Houdini (Serie)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

"What the eyes see, the mind believes"

Bereits der Einstieg ist spektakulär: Ein in Ketten gelegter Mann stürzt sich vor den Augen zahlloser Menschen von einer Brücke, um in ein kleines Loch im gefrorenen Fluss zu springen. Dazu ertönen elektronische Klänge – und per Voice-over wird von der Flucht vor dem gewöhnlichen Leben und der Langeweile erzählt. Letztere muss in den folgenden knapp drei Stunden nicht befürchtet werden: Die zweiteilige Mini-Serie Houdini schildert das Leben des Entfesselungs- und Zauberkünstlers Harry Houdini (1874-1926) in kinotauglichen Bildern, hohem Tempo und mit einem wunderbaren Schauspiel-Trio im Zentrum.

Der spätere „Große Houdini“ (verkörpert von Adrien Brody) wird als Erik Weisz in Budapest als Sohn eines strengen Rabbiners geboren. Seine Eltern wandern in die USA aus, wo er in ärmlichen Verhältnissen aufwächst. Früh beginnt er, sich für Zaubertricks zu interessieren – und so erfindet er sich als Harry Houdini neu. Zunächst tritt er mit seinem Bruder (Tom Benedict Knight) als Duo auf – bis er die Performerin Bess (Kristen Connolly) kennenlernt, die sowohl auf als auch abseits der Bühne zu seiner Partnerin wird. Als ergebener Chefassistent stößt bald noch der Tüftler Jim Collins (Evan Jones) zu dem Paar hinzu. Neben seiner künstlerischen Tätigkeit arbeitet Houdini für die US-amerikanische und britische Regierung als Spion in Russland und Deutschland – und verschreibt sich dem Kampf gegen Scharlatane auf dem Gebiet des Spiritismus.

Die Mini-Serie – inszeniert von Uli Edel (Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo, Der Baader Meinhof Komplex) – stützt sich auf das umstrittene Buch Houdini: A Mind in Chains (1976) von Bernard C. Meyer, welches sich (dem Untertitel nach) als Psychoanalytic Portrait des Magiers versteht. In puncto Psychologie bleibt die TV-Adaption jedoch eher vordergründig; das Drehbuch und die Regie setzen in erster Linie auf Spannung und Dramatik – wofür das Leben Houdinis zweifellos reichlich Stoff bietet. Immer wieder fordert Houdini „den Tod“ heraus, um ihn vor einer jubelnden Menschenmenge zu besiegen: So begibt er sich etwa kopfüber und gefesselt in die „Chinesische Wasserfolterzelle“ oder lässt sich in einer Zwangsjacke in schwindelerregender Höhe aufhängen.

Bei einigen Tricks, mit denen der Show-Star sein Publikum verblüfft, berauscht und beglückt, gewährt Edel einen Blick hinter die Kulissen – beispielsweise beim „Gang“ durch eine massive Ziegelsteinmauer oder der Nummer, bei der Houdini eine abgefeuerte Kugel mit seinen Zähnen fängt und so Kaiser Wilhelm II. in Staunen versetzt (was allerdings, wie vieles andere in dieser Erzählung, wohl nicht den Tatsachen entspricht). Dennoch ist dieses Werk keineswegs eine Entzauberung der Houdini-Persona beziehungsweise des Magier-Metiers: Die Mini-Serie zelebriert in hochtourigem Stil die Kunst ihres Protagonisten – und weiß für sich einzunehmen.

Dies liegt wiederum auch darin begründet, dass der „Große Houdini“ hier ebenso als Privatperson sichtbar wird. Die Beziehung zu seiner Frau wird in vielen Facetten gezeigt: Mal necken sich die beiden in schönster Screwball-Comedy-Manier, mal tragen sie ernsthafte Konflikte aus. Brody und Connolly entwickeln eine stimmige Chemie – weshalb man ihnen das Paar, das mehr als 30 Jahre miteinander verbringt, in jedem Moment glaubt. Somit ist Houdini einerseits ein optisch reizvolles Fernsehstück über den Mann, der sich aus Gefängniszellen, Tanks und vielem mehr befreien kann sowie Elefantendamen verschwinden lässt und sich in Fesseln vor Kanonen stellt – und andererseits eine sympathische, höchst ungewöhnliche Ehegeschichte.
 

Houdini (Serie)

Bereits der Einstieg ist spektakulär: Ein in Ketten gelegter Mann stürzt sich vor den Augen zahlloser Menschen von einer Brücke, um in ein kleines Loch im gefrorenen Fluss zu springen. Dazu ertönen elektronische Klänge – und per Voice-over wird von der Flucht vor dem gewöhnlichen Leben und der Langeweile erzählt.

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