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Die Uckermark entwickelt sich immer mehr zum Sehnsuchtsort moderner Großstadtmenschen, die das Landleben erproben wollen, und sei es nur am Wochenende. Wenn alternative Träume auf die Mühen des Pflanzenbaus und der Ziegenhaltung treffen, ist der Keim für eine ironische Zeitgeist-Analyse gelegt.

Von Bienen und Blumen (2018)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Ironische Selbstbetrachtung im Gemüsebeet

In diesem Dokumentarfilm, der sich liebevoll über die Landlust moderner Stadtleute lustig macht, ist die Regisseurin Lola Randl (Die Erfindung der Liebe) zugleich die zentrale Protagonistin. Sie schart, gemeinsam mit ihrem Mann Philipp Pfeiffer, eine lose Gruppe interessierter Großstädter um sich, die sich auf dem Gelände einer alten Schlossgärtnerei in der Uckermark landwirtschaftlich betätigen wollen.

Die Dramaturgie folgt den satirischen, aus dem Off vorgetragenen Texten einer wohl fingierten Doktorarbeit, die eine Teilnehmerin über das Anbau- und Gemeinschaftsprojekt verfasst. Durch diesen Rahmen und die ironisierende Montage erhält der Film den Charakter einer vergnüglichen Mockumentary.

Die Doktorarbeit trägt den Titel „Sinnsuche des postkapitalistischen Individuums am Fallbeispiel des Wiederaufbaus einer alten Gärtnerei, genauer am Fallbeispiel der Wunschvorstellung eines zugezogenen Paares“. Lola Randl und Philipp Pfeiffer sind dieses Paar, das auch wirklich, und das schon seit Jahren, am Drehort Gerswalde lebt. Randl hat sich bereits in der dokumentarischen TV-Serie Landschwärmer mit Berlinern befasst, die hinaus in die Uckermark ziehen, weil sie naturnaher, stressfreier leben wollen. In diesem Kinofilm hält sie sich und ihren Mitstreitern gutgelaunt einen kritischen Spiegel vor und lässt die großen Ziele in Sachen Landbau mehr oder weniger scheitern. Ewig wird in der Erde gebuddelt, die Schafe sind störrisch, die Sau läuft übers Beet, die Ziegen fressen den Obstbäumen die Rinde ab. Das Pflügen mit altem Gerät will auch nicht richtig gelingen, aber es wird gesungen, Gitarre gespielt, gemeinsam gekocht und gegessen. 

Genaueres erfährt man nicht darüber, wie sich diese lose Gemeinschaft im Wechsel der Jahreszeiten entwickelt. Viele Leute scheinen am Wochenende zu kommen oder noch seltener, die Dorfbewohner, meist ältere Menschen, schauen auch vorbei. Alles hat einen unernsten Charakter, den schon die Kapitelüberschriften der Doktorarbeit wie „Der idealistische Visionär und sein Dilemma“ postulieren. Die eine geraume Weile sehr unterhaltsame Komik des Films erwächst zum einen daraus, dass die vollmundigen Texte von den Bildern der Gartenarbeit systematisch konterkariert werden. 

Zum anderen wird die unterschiedliche Mentalität der alteingesessenen Dorfbewohner und der urbanen Kreativen stark betont. Lola Randl stellt Fragen aus dem Off, mit denen sie den Stil von Dokumentarfilmen praktisch imitiert. Sie will wissen, was zwei alte Schwestern am liebsten tun, ob der Nachbar ihren Mann oder ihren Freund, den Produzenten Bernd Fraunholz, lieber mag. Solche Fragen haben aber vor allem das Ziel, die Interviewten zu Antworten zu provozieren, die dann wiederum auf Stadtleute, die sich selbst für progressiv halten – sprich, auf das adressierte Filmpublikum –, skurril und tendenziell lächerlich wirken. 

Das Interesse des Films an den zwischenmenschlichen Beziehungen konzentriert sich rasch auf Randls eigene Dreiecksgeschichte mit Philipp und Bernd. Neckische Spekulationen, wie viel davon wahr sein mag, ergeben im Grunde keinen Sinn, aber aus dem Zweifel, ob diese Handlung noch dokumentarisch ist, entsteht eine reizvolle Spannung. Kann sich der moderne Mensch, der auf der Suche nach offenen Beziehungsmodellen ist, Inspiration bei den Bienen und anderen Nutztieren holen? Gerne schneidet Randl die Ausführungen einer Imkerin über die Insekten dazwischen, so dass sie wie Anspielungen auf die Menschenwelt wirken. Selbst eine Paartherapeutin wird geholt, damit Lola, Philipp und Bernd ihre Lage begreifen. Aber dieser Teil der Handlung ist dann zweifellos pure Persiflage. 

Die impressionistische Montage fördert irgendwann nichts mehr Neues zutage, die Witze treten auf der Stelle, redselige und dabei beliebige Dialoge fallen stärker auf. Zum Glück verzichtet der Film wenigstens auf Überlänge, so dass der Gesamteindruck überwiegend heiter bleibt. Mehr als zuweilen spritzig-entlarvende, oft auch triviale Selbstbespiegelung mit Wohlfühlcharakter ist hier aber weder drin noch vermutlich gewollt.

Von Bienen und Blumen (2018)

Wenn sich urbane Neo-Romantiker auf der Suche nach dem einfachen Leben ein Domizil auf dem Land zulegen und in der strukturschwachen Gegend auf Hartz-IV-Empfänger treffen, prallen Welten aufeinander. Regisseurin Lola Randl sieht darin Raum für gemeinsame Abenteuer, Utopien, Spiel, Spaß und Liebe. Gemeinsam mit ihrer Familie ist sie aus Berlin in die Uckermarck gezogen, um ein ursprünglicheres Leben zu führen. Mehr und mehr Leute sind gefolgt. Wie definiert man auf dem Land Arbeit und Liebe? Was verändert sich in den Beziehungen? Das sind zwei der Fragen, die dieser Dokumentarfilm beleuchtet, mit Lola Randl vor und hinter der Kamera.

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