Good Food Bad Food - Anleitung für eine bessere Landwirtschaft (2010)

Eine Filmkritik von Peter Gutting

Alternativen zur Chemie-Keule

Eigentlich ist sie für ihre beschwingten Komödien bekannt, etwa für Saint Jacques – Pilgern auf Französisch oder Drei Männer und ein Baby. Doch Coline Serreau kann auch anders. Sie hat als Dokumentarfilmerin angefangen und schon mit Der grüne Planet ein engagiertes Bekenntnis zur Rettung des Planeten vorgelegt. Nun hält sie mit Good Food Bad Food ein ebenso flammendes wie faktenreiches Plädoyer für die ökologische Landwirtschaft.

Coline Serreau reiht sich damit ein in eine ganze Serie von kritischen Beiträgen zur Esskultur, die in den vergangenen Jahren die Kinozuschauer sensibilisiert haben für den Horror, der sich in Schlachthöfen, auf Tiertransportern und sogar auf den Feldern abspielt. Und das ist gut so. Beruhen unsere Ernährungsgewohnheiten doch im Wesentlichen auf einer Verdrängungsleistung. Würden wir uns jedes Mal das Leid der Tiere und die Giftcocktails bewusst machen, die auf unsere Teller kommen, hätten wir wohl schon längst Konsequenzen gezogen. Ein Dokumentarfilmer braucht eigentlich nur an die Orte des Geschehens zu gehen, um einen Aufklärungseffekt zu erzielen.

Coline Serreau konzentriert sich – anders als etwa We feed the World – nicht darauf, die Skandale der Lebensmittelproduktion abzubilden. Auf den alltäglichen Wahnsinn aufmerksam zu machen, überlässt sie den Wortbeiträgen ihrer Interviewpartner. Die Bilder dagegen zeigen, wie man es besser machen kann – mit einem gesunden, lebendigen Boden, mit üppigen Gemüsegärten und alten, fast vergessenen Sorten.

Wie zum Beispiel die Reisbauern in Indien, die ohne Chemie auskommen, weil sie ihren organischen Dünger und ihre natürlichen Pflanzenschutzmittel selbst herstellen. Das schützt sie nicht nur vor den Schäden der Chemiekeulen, denen die Landarbeiter in armen Ländern meist schutzlos ausgesetzt sind. Es sichert ihnen auch eine ökonomische Unabhängigkeit, die sie vor der Bankrotterklärung gegenüber den multinationalen Agrochemie-Konzernen bewahrt. Jede Stunde, so berichtet ein Interviewpartner, bringen sich zwei indische Bauern um, weil sie ihre Schulden für Pestizide, Saatgut und Kunstdünger nicht mehr bezahlen können. In den vergangenen Jahren waren es 200.000 Menschen.

Auch die Bauern auf einer ehemaligen Kolchose in der Ukraine zeigen, wie man es besser macht. Noch zu Sowjet-Zeiten hatte der damalige Kolchose–Leiter Antoniets Semen Swiridonowitsch die Chemie vom Acker verbannt, weil er nicht wollte, dass seine Arbeiterinnen Hautkrankheiten bekamen. Die kommunistische Führung ließ ihn damals unter der Bedingung gewähren, dass er den Fünf-Jahresplan einhält. Das schaffte die 8.000-Hektar Kolchose auch ohne Chemie. Der Betrieb ist heute eines der besten Beispiele, dass man ökologischen Landbau auch im großen Maßstab betreiben kann.

So verknüpft Good Food Bad Food noch zahlreiche weitere Beispiele zu einem weltweiten Netz der Bio-Bauernbewegung, in flottem Schnitttempo kombiniert mit den Kommentaren ihrer Experten und zuweilen unterlegt mit Erläuterungen aus dem Off. Auf diese Weise entsteht ein facettenreicher Beleg für die Erkenntnis, der sich auch der Weltagrarrat nicht verschließt: dass man die Weltbevölkerung komplett mit biologischen Lebensmitteln versorgen und dabei Unmengen von Kunstdünger und Pestiziden einsparen könnte, die im Wesentlichen aus dem zur Neige gehenden Erdöl produziert werden.

Die Regisseurin fordert dem Zuschauer dabei einiges an Aufmerksamkeit ab. So geballt präsentiert sie Fakten und Zahlen, so dicht reiht sie wissenschaftliche Statements und leidenschaftliche Überzeugungen aneinander. Aber wahrscheinlich war Coline Serreau derart fasziniert von der Eloquenz und den Beweisführungsketten ihrer Gesprächpartner, dass sie dem Zuschauer die ganze Komplexität der Argumente nicht vorenthalten wollte. Das dürfte man verschmerzen bei einem Thema von solcher Wichtigkeit. Ob man gutes oder schlechtes Essen auf den Teller bekommt, geht schließlich jeden etwas an.
 

Good Food Bad Food - Anleitung für eine bessere Landwirtschaft (2010)

Eigentlich ist sie für ihre beschwingten Komödien bekannt, etwa für „Saint Jacques – Pilgern auf Französisch“ oder „Drei Männer und ein Baby“. Doch Coline Serreau kann auch anders. Sie hat als Dokumentarfilmerin angefangen und schon mit „Der grüne Planet“ ein engagiertes Bekenntnis zur Rettung des Planeten vorgelegt. Nun hält sie mit „Good Food Bad Food“ ein ebenso flammendes wie faktenreiches Plädoyer für die ökologische Landwirtschaft.

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Meinungen

Maria Schlegel · 07.09.2011

Ein sehr guter Film! Er sollte unbedingt auch an Schulen beworben und gezeigt werden. Es ist auch ein Aufruf für jeden Hobbygärtner, seltenes Saatgut aus den Saatgutbanken zu holen, solange ein normaler Bürger noch Zugang hat. Zudem gibt es zahlreiche Vereine, über die man ebenso seltene Sorten bekommen kann, die in so vielen Gärten wie möglich vermehrt werden sollten (z.B. ArcheNoah in Österreich).

M.Pachner · 31.03.2011

Den Film sollte man gratis in den arabischen Laendern zeigen, die gerade ihre Politiker stuerzen. Damit sie eine Idee kriegen, wie sie ihrem Land und den argwöhnisch Jugentlichen selbst helfen koennen. Nach den Diktatoren kommt der Marsch nach Europa! Davor duerfen wir Angst haben, wenn wir nichts tun, um ihnen eine Option zeigen, zu Hause zu bleiben ohne zu verhungern. Sie sind so erschreckend rueckstaendig durch die Religion, die auch uns dumm gemacht hat. Der Papst macht uns dumm, der Koenig arm! Gadaffi ist beides zusammen fuer das Land und leider Beispiel fuer alle arabischen Laender: verlogen und verschlagen!

Sedie · 18.02.2011

Das Traurige ist, dass die meisten Menschen diesen Film vermutlich nie sehen und sich mit dem Thema auseinandersetzen werden, da sie die aktionüberladene laue Unterhaltung bevorzugen und ein Dokumentarfilm da so gar nicht reinpasst.

Stefan · 01.02.2011

Sehenswert. Macht nachdenklich und wütend.

Anonyma · 29.01.2011

wenn er denn in jeder größeren stadt gezeigt würde...

Harald Riese · 22.01.2011

Ein Film, der hoffentlich viele menschen aufrüttelt