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In ihrer queeren Dramedy „Mascarpone“ werfen Alessandro Guida und Matteo Pilati ihren Protagonisten lustvoll ins urbane Liebeschaos.

Mascarpone (2021)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Queer Sex and the City

In den 1990er und 2000er-Jahren gab es zahllose Filme und Serien, die vom großstädtischen Single-Dasein und von der Suche nach Mr. oder Mrs. Right erzählten. Ein überwiegender Teil davon hatte eine heteronormative Perspektive, doch es gab diverse Ausnahmen – etwa „Trick“ (1999), „Der Club der gebrochenen Herzen“ (2000), „Mambo Italiano“ (2003), „Touch of Pink“ (2004) oder die Ensembleserien „Queer as Folk“ (1999-2005) und „The L Word“ (2004-2009).

In der Tradition dieser Werke lässt sich die Tragikomödie Mascarpone von Alessandro Guida und Matteo Pilati einordnen. Das Drehbuch, das von dem Regie-Duo gemeinsam mit Giuseppe Paternò Raddusa verfasst wurde, bringt ein Karussell des schwulen Liebens und Begehrens in Bewegung, während die Inszenierung das kosmopolitische Rom und den Chic moderner Apartments feiert. Alle Figuren, die hier ein und aus gehen, sind unfassbar attraktiv und gewitzt. Dennoch ist der Film mehr als ein Hochglanzkatalog in bewegten Bildern, da zwischen dem Protagonisten und seinem Umfeld tatsächlich spürbare Gefühle entstehen.

Der Plot beginnt damit, dass das Leben des 30-jährigen Antonio (Giancarlo Commare) aus den Fugen gerät. Schon sehr früh hatte er mit Lorenzo (Carlo Calderone) den vermeintlich perfekten Mann gefunden – aber nach zwölf Ehejahren ist plötzlich Schluss. Antonio versucht sich zunächst einzureden, dass die Trennung gewiss nur vorübergehend ist. Er bezieht ein Zimmer bei dem hedonistischen Denis (Eduardo Valdarnini) und geht beruflich neue Wege: Seiner Leidenschaft für das Backen folgend, nimmt er einen Job in der Bäckerei von Luca (Gianmarco Saurino) an und beginnt eine Ausbildung zum Konditor. Statt sich in eine neue Beziehung zu stürzen, will er die Vorzüge des Online-Datings genießen. Doch dann lernt er den Mailänder Fotografen Thomas (Lorenzo Adorni) kennen.

Wir erleben mit, wie Antonio noch immer von einer Versöhnung mit Lorenzo träumt. Wir fühlen die sexuelle Spannung zwischen Antonio und Denis sowie das Knistern zwischen Antonio und Luca. Wir begleiten Antonio auf etliche Dates, die mal aus schnellem Sex bestehen und mal das Potenzial für mehr erkennen lassen. Und wir begeben uns mit Antonio und Thomas in romantische Gefilde. Das Ganze ist herrlich polyamourös. Es geht in Mascarpone nicht zwangsläufig um die einzig wahre, große Liebe, sondern um die vielen Möglichkeiten zu lieben. Der Film erinnert in seiner Zeichnung moderat narzisstischer, junger Menschen an einige Werke des Frankokanadiers Xavier Dolan (insbesondere an Herzensbrecher und Matthias & Maxime), ist in seiner Tonart allerdings insgesamt weniger melancholisch. Eine erotisch aufgeladene Essensschlacht in Zeitlupe zwischen Antonio, Luca und Denis könnte jedoch direkt von Dolan stammen – und auch Antonios schlagfertige beste Freundin Cristina (Michela Giraud) würde wunderbar in dessen Hipster-Kosmos passen. Ebenso ist der Einsatz von Musik ähnlich versiert.

Wenn der Film im letzten Drittel doch noch traurige, melodramatische Klänge ins Spiel bringt, ist das nicht ganz so überzeugend wie die Leichtigkeit, die das Regie-Gespann so zauberhaft zu vermitteln vermag. Es ist eine unterschätzte Kunst, gut gelauntes Kino zu machen, ohne dabei oberflächlich und belanglos zu wirken. Genau dies gelingt Mascarpone jedoch über weite Strecken hervorragend: Der Film wirft einen liebenswert-verliebten Blick auf Menschen, die sich lieben – in allen Facetten, die die Liebe so hergibt.

Mascarpone (2021)

Antonio ist ein 30-jähriger Familienmensch, dessen Leben eine unerwartete Wendung nimmt, als er plötzlich von seinem Mann verlassen wird, von dem er sowohl psychisch als auch wirtschaftlich abhängig ist: Er muss eine neue Bleibe, einen Job und einen neuen Lebensinhalt finden. Antonio findet ein Zimmer in einer Wohnung von Denis, startet eine Konditorenausbildung und beginnt in der Bäckerei von Luca zu arbeiten. Dadurch erkennt er bald, dass es falsch von ihm war, seine Unabhängigkeit für seine Beziehung in der Vergangenheit aufzugeben. (Quelle: Cinemien)

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