The First Avenger: Civil War

Eine Filmkritik von Björn Helbig

Ein heller Stern im Marvel Cinematic Universe

Captain America ist einer der bekanntesten Superhelden – aber nicht unbedingt der Beliebteste. Im Jahr 2014 sollte sich das ändern: Nach dem mäßigen Auftakt der Reihe um den Supersoldaten durch Joe Johnston (Captain America: The First Avenger) 2011 überraschten die Brüder Anthony und Joe Russo die Marvelfans mit der fulminanten Fortsetzung, dem lupenreinen Agententhriller Return Of The First Avenger. Auch der dritte Teil, The First Avenger: Civil War, geht wieder auf das Konto der beiden Russos und wieder ist das Ergebnis verdammt starkes Superhelden-Kino mit dem gewissen Etwas.
Die Avengers haben nicht nur einmal die Welt gerettet, doch das Ausmaß der Zerstörung und die Anzahl der zivilen Opfer waren jedes Mal enorm. Aus diesem Grund sollen sie in Zukunft einer UN-Behörde unterstellt werden und nur noch auf Anweisung handeln. Diese Idee spaltet die Helden: Während der von Schuld geplagte Tony „Iron Man“ Stark (Robert Downey jr.) dafür stimmt, hat Steve Rogers alias Captain America (Chris Evans), dessen Erinnerungen an die korrupte Organisation S.H.I.E.L.D. noch frisch sind, große Bedenken. Nachdem Rogers einstiger Kumpel Bucky Barnes, auch bekannt als der Winter Soldier (Sebastian Stan), für einen Anschlag verantwortlich gemacht wird, verhärten sich die Fronten unter den Avengers. Die Freunde stehen sich auf einmal als Feinde gegenüber.

Was an der Geschichte vielleicht zunächst ins Auge springt, ist ihre – strukturelle – Ähnlichkeit mit dem jüngsten DC-Abenteuer Batman v Superman: Dawn Of Justice, in dem die berühmtesten Superhelden überhaupt gegeneinander antreten. Auch in The First Avenger: Civil War werden die Helden zu Gegnern, auch hier zieht ein anderer im Hintergrund die Fäden. Im Gegensatz zu Zach Snyders experimentellem DC-Film fügt sich das Werk der Russos indes nahtlos in das Marvel Cinematic Universe ein, obwohl er aus zwei Gründen gegenüber den meisten anderen Marvel-Filmen deutlich an Profil gewinnt: Zum einen hat das aktuelle Captain-America-Abenteuer die etwas undankbare Aufgabe, die Versäumnisse anderer Marvel-Filme nachzuholen, nämlich zu zeigen, dass die siegreichen Kämpfe der Helden durchaus ihre Schattenseiten haben. Zwar konnten sie das Böse stets bezwingen, doch dabei wurden sie selbst zu Tätern. Dieser neue Ernst kommt zwar etwas unvermittelt, verleiht den Marvel-Filmen aber eine weitere Ebene. Zum anderen wird das altbekannte Problem, keinen interessanten Antagonisten aufbieten zu können, durch den Coup gelöst bzw. einfach umgangen, auf einen greifbaren Schurken – von Fädenzieher Zemo (Daniel Brühl) abgesehen – zu verzichten und diesmal die Helden gegeneinander antreten zu lassen. Den Autoren Christopher Markus und Stephen McFeely gelingt es darüber hinaus richtig gut, den Konflikt zwischen den Helden und ihre Wahl für jeweils die eine oder andere Seite einigermaßen verständlich zu machen. Markus und McFeely, die auch für die Scripts der anderen Captain-America-Filme verantwortlich sind, bleiben wie im letzten Film der Russo-Brüder der Politik treu und skizzieren hier mit dem Spannungsverhältnis von Freiheit und Sicherheit ein zeitgemäßes Dilemma, das nicht nur die Helden auseinandertreibt, sondern auch für den Zuschauer nicht einfach aufzulösen ist.

Wer vor Kinostart eine Kritik des dritten Abenteuers von Captain America liest, interessiert sich vermutlich nicht nur dafür, ob der Film gelungen ist (ja, ist er!), sondern auch dafür, wie sich die neuen, im Trailer bereits angekündigten Helden so machen. Nach der Einführung von Scarlett Witch (Elizabeth Olsen) und Quicksilver (Aaron Taylor-Johnson) in Avengers: Age Of Ultron dürften die Erwartungen ein wenig gedämpft sein. Die gute Nachricht: Die altbekannten Charaktere gewinnen weiter an Profil – das gilt zum Glück auch für Vision (Paul Bettany), der zuletzt ebenfalls nicht den besten Start hatte –, die neuen Figuren (Chadwick Boseman als Black Panther und Tom Holland als Spider-Man) sind zumindest so interessant, dass man weiteren Auftritten innerhalb der Avengers-Filme oder, wie im Falle von Spidy, auch Solo-Abenteuern durchaus neugierig entgegenblicken darf.

The First Avenger: Civil War (der durch das enorme Heldenaufgebot fast als „Avengers 3“ durchgeht) ist einer der bisher besten Filme aus dem Hause Marvel. Warum das so ist, lässt sich gut anhand zweier Action-Szenen des Films erklären: Das Scharmützel am Leipziger Flughafen, bei dem die alten und neuen Rächer gegeneinander kämpfen, setzt Maßstäbe – und hält gleichzeitig Maß. Obwohl noch niemals so viele Superhelden zusammen aufgetreten beziehungsweise gegeneinander angetreten sind, benötigen die Regisseure keine gigantischen Superflugzeuge oder emporsteigenden Landmassen, um die Größe dieses Ereignisses deutlich zu machen, sondern nur einen zweitklassigen Flughafen, zwei Hände voll Superhelden und einen nachvollziehbaren Konflikt. Besonders deutlich wird die effiziente Kunst der Russo-Brüder im Finale: Drei Superhelden fechten in einem kargen Bunker inmitten einer Schneewüste die Entscheidungsschlacht aus – und geben alles. Dies ist exemplarisch für den ganzen Film. Hier zeigt sich das Große im Kleinen und umgekehrt. Die Regisseure wissen sowohl die fulminanten Actionszenen als auch die kurzen zwischenmenschlichen Momente stets richtig zu dosieren und pointiert umzusetzen, sie lassen die Mächtigen hilflos wirken und klare Grenzen verschwimmen. The First Avenger: Civil War ist vielleicht alles in allem nicht ganz so originell wie der Vorgänger, aber genau wie der trotzdem ein heller Stern im immer größer werdenden Marvel Cinematic Universe.

The First Avenger: Civil War

Captain America ist einer der bekanntesten Superhelden – aber nicht unbedingt der Beliebteste. Im Jahr 2014 sollte sich das ändern: Nach dem mäßigen Auftakt der Reihe um den Supersoldaten durch Joe Johnston („Captain America: The First Avenger“) 2011 überraschten die Brüder Anthony und Joe Russo die Marvelfans mit der fulminanten Fortsetzung, dem lupenreinen Agententhriller „Return Of The First Avenger“.
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