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So schlecht der Fußball auch an der Front der Spielfilme repräsentiert ist, so regelmäßig beschenkt er uns mit großartigen Dokumentarfilmen. Ist „Union – Die besten aller Tage“ auch so ein Hit oder eher ein verschossener Elfmeter?

Union - Die Besten aller Tage (2024)

Eine Filmkritik von Johannes Witt

Ein Film, so bodenständig wie der Klub

In „Union – Die besten aller Tage“ porträtiert Annekatrin Hendel - man liest es schon im Titel — den 1. FC Union Berlin, dem Fußball-Underdog aus Köpenick, der 2019 den Aufstieg in die erste Bundesliga schaffte und sich vier Jahre später sogar für die Champions League qualifizierte. Der Film punktet vor allem mit den Szenen, die den Alltag hinter den Kulissen des Fußballs zeigen, die nicht direkt etwas mit dem Trainer, den Spielern oder der Mannschaft zu tun haben. Etwa die Erstellung der Posts für Social Media oder die logistischen Herausforderungen am Spieltag, wenn zehntausende Gäste ankommen und das koordiniert werden muss. Ein Fest für Union-Fans — aber auch für alle anderen interessant, denn hier wird viel geboten, das in anderen Fußball-Dokus kaum Erwähnung findet.

Ganz nebenbei behandelt der Film auch Themen wie Hassreden in Kommentarbereichen und die Schwierigkeiten, mit denen Frauen auch heute noch hinter den Kulissen im Fußball konfrontiert sind. Natürlich werden auch die erwartbaren Trainingsszenen gezeigt, nur werden sie hier mit sympathischer Bodenständigkeit präsentiert, was in gewisser Weise mit dem Image des Klubs zusammenpasst. Hier gibt es keine schicken Drohnenaufnahmen und überbordendes Color Grading, sondern Handkamera und eine sehr natürliche Optik.

Erzählt werden dabei freilich nicht nur die Geschichten, die sich hinter den Kulissen abspielen: Den Kern bildet nichtsdestotrotz der Weg vom Abstiegskampf vor zwei Jahren über die Qualifikation für die Europa League bis hin zum Einzug in die Champions League.

Dabei wird jedoch nicht wie bei vielen anderen Fußballdokus auf penible Nacherzählungen von entscheidenden Spielszenen gesetzt. Im Zentrum stehen stattdessen die Organisatorinnen und Organisatoren und vor allem die Fans. Obendrein gibt es sogar ein paar Szenen über die sogenannten „Ultras“. Die eingefangenen Reaktionen von Verantwortlichen über beispielsweise Auslosungen der K.o.-Runden der internationalen Turniere oder auf vereinsexterne Diskussionsrunden im Sportstudio tragen überdies zum Charme bei.

Wer bereits Fan des Klubs mit Heimat an der Alten Försterei ist, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Grundsätzlich werden jedoch alle Fans des Sports abgeholt und auf eine Reise hinter die Kulissen eines — so vermitteln es uns die Bilder -auf dem Boden gebliebenen Vereins mitgenommen. Der Film ist nicht perfekt durchstrukturiert, aber gewinnt gerade dadurch, dass der Schnitt ein gutes Tempo vorlegt, bei dem nie Langeweile aufkommt. Bodenständig, sympathisch, lustig, emotional.

Union - Die Besten aller Tage (2024)

„Scheiße, wir steigen auf!“ hieß es noch 2019 auf einem Banner im Stadion des 1. FC Union Berlins an der Alten Försterei. Vier Jahre später qualifiziert sich der ostdeutsche Traditionsverein für die Champions League und vollbringt damit etwas, das ihm wohl die wenigsten zugetraut hätten. Bei all der Euphorie über den Triumph steigt aber auch der Druck, sportlich und wirtschaftlich leistungsstark zu bleiben, und die Befürchtung zwischen Tradition und Wandel in einen Identitätskonflikt zu geraten. Dass es der Fußball-Underdog aus Köpenick dennoch schafft, sich seinen Zauber zu bewahren, liegt vor allem an den Menschen, die hinter den Kulissen unaufhörlich und voller Begeisterung den Betrieb am Laufen halten. Immer an ihrer Seite: Eine treue Fangemeinschaft, die bereit ist, den Weg ihres Clubs bedingungslos mitzugehen. (Quelle: Weltkino)

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