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Bei einem Flugzeugabsturz ist Stephanies gesamte Familie ums Leben gekommen. Seitdem hat auch sie jeglichen Halt verloren und driftet als drogenabhängige Prostituierte durch London. Bis eines Tages ein Mann auftaucht und behauptet, das Unglück sei ein Anschlag gewesen. Und das verändert alles.

The Rhythm Section (2019)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Eine Frau sieht rot

Es ist ein Zufall, dass sie überlebte, denn eigentlich sollte Stephanie Patrick (Blake Lively) mit ihrer Familie in der Maschine sitzen, die vor drei Jahren über dem Ozean abstürzte. Und nur ein Streit — ausgerechnet — war es, der dazu führen sollte, dass sie sich anders entschied. Das ist auch der Grund dafür, dass sie sich seitdem mit Schuldgefühlen herumplagt und völlig den Boden unter den Füßen verloren hat. Drogenabhängig fristet sie ihr Dasein als Prostituierte, bis eines Tages ein Kunde vor ihr steht, der sich als Journalist (Raza Jaffrey) zu erkennen gibt, der mehr über das Flugzeugunglück und dessen Hintergründe weiß. Denn, so weiß er, der Absturz war kein Zufall, sondern vielmehr der Terroranschlag einer islamistischen Terrorzelle, die auf diese Weise einen Feind liquidieren wollte. Alle weiteren Todesopfer waren lediglich Kollateralschäden.

Schockiert von der Enthüllung rüttelt dies Stephanie aus ihrer Lethargie. Als sie dann ihren Informanten tot in seiner Wohnung entdeckt und Hinweise auf den früheren MI6-Agenten Ian Boyd (Jude Law) findet, der in Schottland lebt und mehr über den Fall weiß, macht sie sich auf den Weg dorthin. Und irgendwie schafft sie es, ihn zu überreden, sie unter seine Fittiche zu nehmen und sie zu einer Killerin auszubilden. Denn nur so meint sie den Frieden finden zu können, den sie durch den Verlust ihrer gesamten Familie verloren hat. Doch die Fronten im Krieg gegen den Terror sind unübersichtlich, wer hier Freund ist und wer Feind, ist kaum auszumachen.

Nein, mit der titelgebenden Rhythmusgruppe hat Reed Moranos Film herzlich wenig zu tun und anders, als man zunächst vermuten könnte, handelt es sich dabei auch nicht um eine Musikdoku, sondern um einen Thriller, der auf den ersten Blick Erinnerungen an Luc Bessons Killerinnen-Mär Nikita erweckt. Hier wie dort wird eine junge Frau zu einer tödlichen Waffe ausgebildet. Und weil es beim Handwerk des Tötens vor allem auch um Selbstbeherrschung geht, bezeichnet ihr Mentor an einer Stelle Herz und Atmung als Rhythmusgruppe des Körpers — also an die Steuerungseinheiten, die den Takt vorgeben. Und der muss beim wohlüberlegten Töten eines anderen Menschen durch einen Schuss ruhig und gleichmäßig sein und darf nicht ungestüm nach vorne preschen.

So ist es kein Wunder, dass sich The Rhythm Section gemäß dieses Prinzips ruhig und unterkühlt und manchmal mit fast aufreizender Langsamkeit und Bedächtigkeit entfaltet. Anders als Luc Bessons Film, der viel mehr auf Action und Körperlichkeit fokussiert.

Allerdings krankt der Film an zahlreichen Ungereimtheiten, die einige der Wendungen ziemlich unwahrscheinlich und vor allem unglaubwürdig erscheinen lassen. Das mag unter anderem daran liegen, dass Blake Lively zwar eine sehenswerte darstellerische Leistung hinlegt, all ihre männlichen Gegenparts aber überwiegend blass und austauschbar agieren, so dass es ihr im Gegensatz zu den Behauptungen des Drehbuchs an wirklicher Konkurrenz fehlt. Zudem versäumt es der Film mehr als nur einmal, zentrale Szenen, in denen Stephanies Zerrissenheit zwischen Trauer, Rache, Schuldgefühlen und der Suche nach ihrem inneren Seelenfrieden, so auszuarbeiten, dass dieser Konflikt wirklich greifbar wird.

Und so bleibt The Rhythm Section unterm Strich vor allem durch Blake Livelys sehenswerte darstellerische Leistung und einige gekonnte Actionsequenzen sowie durch sehenswerte Settings und eine überwiegend gelungene Kameraarbeit in Erinnerung und weniger durch erzählerische Raffinesse.

Eigentlich war trotz eines eher miserablen Einspiels in den USA auch ein deutscher Kinostart für The Rhythm Section vorgesehen, doch die CoVid-19-Pandemie beerdigte die Hoffnungen auf die große Leinwand, so dass der Film nun direkt auf DVD erscheint. Und seien wir ehrlich: Dort ist der Film auch genau richtig aufgehoben.

The Rhythm Section (2019)

Nachdem eine Frau bei einem Flugzeugabsturz ihre gesamte Familie verlor, nimmt sie auf ihrem Rachefeldzug gegen die für das Unglück Verantwortlichen verschiedene Identitäten an.

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