Chaos

Eine Filmkritik von Joachim Kurz

Ein Film zwischen Gesellschaftskritik und Soap Opera

Youssef Gabriel Chahine ist derzeit der einzige ägyptische Regisseur von Weltrang. Seit 1950 dreht der 1926 in Kario geborene Filmemacher, der als Entdecker Omar Sharifs gilt, unermüdlich Film auf Film und präsentiert in seinen Werken stets einen kritischen Blick auf seine Heimat. Oft genug geht es ihm darum, die Ursachen für die zahlreichen Konflikte innerhalb der ägyptischen Gesellschaft zu finden. So auch in seinem neuen Film Chaos / Heya Fawda, mit dem Chahine zeigt, dass er nichts von seinem scharfen politischen Bewusstsein verloren hat.
Das Viertel Choubra mitten im Herzen von Kairo steht im Mittelpunkt des Films. Hier, in dieser ebenso traditions- wie kontrastreichen Gegend der ägyptischen Hauptstadt führt der korrupte, abgrundtief böse und gleichzeitig lächerliche Polizeioffizier Hatem (Khaled Saleh) ein strenges Regiment und ist ein nahezu unumschränkter Herrscher, der gerne mal zwischendrin ein wenig mit dem Elektroschocker und der Peitsche Gefangene traktiert, seine Untergebenen zusammenbrüllt und Schutzgelder entgegennimmt. Doch Hatem hat auch seine Schwächen – er ist eitel, dumm, lässt sich ausnutzen und er stellt der schönen Lehrerin Nour (Mena Shalaby) nach, der er rettungslos verfallen ist. Die aber denkt nicht im Traum daran, das Werben ihres schmierigen Verehrers zu erhören. Denn ihr Herz gehört Sherif (Youssef El Sherif), dem Sohn der Direktorin ihrer Schule. Und Sherif gehört als Staatsanwalt, der die Korruption bekämpft, zu den natürlichen Feinden Hatems, ebenso wie Nour. Immer dreister werden die Nachstellungen Hatems, bis endlich ein Sturm der Entrüstung über ihm zusammenbricht.

Subtil ist das nicht gerade, was Youssef Chahine in seinem neuen Film zeigt. Und darüber hinaus wirkt vieles für europäisch geprägte Zuschauer in seiner Mixtur recht befremdlich. Soap-artig zugespitzt und banal wirken oftmals die Figuren, hier die Bösen, da die Guten – Raum für Zwischentöne und Schattierungen gibt es kaum. Lateinamerikanische Telenovelas standen offensichtlich genauso Pate für diesen Film wie indische Bollywood-Streifen, Melodram und Slapstick prallen hier ungebremst aufeinander und irritieren die Sehgewohnheiten bis an den Rand des Erträglichen. Zugleich aber, und das ist das Beachtliche an diesem Film, zeichnet Chaos / Heya Fawda auch ein Bild der heutigen ägyptischen Gesellschaft nach, das so schonungslos und ehrlich ist, dass die Empörung in seiner Heimat groß war. Auch in Cannes, wo der Film zu sehen war, stieß der Film teilweise aufgrund seiner gewagten Mischung und seiner schlichten, manchmal auch effekthascherischen Art auf Widerspruch. Mögen muss man diesen Film nicht. Wer sich aber für einen bunt-grellen Einblick in die Strukturen der ägyptischen Gesellschaft interessiert, der wird in diesem Werk einiges finden.

Chaos

Youssef Gabriel Chahine ist derzeit der einzige ägyptische Regisseur von Weltrang. Seit 1950 dreht der 1926 in Kario geborene Filmemacher, der als Entdecker Omar Sharifs gilt, unermüdlich Film auf Film und präsentiert in seinen Werken stets einen kritischen Blick auf seine Heimat.
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Meinungen

· 14.06.2008

super Film echt cool