Shame the Devil

Eine Filmkritik von Stefan Dabrock

Die Allmacht des Psychopathen

Es ist nicht ungewöhnlich, wenn sich ein Mörder bei seinen Taten an Allmachtsfantasien ergötzt, schließlich entscheidet er in diesem Moment über Leben und Tod. Aber das ist noch lange kein Grund, den Täter tatsächlich allmächtig erscheinen zu lassen.
Der Londoner Polizist James (Simon Phillips) ermittelt in einem perfiden Mordfall, bei dem ein Mann mit einer Schrotflinte getötet wurde. Die Schusswaffe war so mit einem Lügendetektor verbunden, dass sie durch die erste unwahre Aussage losging. Die grausame Tat ist aber nur der Auftakt zu einer Mordserie, in die James verwickelt wird. Bei den nächsten beiden Opfern befindet er sich am Ort des Geschehens, als sie ins Gras beißen. Er wird suspendiert und muss nun gegen die aufkeimenden Verdächtigungen kämpfen. Deswegen lässt er seine schwangere Frau (Lucy Clements) für ein paar Tage allein, um zu einer alten Flamme (Juliette Bennett) nach New York zu fliegen, die zufällig eine kriminologische Expertin in Sachen Psychopathen ist. Gemeinsam mit ihr will er dem Täter auf die Spur kommen, aber der mordet nun auch in New York.

Shame the Devil ist ein ganz gewöhnlicher Thriller, in dem ein Polizist einem Abgrund immer näher kommt, bis er in den großen, schwarzen Schlund hineinzufallen droht. Diese völlig ausreichende Geschichte kann man so inszenieren, dass das Publikum um das Leben der Beteiligten bangt, bei ihren Aktionen mitfiebert und schließlich erlöst oder auch nicht erlöst wird, je nachdem ob es gut oder schlecht ausgeht. Paul Tanter war das angesichts fehlender Stars nicht genug – Ex-Pinhead-Darsteller Doug Bradley ist eben zu wenig. Um das gewisse Etwas zu erzielen, braucht er nicht nur einen perfiden Killer, der seine Opfer dazu bringt zu lügen, der Täter soll auch möglichst geheimnisvoll sein. Mit verzerrter Stimme spricht der Mörder über Lautsprecher oder per Telefon zu seinen Opfern und verhört sie, bevor das Unvermeidliche kommt. Niemand ist zu sehen und die Dinge, die er vollführt, sind bemerkenswert. So gelingt es ihm beispielsweise, einen Herzschrittmacher beliebig fernzusteuern. 2012 wurde zwar gemeldet, dass ein Hacker über eine Sicherheitslücke in der Software eines Herzschrittmachers per Funk einen tödlichen Stromstoß auslösen könnte, aber Tanter liefert solche Informationen nicht. Der Mörder wirkt deswegen wie ein geheimnisvoller, allmächtiger Täter, der spurlos auftaucht und verschwindet. Er kommt daher wie ein Strafgericht.

Umso trauriger wird es, wenn sich schließlich herauskristallisiert, dass der ganze mythologische Budenzauber ins Nichts läuft. Die Stilisierung des allmächtigen Täters bricht völlig in sich zusammen, als alles auf einen Psychopathen hinausläuft. Auch das ganze Spiel mit Wahrheit und Lüge ist nur ein Gimmick, um die Handlung interessanter erscheinen zu lassen, als sie ist. Tanter versucht mithilfe solcher Mätzchen zu verdecken, dass es ihm nicht gelingt, nennenswerte Sympathien für die Hauptfigur zu wecken. Das Schicksal des Polizisten lässt weitgehend kalt. Auch das Mordmotiv wirkt völlig schal. Tanter scheitert an der soliden Inszenierung einer einfachen Geschichte und flüchtet sich in ein paar drollige Ideen ohne Substanz. Wer die Langeweile sucht, wird bei Shame the Devil hervorragend bedient.

Shame the Devil

Es ist nicht ungewöhnlich, wenn sich ein Mörder bei seinen Taten an Allmachtsfantasien ergötzt, schließlich entscheidet er in diesem Moment über Leben und Tod. Aber das ist noch lange kein Grund, den Täter tatsächlich allmächtig erscheinen zu lassen.
  • Trailer
  • Bilder

Meinungen