu seinem Film freimütig bekennt: Immer wieder hatten seine Kinder sich darüber beklagt, dass sie die Werke ihres Vater nicht sehen dürften, dabei hat Murnberger durchaus Erfahrungen mit dem Genre des Familienfilms. Als Murnberger von seinen Produzenten das Skript zu Lapislazuli in die Hand gedrückt und es auch seiner Frau zu lesen gab, stand schnell fest, dass zukünftig auch Murnbergers Kinder endlich einmal einen Film ihres Vaters zu Gesicht bekommen würden.
Als in den Österreichischen Alpen ein glühender Meteorit in einen Alpengletscher einschlägt, setzt die Energie einen im Gletschereis eingefrorenen Neandertaler-Jungen frei, taut ihn auf und erweckt den prähistorischen Burschen zu neuem Leben. Sophia, ein Mädchen aus Hamburg, das in Tirol mit ihrer Familie Urlaub macht, stößt just auf den merkwürdig aussehenden Fremdling (Clarence John Ryan) und freundet sich mit dem Ureinwohner der Berge namens Bataa an. Doch längst haben Wissenschaftler die Spur des seltsamen Jungen aus der Urzeit aufgenommen, jagen ihn wie ein wildes Tier und sperren ihn schließlich ein. Sophia verhilft Bataa zur Flucht und setzt alles daran, dem Jungen wieder zur Rückkehr in seine eigene Zeit zu verhelfen, und das obwohl sich beim Anblick des kleinen Neandertalers durchaus Schmetterlinge im Bauch einstellen. Doch dann wird Bataa krank und die Zeit drängt, etwas zu unternehmen, denn der Junge ist nicht auf das moderne Leben eingestellt…

Pünktlich zum 150. Jahrestag der Entdeckung von Überresten eines Neandertalers im Jahr 1856 in der Nähe von Düsseldorf wird der zottelige Urbewohner in Lapislazuli – Im Auge des Bären gekonnt und charmant wieder zum Leben erweckt. Ganz nebenbei schafft der Film es auf sehr anschauliche Weise, von typischen Problemen Heranwachsender zu erzählen – von dem mangelnden Verständnis Erwachsener mit der besonderen Situation der Pubertierenden über die Schwierigkeiten mit den Mitgliedern einer Patchwork-Familie bis hin zum einsetzenden Bewusstsein über Faktoren wie Tod und Vergänglichkeit. Das alles wirkt zwar durchaus kompakt und ansprechend präsentiert, drängt aber niemals in den Vordergrund der Geschichte, sondern gibt dem Film eine beiläufige Tiefe, die dem Stoff sichtbar wohl tut und ihn niemals ins Banale gleiten lässt.

Lapislazuli – Im Auge des Bären

Wolfgang Murnberger steht bislang nicht gerade für Kinder kompatible Unterhaltung, vor allem, wenn man seine kongenialen, aber reichlich makaber-grantigen Verfilmungen von Wolf Haas Komm, süßer Tod (2001) und Silentium als Referenzpunkte heranzieht.
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Meinungen

Andrula · 05.11.2006

Traurig schön und eine Lektion in Sachen Liebe! Auch für Erwachsene sehr zu empfehlen.