Maniac - Das Original

Eine Filmkritik von Martin Beck

New York, ganz unten.

Meine Güte, Maniac. Einer der berüchtigsten Splatterfilme überhaupt, für jeden Bluthund ein absolutes Muss und immer noch eines der prominentesten Opfer von Paragraph 131. Maniac ist der miese Schulhofschläger, die unbeleuchtete U-Bahnstation und überhaupt der Boogeyman. Nur ein Blick auf das nach wie vor spektakuläre Postermotiv und man steht wieder vor dem verbotenen Kino, mit dem verbotenen Film, und weiß, dass einen dieser Kinosaal in ungeahnt dunkle Abgründe führen wird.
Das wirklich Großartige an Maniac ist seine faszinierende Hauptfigur, Frank Zito, der das absolut Böse personifiziert und dabei ungeahnte Facetten offenbart. Ganz ähnlich Regan, die in Der Exorzist immer wieder lichte, geradezu mitleidige Momente einstreut, ist auch Frank sowohl ein gewissenloser Massenmörder als auch ein kleines Häufchen Elend, ein abstoßender Psychopath und schizophrener Außenseiter. Er lebt allein in seiner New Yorker Wohnung und führt Gespräche mit Schaufensterpuppen. Abends dann zieht er los und mordet. Vorzugsweise Frauen. Um ihnen danach die Kopfhaut abzuziehen.

Frank Zito ist eine gequälte, getriebene Person, die bis zum Ende des Films im Zentrum des Geschehens bleibt. Regisseur William Lustig löst sich von gängigen Slasherstrukturen und bietet weder einen Protagonisten noch eine Katharsis. Wir müssen wohl oder übel mit Frank Zito vorliebnehmen und begleiten ihn durch sein chaotisches Leben, gleichsam kaum filmisch strukturiert, sondern eher an eine lose Collage erinnernd. Nicht von ungefähr kommt die Verbindung zu Taxi Driver, denn hier wie dort geht es um einen Ausgestoßenen, Dunkelheit, Dreck, Gewalt. Eine Abwärtsspirale in die Hinterhof-Gossen New Yorks, ein zerüttetes Gesellschaftsbild, das in seiner kalten, zynischen Art kaum intensiver hätte ausfallen können.

Und dann ist da ja auch noch Joe Spinell, der Hauptdarsteller von Maniac, der ebenfalls in Taxi Driver auftaucht, und in Frank Zito die Rolle seines Lebens gefunden hat. Spinell atmet New York durch jede grobe Pore seiner schmierigen Anti-Erscheinung und agiert so beklemmend, so glaubwürdig, dass man den beschworenen dunklen Abgründen tatsächlich ungemütlich nahe kommt. Maniac bleibt bis heute ein ungewöhnlicher und absolut sehenswerter Horrorfilm (?), weil er keinerlei Kompromisse duldet und eben viel mehr kann als viehische Splatterszenen.

Man nehme nur einmal die hervorragend inszenierte Verfolgungsjagd durch eine verlassene U-Bahnstation, bei der sich die Panik des (natürlich weiblichen) Opfers kontinuierlich steigert. Jay Chattaways eisiger Synthiescore treibt die zunehmend hektischer werdenden Schnitte voran, bis schließlich vermeintliche Ruhe eintritt… und dann absolut gnadenlos abgestochen wird. Die Effekte von Tom Savini (der übrigens auch selbst spektakulär abtreten darf) plus Joe Spinell plus William Lustig ergeben eine aufwühlende Mischung, die sich bis zum bizarren Schluss keine Abkürzungen erlaubt.

Dass Maniac bis heute in Deutschland beschlagnahmt ist, darf genau dieser bedrückenden, unbequemen Stimmung zugeschrieben werden, die in Verbindung mit expliziter Misogynie (alleine die Bettszene mit Caroline Munros Zimmergenossin – puh!) und den sehr realistisch wirkenden Blutszenen dem damaligen Verleih keine Chance ließ – und die frisch erschienene Blu-Ray von Ascot Elite leider zum Opfer vielfältiger Schnitte macht. Was insofern ziemlich schlecht ist, als der Film nur in seiner Verbindung aus Psychogramm und Splatter funktionieren kann.

Abhilfe schaffen hier zum einen die codefreie US-Blu-Ray von Blue Underground (dem Label von William Lustig), die sogar deutschen Ton erklingen lässt, und zum anderen die österreichische Ausgabe der deutschen Version, die naturgemäß ungekürzt daherkommt… und dabei aber, wie alle anderen Fassungen auch, mit einer eher mäßigen Bild- und Tonqualität zu kämpfen hat. Was natürlich grundsätzlich nicht toll ist, aber gerade hier die sleazige Natur des Films sogar komplementieren kann.

Maniac ist einer von den Filmen, vor denen uns unsere Eltern immer gewarnt haben. Was hier als ausdrückliche Empfehlung gemeint ist – inklusive übrigens einem Double Feature mit dem ebenfalls gelungenen Remake. Das durch die Ungnade der späten Geburt allerdings nicht ansatzweise so durchschlagen kann wie William Lustigs immer noch aufwühlendes und bahnbrechendes Original.

Maniac - Das Original

Meine Güte, „Maniac“. Einer der berüchtigsten Splatterfilme überhaupt, für jeden Bluthund ein absolutes Muss und immer noch eines der prominentesten Opfer von Paragraph 131. „Maniac“ ist der miese Schulhofschläger, die unbeleuchtete U-Bahnstation und überhaupt der Boogeyman.
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