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27 Jahre nachdem der „Klub der Verlierer“ ein zumeist in der Gestalt des Clowns Pennywise auftretendes Monster bezwungen zu haben glaubt, wird die Kleinstadt Derry erneut von schrecklichen Morden heimgesucht. Kann auch der zweite Teil nach Stephen Kings Horrorklassiker „Es“ überzeugen?

Es: Kapitel 2 (2019)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Schrecken ohne Ende

Mit ungeahnter Wucht schlug 2017 Andrés Muschiettis Romanadaption ES an den Kinokassen ein und avancierte schlussendlich zum umsatzstärksten Horrorfilm aller Zeiten. Die Qualität der von vielen Kritikern recht wohlwollend besprochenen Stephen-King-Interpretation besteht vor allem darin, die Fallstricke des Heranwachsens auf eindringliche Weise mit klassischen Gruselelementen zu verbinden. Nicht alle Entscheidungen fallen restlos zufriedenstellend aus. Dank eines perfekt harmonierenden Jungdarsteller-Ensembles, das den emotionalen Kern der Schauermär mitreißend zu transportieren weiß, stechen kleine Schwächen allerdings erst auf den zweiten oder dritten Blick ins Auge.

Die ebenfalls von Mama-Schöpfer Muschietti inszenierte Fortsetzung ES: Kapitel 2 hat einmal mehr eine hübsch-morbide Ausstattung, feine Bildern und über dem Genredurchschnitt liegende Schauspielleistungen zu bieten. Stimmungstechnisch zieht der Film, verglichen mit dem ersten Teil, aber eindeutig den Kürzeren, da die Macher dem schon im Vorgänger gelegentlich bemühten plakativen Geisterbahnhorror nun noch mehr Raum geben. Menschliche Schicksale und persönliche Traumata geraten dadurch zwangsläufig immer wieder in den Hintergrund.

ES endete damit, dass die Freunde Bill Denbrough (Jaeden Martell), Beverly Marsh (Sophia Lillis), Richie Tozier (Finn Wolfhard), Mike Hanlon (Chosen Jacobs), Ben Hanscom (Jeremy Ray Taylor), Eddie Kaspbrak (Jack Dylan Grazer) und Stanley Uris (Wyatt Oleff) – allesamt Außenseiter – die mörderische Kreatur namens Es besiegen konnten, die die Kleinstadt Derry bevorzugt in Gestalt des Clowns Pennywise (Bill Skarsgård) terrorisierte. Sollte das Morden eines Tages von neuem beginnen, würden sie sich zusammenfinden, um dem bösen Wesen abermals entgegenzutreten, so legten es die Mitglieder des „Klubs der Verlierer“ mit einem Blutschwur fest.

27 Jahre nach den damaligen Ereignissen ist die Gang von früher in alle Winde zerstreut. Einzig Mike (als Erwachsener: Isaiah Mustafa) hat die Grenzen Derrys nicht verlassen und einige Informationen über das Wirken des vermeintlich bezwungenen Monsters gesammelt. Als es in dem Ort wieder zu grauenvollen Todesfällen kommt, gibt es für ihn nur eine Erklärung: Pennywise ist zurückgekehrt! Um das böse Wesen endlich zu stoppen, bittet er seine alten Mitstreiter Bill (James McAvoy), Beverly (Jessica Chastain), Richie (Bill Hader), Ben (Jay Ryan), Eddie (James Ransone) und Stanley (Andy Bean), umgehend in die Heimat zu kommen. Bis auf Stanley, der sich in einem Anflug von Panik die Pulsadern aufschneidet, folgen alle seinem Hilferuf und beschließen nach anfänglichem Zögern, den Schwur einzulösen.

Im Gegensatz zu Kings Roman, der von Anfang an zwischen den Zeiten hin- und herspringt, konzentriert sich der erste Film ausschließlich auf die jugendlichen Protagonisten. Im zweiten Kapitel müssen Regisseur Muschietti und Drehbuchautor Gary Dauberman (Annabelle 3) daher mit den erwachsenen Versionen eine Reihe neuer Figuren einführen. Deren Lebensumstände werden in der Literaturvorlage ausführlich geschildert. ES: Kapitel 2  reißt indes die Profile lediglich an, was die Anteilnahme erschwert. Emotionale Kraft bekommt das Sequel erst dann, wenn die Teenager in Rückblenden die Leinwand entern und, zumindest phasenweise, das Stand by Me-Gefühl des Erstlings hervorlugt.

In der Geschichte steckt zweifelsohne eine spannende Abhandlung über tiefsitzende Ängste, das Verdrängen und das Erinnern. Allzu oft müssen sich diese Aspekte aber einer aufdringlichen Gruselshow unterordnen, die im Mittelteil stark repetitive Züge annimmt. Die Begegnungen mit Es und seinen unterschiedlichen Manifestationen gleichen mehr und mehr einer Nummernrevue. Ständig springen dem Betrachter aus dem Dunkeln neue, manchmal auch unglaublich lächerlich wirkende Horrorfratzen ins Gesicht, ohne dass die Gestaltung der Schockeffekte groß variieren würde. Verstörender als die sich abnutzenden Buh-Attacken sind jene Momente, in denen alltägliches Grauen unvermittelt hervorbricht. Etwa in den ersten Minuten, wo ein schwules Pärchen einer homophoben Gewalttat zum Opfer fällt.

Überlagert wird der Kampf der Protagonisten gegen ihre inneren Dämonen auch im Showdown, der so manche eigentlich markante Offenbarung in einem krachenden digitalen Gewitter untergehen lässt. Das düstere, Fantasy-lastige Spektakel steht hier an erster Stelle, nicht das Befinden der Charaktere. In den letzten Szenen schlägt ES: Kapitel 2 zwar noch einmal eine andere Richtung ein. Die Lust am Mitfiebern, die der Vorgänger geschickt provozierte, ist dieses Mal jedoch weniger ausgeprägt.

Es: Kapitel 2 (2019)

27 Jahre nach ihrer Begegnung mit Pennywise kehrt der Loser Club nach Derry zurück, um sich erneut dem dämonischen Clown zu stellen.

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Meinungen

Silvia · 06.09.2019

Kann ich so unterschreiben. Ich war froh, als endlich das Licht anging. Der Live-Erschrecker im Kinosaal hatte eindeutig mehr Potenzial.