My Entire High School Sinking into the Sea (2016)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Kampf gegen alle Unbill des Lebens

Die Kombination von Coming of Age und apokalyptischen Zuständen sowie die daraus resultierende, in die Fantastik übersteigerte Bewährungsprobe junger Menschen sind gängige Motive der Teenagerfiktion. Auch der nach dem Macher Dash Shaw benannte Protagonist aus My Entire High School Sinking Into the Sea muss über sich selbst hinauswachsen, als plötzlich das titelgebende Unglück geschieht.

Dash und sein Kumpel Assaf sind Außenseiter an ihrer Schule; mit der Chefredakteurin Verti bringen sie eine Zeitung heraus, die allerdings kaum das Interesse ihres Umfeldes weckt. Als Dash zufällig herausbekommt, dass die neue Aula nicht die Sicherheitsanforderungen erfüllt, glaubt ihm niemand. Doch schon kurze Zeit später stürzt das auf einer Klippe errichtete Schulgebäude ins Meer. Dash, Assaf und Verti versuchen zusammen mit der politisch engagierten Mary sowie mit der über erstaunliche Ninja-Fähigkeiten verfügenden Lunch Lady Lorraine, der Gefahr zu entkommen – und werden dabei unter anderem mit Feuer, Haien, Quallen und fiesen Mitschüler_innen konfrontiert.

Der kalifornische Graphic-Novel-Künstler Dash Shaw nennt Limited-Animation-Werke wie zum Beispiel die Anime-Serien Astro Boy und Sailor Moon oder den Weihnachtsklassiker A Charlie Brown Christmas (1965) als Impulse für My Entire High School Sinking Into the Sea. Auf inhaltlicher Ebene haben diese Produktionen die existenziellen Krisen ihrer kleinen beziehungsweise minderjährigen Figuren und deren Kampf gegen alle Unbill des Lebens gemein. Der Film entwirft zunächst einen typischen Schul-Kosmos, bevölkert von einer stereotypen Dramatis Personae: Freaks und Geeks, Jocks und Cheerleading-Zicken, Slacker und Überambitionierte kollidieren hier in den Räumen der Bildungsstätte. Im Laufe der Handlung, wenn die Katastrophe im Stil von Die Höllenfahrt der Poseidon (1972) beginnt, wird jedoch auch lustvoll mit vielen dieser Klischees gebrochen. Mit schwarzem, zum Teil ziemlich bösem Humor befasst sich Shaw mit dem High-School-Kastenwesen; der karnevaleske Score von Rani Sharone lädt die Ereignisse zusätzlich mit Irrwitz auf. In ästhetischer Hinsicht setzt das Werk wie dessen Vorbilder auf Reduktion, was in Zeiten von seelenlosen 3D-Animationsspektakeln eine überaus willkommene Abwechslung ist. Das skizzenhaft und in satten Farben eingefangene Geschehen, welches als circa 10-seitige Short Story in Comic-Form seinen Anfang nahm, ist im positivsten Sinne altmodisch und ein Beweis für die Stärke minimalistischer Gestaltung.

Für die Synchronarbeit konnte Shaw eine Garde von verdammt coolen Leuten aus der US-Indie-Szene gewinnen, die ihre Sache alle miteinander gewohnt gut machen. So verleiht etwa Wes-Anderson-Regular Jason Schwartzman dem zentralen adoleszenten Helden seine Stimme, während Girls-Erfinderin und -Hauptdarstellerin Lena Dunham als Mary zu hören ist. Eine schöne Idee ist es, den umschwärmten Schul-Athleten Brent von dem queeren Filmemacher John Cameron Mitchell (Shortbus) sprechen zu lassen; unzweifelhafter Glanzpunkt bleibt indes die wunderbare Susan Sarandon, die die Dialogzeilen ihrer Lunch Lady herrlich mürrisch zum Besten gibt. Diese stimmliche Besetzung trägt dazu bei, My Entire High School Sinking Into the Sea zu einem sympathisch-verschrobenen, kreativen Abenteuer werden zu lassen.

My Entire High School Sinking into the Sea (2016)

Die Kombination von Coming of Age und apokalyptischen Zuständen sowie die daraus resultierende, in die Fantastik übersteigerte Bewährungsprobe junger Menschen sind gängige Motive der Teenagerfiktion. Auch der nach dem Macher Dash Shaw benannte Protagonist aus „My Entire High School Sinking Into the Sea“ muss über sich selbst hinauswachsen, als plötzlich das titelgebende Unglück geschieht.

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