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Der von Patrick Stewart gespielte Jean-Luc Picard ist wieder da. In „Star Trek: Picard“ beginnt eine neue Mission, in der es um mehr als eine Wiederholung des Vertrauten geht.

Star Trek: Picard (TV-Serie, 2020)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Weise ins All

Klar, im ersten Moment könnte das alles zum Augenrollen einladen: Der 79-jährige Patrick Stewart kehrt in seine Paraderolle als Jean-Luc Picard zurück, die er zwischen 1987 und 1994 in insgesamt sieben Staffeln der TV-Serie Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert sowie zwischen 1994 und 2002 in vier Kinoabenteuern verkörperte. Das klingt in Zeiten des Franchise-Reboot-Prequel-Sequel-Wahnsinns wirklich nicht nach der originellsten Idee und könnte im schlimmsten Fall dazu führen, dass das über Jahrzehnte aufgebaute Renommee einer Figur ausgebeutet wird, um noch schnell auf der Retro-Welle mitsurfen zu können.

Aber dankenswerterweise kommt es anders – und zwar in vieler Hinsicht. Denn Star Trek: Picard ist weder eine Kopie des nächsten Jahrhunderts, die lediglich mit bekannten Gesichtern und audiovisuellen Zitaten die alten Fans umschmeichelt und damit auf Nummer sicher gehen würde. Noch knüpft die Serie naht(und damit auch mut)los an den Inszenierungsstil und die Ästhetik an, die durch die 2017 gestartete und überaus erfolgreich laufende Serie Star Trek: Discovery Einzug ins Star-Trek-Universum erhielt: martialische Action, Schnitte im Sekundentakt, ein Übermaß an kalten Farben.

Star Trek: Picard findet vielmehr zu seiner ganz eigenen Form. Und dabei gelingt es, den einst von Gene Roddenberry entwickelten Grundprinzipien, die mit der Originalserie Raumschiff Enterprise (1966-1969) ihren Anfang nahmen, treu zu bleiben und zugleich hochaktuell zu sein. Was sicher auch daran liegt, dass es Roddenberry nie nur um eskapistische Science-Fiction-Unterhaltung ging, sondern stets um den Wert eines (jeden) Lebens, um Verständnis und Friedensbestrebung.

Der Optimismus, durch den sich insbesondere Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert mit seinem idealistischen Captain Picard auszeichnete, ist zu Beginn von Star Trek: Picard ziemlich tief vergraben. Picard ist nicht mehr Teil der Sternenflotte, sondern lebt in einem französischen Château und widmet sich dort dem Weinbau. Die Vergangenheit wühlt in ihm, im Traum ebenso wie im Wachzustand. Eine unbefugte, von ihm geleitete Rettungsmission für (ausgerechnet!) das romulanische Volk hatte Picards unfreiwilligen Sternenflottenaustritt zur Folge, der zugleich das Karriereende seiner damaligen ersten Offizierin Raffi Musiker (Michelle Hurd) bedeutete. Als plötzlich die junge, von Angreifern bedrohte Dahj (Isa Briones) auf dem Anwesen von Picard auftaucht, sieht dieser sich bald gezwungen, nun doch wieder in Aktion zu treten. Und Star Trek wäre nicht Star Trek und Picard wäre nicht Picard, wenn dies nicht etwa in Einer-gegen-alle-Manier, sondern in einer Gemeinschaft, als Crew geschieht. So macht sich Picard auf die Suche nach geeigneten Mitstreiter_innen.

Dabei zeigt die Serie aufrichtiges Interesse an seinem Personal und an dessen Interaktionen. Die zunächst unerklärliche Nähe zwischen Picard und Dahj, die Verletzungen, die zwischen Picard und Raffi stehen – all das wird sorgsam ausgelotet, ohne auf Tempo, auf Einbrüche des Unerwarteten und auf beeindruckende Bilder zu verzichten. Detailaufnahmen, die mal nervöse, mal Zärtlichkeit spendende Hände einfangen, sind hier nicht weniger von Bedeutung als aufwendig gestaltete Schauplätze – sei es das Château im warmen Sommerlicht oder das urbane Cyberpunk-Umfeld, aus dem Dahj entflieht. Die Dialoge sind oft herrlich pointiert, um Charaktermerkmale hervorzuheben oder um eine aufkeimende Beziehung in wenigen Augenblicken zu illustrieren. Das einfühlsame Spiel des Ensembles um Patrick Stewart tut sein Übriges.

In den ersten drei Episoden werden bereits zahlreiche Spuren für eine komplexe Geschichte gelegt – über die Koexistenz zwischen Lebewesen aus verschiedenen Kulturen, zwischen Lebewesen und Maschinen, über Grenzen in Köpfen und deren Überwindung sowie über die Notwendigkeit, Empathie und Courage zu zeigen. Star Trek und der Protagonist Picard sind nicht einfach nur same old, same old zurück; sie entwickeln sich immer weiter. Vorbildlich!

Star Trek: Picard (TV-Serie, 2020)

Eine Nachfolgeserie zu Star Trek: The Next Generation (1987), die sich im nächsten Kapitel seines Lebens auf Captain Jean-Luc Picard (Sir Patrick Stewart) konzentriert.

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Meinungen

Alex1605 · 15.02.2020

Super Serie. Picard wird aus dem TNG Zeitalter in die Jetzt-Zeit gehievt. Gute neue Elemente. Picard hat sich weiterentwickelt. Klar, er ist immer noch Sternenflottenoffizier (mit Herz und Seele). Er ist aber auch verbittert und ein Stück weit gescheitert, nach der Fehlgeschlagenen Evakuierung der Rumulaner. Ruhig und tiefsinnig erzählt.
Freue mich jeden Freitag auf eine neue Folge.

Celsi · 21.10.2019

Das kann nur episch werden. Und wenn Patrick Stewart da mit seinem Image und Namen hinter steht, wird das auch nicht so ein Bockmist wie der Reboot.