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Heikos Welt ist grundentspannt: Ein Kneipenfilm um Kneipensprüche und Kneipendarts mit Protagonisten, die völlig mit dem Ambiente der kleinen Kiezkaschemmen verwachsen sind. Ein großes Vergnügen.

Heikos Welt (2021)

Eine Filmkritik von Harald Mühlbeyer

Darts, Bier und Mutterliebe

Das Bier steht schon am Tresen, wenn Heiko (Martin Rohde) eintritt. Wie jeden Abend. Die Kneipenkumpels sind auch schon versammelt. Und Heiko packt aus: Armbanduhren, 1A-Ware aus Frankreich, hat er sich mit Tesa um den Bauch gebunden, hat denn keiner Interesse? Witwenrente der Mutter (Heike Hanold-Lynch), Heikos Hartz IV, dazu das Zeug von Tscherny (Hans-Jürgen Alf), das er vertickt – das reicht zum Leben und zum Trinken.

Dumm nur, dass die Mutter Vanille aufs Mettbrötchen streut, und dumm, dass die Kaffeedose neben der Topfplanze steht: Die Augen machen nicht mehr mit, der Augenarzt rät zur Hornhauttransplantation. „Wir wollen die Augen von der Leiche!“ – Heiko ist zielstrebig, nur kostet das ne Menge. Und die Jungs in der Kaschemme, die haben keinen Stil, wenn sie seine Uhren abweisen! Sogar der Toni hinten an der Dartscheibe, mit seinem Handschuh an der Wurfhand – sogar den kann Heiko in die Tasche stecken, locker! Er wettet, jawohl: Alle Gläser am Tisch aussaufen, dann ein Wurf – und das wird mehr, als was Toni trifft. Der wirft eine 1. Heiko wirft die Doppel-1.

Am nächsten Tag ist Heiko schon sowas wie eine Kneipenlegende. Und er macht was draus. Er übt. Sprich: Er trinkt. Denn Trinken geht über Trainieren: Der Pegel muss stimmen mit Bier und Futschi. Zwischendurch auch mal ’ne Sinalco. Und dann die anderen Kneipen-Dartler abzocken: Erstmal einen auf dicke Hose machen, Sprüche raushauen, dann verlieren. Dann doppelter Einsatz. Dann gewinnen. Geht natürlich nur einmal pro Gegner (darunter auch per Cameo Franz Rogowski), aber es muss reichen bis zum Kneipendart-Turnier am Sonntag, Hauptpreis: 5.000 Euro. Der Trick klappt aber nicht bei dieser jungen Rothaarigen namens Jadefuchs (Leyla Roy). Denn die zockt Heiko locker ab. Sie ist einfach besser.

Heikos Welt: Das sind die Berliner Eckkneipen, schmierig, verschwitzt, urgemütlich. Dort trifft man sich, dort reißt man Sprüche, dort ist man zuhause – außer, dass man vielleicht auch noch bei Muttern wohnt. Dominik Galizia geht hinein in diese Kneipen, und er bannt ihren Flair auf die Leinwand. Mit geradezu unheimlicher Echtheit: Das geht bis zum leichten Barjazz auf dem Soundtrack, der immer mal wieder von Synthesizer-Popklängen getränkt wird. Und es beginnt natürlich bei den Darstellern: Die nämlich fügen ihre Charaktere lebendig ein in dieses Kaschemmen-Milieu, in Bewegung, Sprache, Redenschwingen und Gläserstemmen. Und sie fühlen sich offensichtlich wohl in ihren Rollen: Ein Stück ihrer selbst scheint auf, und vielleicht ist dieses Stück gar nicht so klein. Heikos Welt ist ein beglückendes Erlebnis. Man wird völlig umfangen von diesem Film, der einen einfach einlädt, sich mal dazuzusetzen – er ist damit vollumfänglich ein Kneipenfilm, sehr witzig, locker und lässig, urgemütlich und nie langweilig. 

Heiko hat also Jadefuchs getroffen. Sie willigt ein, am Kneipendartsturnier nicht teilzunehmen, wenn er ihr hilft. Sie weiß nämlich genau, was sie will: Eine Flasche. Nämlich aus der Wohnung von – wir verraten es nicht, sagen nur: einem Gaststar des Films. Mit Jadefuchs kommen so etwas wie romantische Gefühle in den Film – nicht unbedingt in echt, aber in der Vorstellung von Heikos Mutter, die schon von Hochzeit und Enkelkindern träumt. Während sie im Übrigen hin- und hergerissen ist, ob sie wirklich in einer Laser-OP die Augen eines Toten eingesetzt bekommen möchte. Heiko hängt derweil mit Jadefuchs ab; und sein Leben – und der Film – ist plötzlich angefüllt von Überraschungen und Wendungen, ganz ungeahnt. 

Und auch das macht die Qualität von Galizias Film aus: Das Timing ist perfekt. Denn eigentlich ist Heikos Welt wunderbar entspannt, wie ein Kneipenabend halt. Es passiert wenig, aber das, was passiert, ist total super. Und dann bringt Galizia immer wieder sowas wie Erschütterungen rein, die dann Folgen haben – oder auch nicht: Und so kann der Film auch plötzlich in ein Heist-Movie um Planung und Durchführung eines Einbruchs werden, ohne dass es einen Bruch gäbe. Weil halt alles doch wieder eingefangen wird von der Grundentspanntheit, die Heiko und seine Welt durchziehen. Was passiert, passiert, und irgendwie hat keiner darauf abgezielt – es ist ungefähr so, wie Heiko mit seinen Pfeilen immer trifft. Man weiß nicht, wie, aber man weiß, dass…

Heikos Welt (2021)

Um seine Mutter, der Blindheit droht, zu retten, versucht ein Sohn nahezu alles-  und das ist vor allem Bier trinken und Darts spielen. 

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Meinungen

Herbert · 30.05.2022

Was ist das denn für eine "Kritik"?
Wir waren gestern in dem Film, das ganze Kino, hauptsächlich sogar Fans von Heiko,
war zutiefst enttäuscht. Soetwas seichtes haben wir selten erlebt. null sterne