Log Line

Crystal Moselles „Skate Kitchen“ erzählt von einer rein weiblichen Skateboard-Crew – und ist weit mehr als nur ein weiteres Coming-of-Age-Drama.

Skate Kitchen (2018)

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Die Freiheit auf vier Rädern erfahren

Vor 3 Jahren machte die Regisseurin Crystal Moselle mit ihrem Dokumentarfilm The Wolfpack auf sich aufmerksam, der von 6 Brüdern erzählte, deren einzige Erziehung im Schauen und Nachspielen von Filmen bestand. Und auch in ihrem Langspielfilmdebüt „Skate Kitchen“ interessiert sich Moselle wieder für die Subkulturen ihrer Heimatstadt New York, wobei dieses Mal die Realität lediglich den Ausgangspunkt bildet. Dennoch vermag sie es, eine Welt zu zeigen, an deren Authentizität es nur wenig Zweifel geben mag, was vor allem daran liegt, dass es die rein weibliche Skateboard-Crew Skate Kitchen tatsächlich gibt und die jungen Frauen sich allesamt selbst spielen.

Es war eine Zufallsbekanntschaft, die Crystal Moselle auf die Idee zu ihrem Film brachte. Während einer Fahrt begegnete sie den Skaterinnen zum ersten Mal und drehte mit diesen die kurze Auftragsarbeit That One Day für das Modelabel Miu-Miu. Doch damit war das Thema offensichtlich noch lange nicht erschöpft – und so kam es zu Skate Kitchen, der das Lebensgefühl und die Lebensumstände der jungen Frauen in zugespitzter, aber dennoch stets nachvollziehbarer und glaubwürdiger Art und Weise festhält. 

Im Mittelpunkt steht die schüchterne 18-jährige Camille (dargestellt von der Skate Kitchen-Mitbegründerin Rachelle Vinberg), die gemeinsam mit ihrer hart arbeitenden Mutter (Elizabeth Rodriguez) auf Long Island lebt. Als sich die junge Frau bei einem missglückten Skateboard-Trick das Brett zwischen die Beine rammt („being credit card-ed“ heißt das, wie wir später durch eine andere Skaterin erfahren) und daraufhin eine leichte Blutung bekommt, hat ihre Mutter endgültig genug von dem gefährlichen Hobby ihrer Tochter, die – so die Befürchtung der Mutter – Gefahr läuft, ihre Fruchtbarkeit zu verlieren. 

Doch so einfach gibt Camille nicht auf: Über Instagram kommt sie in Kontakt mit der rein weiblichen Skateboard-Crew The Skate Kitchen. Doch die sich entwickelnde Freundschaft vor allem mit Janay (Dede Lovelace) wird auf eine harte Probe gestellt, als Camille dem Skater Devon (Jaden Smith) näherkommt, der früher mal mit Janay zusammen war. Und als ihre Mutter herausfindet, dass ihre Tochter die Nachmittage nicht wie behauptet in der Bibliothek verbringt, sondern stattdessen auf dem Skateboard herumstrolcht, kommt es zu einem gewaltigen Krach, der mit dem Auszug Camilles endet. Doch damit beginnt ihr Weg in die Welt der Erwachsenen erst …

Auch wenn der Plot recht überschaubar erscheint und zudem mit dem männlichen love interest einen vergleichsweise konventionellen Haken schlägt, ist Skate Kitchen dennoch viel mehr als nur ein weiteres Coming-of-Age-Drama. In einer gelungene Mischung aus Fiktion und Dokumentarischem fängt Crystal Moselle das Lebensgefühl der jungen Frauen präzise, lebensnah und mit viel Schwung ein, geschickt mischt sie elektrisierende Skateboard-Fahrten und -Jumps mit der passenden Musik (unter anderem mit Junior Seniors Move Your Feet and Khalids Young Dumb & Broke) und Dialogen, die klingen, als wären sie tatsächlich direkt dem Mund der Figuren entsprungen und nicht in einem Drehbuch niedergeschrieben worden. 

Der Film ist eine gänzlich unpathetische und sehr zeitgemäße Feier der Selbstbehauptung und der Freundschaft unter Mädchen, die ihre eigenen Wege gehen – gegen die Erwartungen ihrer Eltern, der Umwelt und der Jungs. Und es bedarf erst einer Persönlichkeit wie Camille, dass die Brücken zwischen der Welt der Mädchen und der Jungs überwunden werden.

Skate Kitchen (2018)

Die eher in sich gekehrte Camille aus Long Island freundet sich mit einer  rein weiblichen Skateboard-Gang aus New York City an, die sich selbst „Skate Kitchen“ nennen. Durch diese Begegnung eröffnet sich ihr eine ganz neue Welt, die ihre Mutter ebenso misstrauisch beobachtet wie Camilles erwachendes Interesse für einen Skater. Und längst nicht alles erweist sich als so einfach wie ein „Kick-Flip“.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen