Cesars Grill

Eine Filmkritik von Kirsten Kieninger

Fleischspieße und Familiengeschichte

Vater und Sohn, Grillmeister und Vegetarier, Ecuador und Deutschland. Cesar betreibt ein Grill-Restaurant, sein Sohn Dario ist Filmemacher. Darios Film heißt Cesars Grill. Dieser zweite abendfüllende Dokumentarfilm von Dario Aguirre könnte aber auch gut Darios Vater heißen. Denn der Film erzählt nicht nur mit heiterem und hellsichtigem Sinn für Absurdität davon, wie Dario Cesar mit seinem verschuldeten Restaurant helfen will. Cesars Grill erzählt auch davon, wie der Sohn sich an seinem Vater abarbeitet.
Dario Aguirre wurde 1979 in Ecuador geboren. Anstatt mit ins Grill-Geschäft seines Vaters einzusteigen, ist er mit 20 Jahren nach Deutschland gegangen – und Vegetarier geworden. Als solchen stilisiert ihn der Film gleich in der ersten Szene spielerisch. Oder vielmehr: Der Regisseur präsentiert sich selbst vor der Kamera: Salatblätter vertilgend und Maiskolben grillend. Festgehalten mit Stop-Motion-Technik, pointiert kommentiert durch die eigene Voice-Over-Erzählung.

Diese Eingangssequenz setzt gleich die beschwingte Tonalität des Films, ausgehend von der ganz persönlichen Note, die dieser Vater-Sohn-Geschichte zwischen zwei Kulturen inne wohnt. Später wird auch noch handgemachte Musik dazu kommen, mit der der Regisseur vor der Kamera mit Gitarre, eigenen Texten und humorvoller Abgeklärtheit das Geschehen kommentiert. Fast wie der Chor in einer griechischen Tragödie. Denn das, was als heiterer bis absurder Clash der Kulturen und Generationen startet, entwickelt sich im Verlauf des Films zu einer ernsten Geschichte von Annäherung und Verlust.

Dario reist nach Ecuador, um gemeinsam mit seinem Vater das Restaurant zu retten. Ein gemeinsames Projekt, das Vater und Sohn einander näher bringen soll – so hofft zumindest der Sohn. Und ist deshalb motiviert, allen Widrigkeiten möglichst entspannt zu begegnen (mithilfe von Tai-Chi und Yoga). Vater und Sohn raufen sich am Grill zusammen, diskutieren über Excel-Tabellen, Abwasseraufbereitung und Großmarktpreise. Aber wirklich miteinander reden, das tun sie nicht. Das haben sie noch nie getan. Zwei „Meister der Nicht-Kommunikation“, die sich erst nach einem Schicksalsschlag ein wenig näher kommen.

Dario Aguirres Filme entstehen immer aus der persönlichen Lebenssituation heraus, die filmisch dokumentiert, kritisch gespiegelt und künstlerisch verarbeitet wird. In Cesars Grill verortet er sich weniger zwischen den Kulturen als vielmehr im familiären Dreieck von Vater-Mutter-Sohn. Eine Position, die aktuell auffallend viele Dokumentarfilm-Regisseure beziehen: so z.B. Peter Liechti in Vaters Garten oder Diego Gutierrez in Parts of a Family. Wie die Filmemacher jeweils damit umgehen, selbst untrennbarer Teil der Erzählung zu sein, ist sehr verschieden. Der Mexikaner Diego Gutierrez hält sich dezent im Off zurück und fokussiert auf die Beziehung zwischen seinen Eltern. Der Schweizer Peter Liechti wirft sich mit provozierenden Fragen voll dazwischen, bleibt dabei aber hinter der Kamera und schickt dafür auf einer verfremdeten visuellen Ebene stellvertretend eine Marionette auf Konfrontationskurs mit den Eltern (vertreten durch Hasen-Marionetten).

Dario Aguirre hat sich dafür entschieden, sich selbst offensiv ins Zentrum von Cesars Grill zu stellen. Das ist auch konsequent, geht es in dem Film schließlich auch um einen jungen Mann auf der Suche nach Anerkennung. Eine Anerkennung für das, was er tut. Eine Anerkennung, die der Vater ihm gegenüber bisher nie artikuliert hat. Dabei kann der Vater wirklich stolz auf seinen Sohn sein: ein sympathischer, feinfühliger Kerl, dessen vielfältige Talente (Malerei, Musik, Schauspielerei) in der Kunst des Filmemachens einen wirklich sehenswerten Ausdruck gefunden haben. Cesars Grill ist der beste Beweis.

Cesars Grill

Vater und Sohn, Grillmeister und Vegetarier, Ecuador und Deutschland. Cesar betreibt ein Grill-Restaurant, sein Sohn Dario ist Filmemacher. Darios Film heißt „Cesars Grill“. Dieser zweite abendfüllende Dokumentarfilm von Dario Aguirre könnte aber auch gut „Darios Vater“ heißen. Denn der Film erzählt nicht nur mit heiterem und hellsichtigem Sinn für Absurdität davon, wie Dario Cesar mit seinem verschuldeten Restaurant helfen will. „Cesars Grill“ erzählt auch davon, wie der Sohn sich an seinem Vater abarbeitet.
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