Log Line

Hauptdarstellerin, Regisseurin, Drehbuchautorin: Simone Geißler vereint alle drei Funktionen auf sich, erzählt aber selbst für 80 Minuten Laufzeit zu wenig, um ihr Thema als Thriller zu etablieren.

Haus der Stille (2023)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

Leider kein Haus der Spannung

Manchmal hat eine kleine Idee durchaus das Potenzial für eine große Geschichte. Allerdings müssen Kreative dabei immer im Auge behalten, dass sich aus sehr überschaubaren Szenarien in aller Regel keine grundlegend neuen Storys ziehen lassen. Stattdessen muss man mit Wiederholungen und Variationen von bereits bekannten Plots rechnen. Das ist nicht schlimm, wenn dafür die Inszenierung oder die Erzählweise originell genug sind, um das Publikum zu interessieren. Herrscht dort aber weitgehend Fehlanzeige, fällt schnell auf, dass eine Story nicht sonderlich neu ist. Das Problem hat auch „Haus der Stille“ mit der Grundidee einer Frau allein in einem abgelegenen Haus. Denn etwas Neues erzählt der Film zu diesem Thema nicht.

Die Autorin Sorel (Simone Geißler) zieht sich für ihr neues Buch in ein angemietetes Haus irgendwo in der Provinz zurück, um in Ruhe arbeiten zu können. Dort will sie ihre Erlebnisse mit ihrem Ex-Freund verarbeiten, der sie misshandelt hat, was auch im neuen Roman eine Rolle spielen soll. Doch bald schon wird Sorel misstrauisch. Der Wagen springt plötzlich nicht an, Dinge stehen morgens nicht da, wo sie am Vortag noch waren. Langsam wächst in Sorel der Verdacht, dass sie von jemandem beobachtet und manipuliert wird. Und dieser Jemand scheint sie sehr gut zu kennen. Ist ihr ehemaliger Freund in ihr Leben zurückgekehrt? Sorel beginnt damit, Untersuchungen anzustellen.

Film sollte sich mit aktuellen und zeitlosen Problemen der Gesellschaft beschäftigen, darüber dürfte allgemeiner Konsens herrschen. Allerdings darf das dann gern auch in einer Form passieren, die dem Thema angemessen ist. Das gelingt Haus der Stille leider nicht. Dazu ist die Arbeit von Simone Geißler als Hauptdarstellerin, Drehbuchautorin und Regisseurin dann doch deutlich zu plakativ und flach ausgefallen. So sind die Szenen, in denen sich Sorel an eine Wanderung mit ihrem Freund erinnert, eher eine Persiflage als eine ernstzunehmende Darstellung toxischer Männlichkeit. Insgesamt wird das wichtige Thema Gewalt in Beziehungen zwar als Aufhänger genutzt, echte Aussagen dazu liefert der Film aber nicht.

Und auch offenbar gewünschte, stetig steigende Spannung will sich einfach nicht einstellen. Dazu sind die Szenen schlicht nicht bedrohlich oder beunruhigend genug. Haus der Stille will ein Thriller sein, schafft das aber in keinem Moment. Denn viel zu schnell legt Geißler die Karten auf den Tisch, gibt deutliche Hinweise auf die wahre Geschichte. Bereits nach 30 Minuten wissen Thrillerfans ziemlich sicher, wohin hier der Hase läuft. Spätestens dann ist die Spannung endgültig dahin. Zwar gibt sich Geißler alle Mühe, ihren Charakter nicht nur einigermaßen emotional, sondern auch vielschichtig anzulegen, das scheitert aber schon an den wenigen Möglichkeiten, die das Drehbuch dafür bietet. Denn so klischeehaft und im Finale übertrieben, bleibt vom sicher gutgemeinten Thema wenig übrig.

Auch das Spiel mit Schein und Sein, die Hauptfigur als unsichere Erzählerin einzuführen, zeigt nur wenig Wirkung, da die Story ihre Geheimnisse zu schnell preisgibt, um danach noch damit punkten zu können. Es ist absolut ehrenwert, die Belastung zeigen zu wollen, die eine so toxische Beziehung für Frauen mitbringt und dass sich solche Erlebnisse auch lange nachwirken. Aber die Umsetzung sollte dabei eben auch passen. Neben Geißler wirken die anderen Schauspieler:innen meist hölzern, die Entwicklung der Hauptfigur holpert eher, als dass sie glaubwürdig bleibt und echte Anteilnahme am Schicksal der Schriftstellerin kommt auch nur selten auf. Vielleicht wäre eine Dokumentation statt eines fiktionalen Films für die Botschaft doch die bessere Wahl gewesen. Denn ein fiktionaler Film sollte dann auch packen — und genau das tut Haus der Stille leider nie. Es bleibt der Versuch Geißlers, hier auf ein wichtiges Thema aufmerksam zu machen, der zu begrüßen ist, allerdings hier durch die mäßige Umsetzung nur selten ins Ziel trifft.

Haus der Stille (2023)

Eine Autorin hat sich in ein abgeschiedenes Anwesen in der Lüneburger Heide zurückgezogen, um ihren neuen Roman zu schreiben, der auf autobiografischen, traumatischen Erlebnissen beruht. Zunehmend kommt es zu merkwürdigen Zwischenfällen und bald ist klar, dass sie von einem Mann gestalkt wird. Er scheint sich bestens in ihren Erinnerungen auszukennen und treibt sie an den Rand ihrer physischen und psychischen Grenzen. Wie weit wird sie am Ende gehen, um sich aus dem Terror zu befreien?

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen