Die 5. Welle

Eine Filmkritik von Beatrice Behn

Fünf Wellen machen keinen Ozean

Eigentlich ist es eine gute Idee gewesen, sich die Rechte an Rick Yanceys Jugend-Science-Fiction Trilogie Die fünfte Welle zu sichern. Im Fahrwasser der äußerst erfolgreichen Tribute von Panem- und Bestimmung-Reihe müsste es ein einfaches Vorankommen sein, ein bekannter Weg zum Erfolg. Aber Mühe muss man sich trotzdem geben und auch selber paddeln, wenn man weite Strecken zurücklegen will. Und Die 5. Welle hat es sich ein wenig zu bequem gemacht.
Cassie (Chloë Grace Moretz) lebt mitten in Ohio und ist mitten in der Pubertät. Sie geht zur High-School, lackiert sich die Fingernägel und ist verknallt in Ben Parish (Nick Robinson). So weit, so normal. Doch eines Tages endet dieses Leben abrupt, „Die Anderen“ erscheinen. Es sind Außerirdische, die anfangs die Erde mehrmals umkreisen und sich sonst nicht weiter melden. Dann folgt die erste Angriffswelle. Ein elektromagnetischer Impuls beendet jegliche Technik und schießt die Menschheit ins Mittelalter zurück. Es folgt eine riesige Tsunami-Welle, danach eine tödliche Vogelgrippe. In der vierten Welle setzen sich die Aliens in Menschenkörpern fest, so dass die restlichen Überlebenden nicht mehr wissen, wer Freund und wer Feind ist. Und die fünfte und finale Welle steht noch bevor.

J. Blakesons Film folgt Cassie beim Manövrieren durch diese tödlichen Angriffe. Vor allem ihren kleinen Bruder Sammy (Zackary Arthur) will sie beschützen. Aus dem ehemals friedfertigen Mädchen wird schon bald eine junge Frau, die zwischen Angst und Überlebenswillen oszilliert. Die erste Welle erlebt sie noch in der Schule, in der dritten verliert sie ihre Mutter an die Vogelgrippe und später ihren Vater, der bei einer Massenschießerei ums Leben kommt. Sie und ihr Bruder kommen davon, werden aber getrennt. Sammy wird zu einer Militärbasis gebracht und dort trotz seines zarten Alters von etwa sechs Jahren zum Soldaten ausgebildet. Auf der Basis hat er nur einen guten Freund, der auf ihn aufpasst: Zombie, der an der Vogelgrippe erkrankte, sie aber als einziger seiner Familie überlebte. Cassie wird auf der Suche nach Sammy angeschossen und von Evan (Alex Roe) gerettet und gepflegt. Doch die inzwischen stattgefundene vierte Welle verhindert, dass sich Menschen noch gegenseitig trauen können. Und mit Evan stimmt in der Tat etwas nicht. Parallel dazu füllt sich die Militärbasis, in der Sammy ist, mit immer mehr Kindern, die trainiert werden, um die bevorstehende fünfte Welle zu bekämpfen.

Die Buchvorlage bietet genug Stoff, das Problem von Die 5. Welle ist eher, dass dem Film eine klare Linie fehlt. Jeder Abschnitt fühlt sich an wie ein anderes Genre; das könnte sehr spannend sein, doch leider wird einfach krude aneinander gepappt, was eben gerade da ist. Von High-School Rom-Com über postapokalyptische Science Fiction bis hin zum fast klassischen Kriegsdrama verwurstet der Film sämtliche Genreklischees und -tropen, ohne sich derer jedoch bewusst zu sein. In der Tat, das große Problem des Films ist seine Unreflektiertheit. Die bemerkt man in den schon fast peinlich-kitschigen romantischen Episoden, am meisten und unangenehmsten fällt sie aber auf, wenn es um die Kinderarmee geht. Ohne auch nur einen Hauch von Fingerspitzengefühl inszeniert der Film hier eine 1:1-Umsetzung klassischer Kriegsfilme, vom Bootcamp bis zur Schlacht. Mit einer Ausnahme: das hier sind keine Erwachsenen, das hier sind nicht mal so richtig Jugendliche, sondern Kinder, zwischen sechs und zwölf Jahre alt, die hier in den Krieg geschickt werden und noch nicht einmal so richtig verstehen, was das bedeutet. Genau darauf will das Buch auch hinaus – der Wahnsinn des Überlebens in einer sehr gewagten und harten Metapher. Doch der Film nimmt diese Implikationen gar nicht mit. Er spielt das Szenario einfach durch und entwickelt so auch Bilder, in denen 8-Jährige einfach erschossen werden. Achselzucken und weiter geht es.

Auch Moretz, deren Figur Cassie der stringente rote Faden der Geschichte sein soll, stolpert mehr durch diese Geschichte, als sie wenigstens emotional zusammenzuhalten, wenn ihr schon das Narrativ um die Ohren fliegt. Es mag ihr nicht gelingen, die komplexen Gefühle eines jungen Mädchens in solch einer Extremsituation zu transportieren. Dafür gibt es dann immer wieder Momente, in denen sie im Audiokommentar erklären muss, wie schrecklich etwas ist. Ansonsten zeichnet sie sich vor allem dadurch aus, dass sie sehr bedacht darauf ist, innerhalb der Apokalypse möglichst gut auszusehen. Ganz ehrlich, bei so vielen Filmen und TV-Serien dieser Art, die den Markt in den letzten Jahren regelrecht überschwemmt haben, sollte man eigentlich wissen, dass postapokalyptisches Make-up aus Dreck besteht und selbst Frauen nicht mit frisch geföhntem Haar durch Wälder laufen, um zu überleben.

Und das ist das wahrlich Ärgerliche an Die 5. Welle. Natürlich versucht der Film, ebenfalls auf das „starke Frau“-Narrativ anzuspringen und lässt Cassie selbst schießen und auf ihren Bruder aufpassen. Ja, sie darf sogar ab und an den Männern in ihrer Umgebung sagen, dass sie keine Hilfe braucht. Doch gleichzeitig transportiert sie in jedem Blick, jeder Geste das großäugige, hübsche Mädchen, deren Fingernagellack so perfekt sitzen wie die Haare und die sich dann doch, mit einem kleinen piepsigen Protest, gern die Drecksarbeit machen lässt.

Und so wird auch der angeblich emanzipatorische Kern des Films zur hohlen Geste, die sich in die anderen unreflektierten Momente nahtlos einreiht. Die 5. Welle bleibt damit ein Schattenspiel, ein Nachahmer vieler Filme und eine Verschwendung für eine gute Geschichte, die man mit viel mehr Intelligenz, Feingefühl und Tiefgang hätte angehen müssen.

Die 5. Welle

Eigentlich ist es eine gute Idee gewesen, sich die Rechte an Rick Yanceys Jugend-Science-Fiction Trilogie „Die fünfte Welle“ zu sichern. Im Fahrwasser der äußerst erfolgreichen „Tribute von Panem“- und „Bestimmung“-Reihe müsste es ein einfaches Vorankommen sein, ein bekannter Weg zum Erfolg. Aber Mühe muss man sich trotzdem geben und auch selber paddeln, wenn man weite Strecken zurücklegen will. Und „Die 5. Welle“ hat es sich ein wenig zu bequem gemacht.
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