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In „Joy Ride – The Trip“ schickt Adele Lim eine vierköpfige Gruppe junger asiatisch-stämmiger Frauen auf eine temporeiche Reise.

Joy Ride - The Trip (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Different Friends

Das männlich dominierte Subgenre der derben Roadmovie-Komödie, das durch „Hangover“ (2009) eine neue Blütezeit erlebte, wurde durch den Hit „Brautalarm“ (2011) bereits erfolgreich von weiblichen Reisenden gekapert – und spätestens durch „Girls Trip“ (2017) auch von nicht-weißen Figuren erobert. In „Joy Ride – The Trip“ steht nun eine Gruppe von Frauen mit asiatischen Wurzeln im Zentrum. Regie führt (erstmals) Adele Lim, die insbesondere als Co-Autorin der RomCom „Crazy Rich“ (2018) schon Aufmerksamkeit erregen konnte. Als Produzenten sind zudem Seth Rogen und Evan Goldberg („Superbad“) beteiligt.

Es beginnt an einem Ort mit dem bezeichnenden Namen White Hills. Ende der 1990er Jahre ziehen die einst aus China emigrierten Eltern der kleinen Lolo von Kalifornien nach Washington in besagtes Wohnviertel in Seattle, wo alle Menschen weiß zu sein scheinen – „wie bei Friends“, bemerkt Lolos Mutter. Doch dann wird die Familie von einem Paar angesprochen, das ein asiatisch-stämmiges Mädchen adoptiert hat. Lolo und Audrey werden beste Freundinnen, entwickeln sich im Laufe der Schulzeit allerdings sehr unterschiedlich.

Während aus der ehrgeizigen Audrey (Ashley Park) eine Anwältin wird, die sich in einer Kanzlei unter vielen weißen Männern behauptet, widmet sich Lolo (Sherry Cola) ihrer sexpositiven Kunst und lebt in Audreys Garage. Als Audrey eine Geschäftsreise nach Peking unternehmen soll, um dort einen chinesischen Geschäftspartner für die Kanzlei zu gewinnen, nimmt sie Lolo als Dolmetscherin mit. Ebenfalls dabei ist Lolos nerdige Cousine Deadeye (Sabrina Wu); vor Ort schließt sich noch Audreys College-Mitbewohnerin Kat (Stephanie Hsu) an, die sich inzwischen in China als Schauspielerin etabliert hat.

In vielen Momenten gelingt es dem Film, die bekannten Standardsituationen und Klischees durch den bis dato noch deutlich unterrepräsentierten Blickwinkel zu variieren und daraus tatsächlich neue, überraschende Gags zu erzeugen. Grundlage dafür ist häufig, dass Audrey, die von weißen (Adoptiv-)Eltern in einem überwiegend weißen Umfeld erzogen wurde, mit ihrem eigenen (Alltags-)Rassismus konfrontiert wird. Wenn sie sich etwa im Zug in China dafür entscheidet, sich in das Abteil mit der einzigen weißen Person – einer vermeintlich unscheinbar-nett wirkenden blonden Frau – zu setzen, hat das alsbald Konsequenzen, die Joy Ride mit einer hochtourigen Sequenz genüsslich auskostet.

Zuweilen opfert der Film aber auch jede Stimmigkeit, um zur nächsten Zuspitzung zu kommen. Dass sich Kat vor ihrem religiösen Partner Clarence (Desmond Chiam) und vor der Öffentlichkeit als keusche Person inszeniert und damit ihre wilde Vergangenheit leugnet, wird uns ebenso mit dem Holzhammer beigebracht wie ein erwartbarer Konflikt zwischen Audrey und Lolo, der die Harmonie und Freundschaft zu belasten droht.

Stark ist Joy Ride immer dann, wenn er sich auf die Dynamik innerhalb der Clique konzentriert – und wenn er auf clevere Weise stille, nachdenkliche Töne einarbeitet, die sich mit Audreys Identität befassen. Ashley Park und ihre drei Co-Stars können sowohl in den chaotischen als auch den ruhigeren Passagen überzeugen. Das Werk nimmt seine Figuren bei aller Alberei und trotz einiger dramaturgischer Schwächen ernst – weshalb das angedeutete Fortsetzungspotenzial gerne ausgeschöpft werden darf.

Joy Ride - The Trip (2023)

Joy Ride ist eine witzige und unverblümt explizite Geschichte über Identität und Selbstfindung, in deren Mittelpunkt vier ungleiche Freunde stehen, die sich auf ein einmaliges internationales Abenteuer einlassen. Als Audreys Geschäftsreise nach Asien aus dem Ruder läuft, holt sie sich die Hilfe von Lolo, ihrer respektlosen besten Freundin aus Kindertagen, die zufällig auch ein heisses Pflaster ist, Kat, ihrer College-Freundin, die zum chinesischen Soap-Star wurde, und Deadeye, Lolos exzentrischer Cousine. Ihre unverblümte, epische Erfahrung wird zu einer Reise der Verbundenheit, Freundschaft, Zugehörigkeit und wilden Ausschweifungen, die die universelle Wahrheit darüber offenbart, was es bedeutet, zu wissen und zu lieben, wer man ist.

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