Imaginaerum

Eine Filmkritik von Peter Osteried

Ein Film wie ein Konzeptalbum

Capelight hat ein glückliches Händchen, wenn es darum geht, ungewöhnliche Filme nach Deutschland zu holen. Mit Imaginaerium by Nightwish verhält es sich nicht anders, wird hier doch ein Film vorgelegt, der in einem Rausch aus Bildern und Tönen auch eine zu Herzen gehende Geschichte zu erzählen hat.
Der alte Tom leidet an Demenz. Der ehemalige Komponist vegetiert nur noch in einem Pflegeheim, ohne Hoffnung auf Besserung. Alles, was ihm noch geblieben ist, sind die Erinnerungen an seine Kindheit. Während er immer tiefer in ein Koma verfällt, wird er wieder zum Kind und reist durch eine phantastische Welt, in der er von einem garstigen Schneemann gejagt wird. Seine Tochter Gem, die vom Vater entfremdet ist, hat sich um seine Belange gekümmert, kennt ihren Vater aber eigentlich nicht. Aber nun ist der Moment gekommen, ihn endlich kennenzulernen.

Wie Love von Angels & Airwaves ist auch Imaginaerum von der finnischen Band Nightwish ein Gestalt gewordenes Konzeptalbum. Und wie bei dem Science-Fiction-Film von William Eubank ist auch diese finnisch-kanadische Ko-Produktion ein alle Sinne bedienender Film, der den Schauwerten zum Trotz vor allem emotionalen Widerhall bietet.

Dies ist eine Geschichte über das Leben und das Sterben. Anfangs ist man unsicher, was der Film auszusagen versucht, doch mit jeder verstreichenden Minute wird klarer, worum es letzten Endes geht: um die Aussöhnung einer Tochter mit ihrem Vater, über ein Verständnis beider, das in früheren Jahren einfach nicht gegeben war. Was der Stoff eines einfach gestrickten Dramas sein könnte, wird in den Händen der Band zu einem surreal-düsteren Traum.

Die Band erliegt nicht der Versuchung, aus dem Film ein abendfüllendes Musikvideo zu machen. Die einzelnen Mitglieder treten zwar auf und es gibt auch Sequenzen, die an eine Bühnenshow erinnern, aber selbst diese haben eine gefühlsbetonte Kraft, die über die rein audiovisuelle Wirkung hinausgeht. Es ist nicht reine Ratio, die beim Publikum gefordert wird. Imaginaerum ist ein Film zum Sehen und Fühlen, zum Hören und Staunen, zum Spüren und Erleben. Der Film spielt mit Metaphern, die nicht zu schwer zu entziffern sind, aber ihn so gestalten, dass er eine Bereitschaft des Zuschauers einfordert, sich nicht nur auf ihn einzulassen, sondern sich auch an einer Interpretation zu versuchen. Der Film ist keine einfache Erzählung, sondern ein von Symbolismus getragener Exkurs über das Leben und das Sterben.

Die Veröffentlichung von Capelight ist – wie immer – exzellent. Bild und Ton sind atemberaubend. Speziell die wunderschöne, mitunter traurige, oftmals aber erhebende Musik von Nightwish lässt die Boxen richtiggehend erbeben. An Bonusmaterial gibt es ein schönes Musikvideo, eine Bildergalerie, den Trailer und ein 44-minütiges Making-of, das mit Untertiteln versehen ist und aufzeigt, wie lange und wie schwierig die Produktion dieses Films war, sahen sich Nightwish doch einer Herausforderung gegenüber, wie sie sie nie zuvor erlebt hatten. Im Grunde gilt dies auch für den Film und seine Wirkung auf den Zuschauer. Vergleiche hinken immer, aber wenn man Love oder MirrorMask liebte, wird man auch Imaginaerum zu schätzen wissen.

Imaginaerum

Capelight hat ein glückliches Händchen, wenn es darum geht, ungewöhnliche Filme nach Deutschland zu holen. Mit „Imaginaerium by Nightwish“ verhält es sich nicht anders, wird hier doch ein Film vorgelegt, der in einem Rausch aus Bildern und Tönen auch eine zu Herzen gehende Geschichte zu erzählen hat.
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