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In „Ein schöner Ort“ zeigt Katharina Huber ein Dorf in Endzeitstimmung – und fängt das Gefühl der Beklemmung ein.

Ein schöner Ort (2023)

Eine Filmkritik von Andreas Köhnemann

Alles wird enden – vielleicht.

Dystopische Erzählungen hat es im Kino, oft auf Basis literarischer Vorlagen, schon immer gegeben. Vor allem seit den 1980er Jahren, durch den großen Erfolg von James Camerons „Terminator“ (1984), wird beim Blick in die düstere Zukunft die Action deutlich stärker betont. Häufig werden wir bei den apokalyptischen Welten, die uns präsentiert werden, gleich zu Beginn mit dem erschütternden Endergebnis einer negativen Entwicklung konfrontiert. Der Tod etlicher Menschen, der Zusammenbruch von Ökosystemen – all das ist in diesen Fällen bereits vor Handlungsanfang passiert. Wie es zu den finsteren, meist lebensfeindlichen Zuständen kam, wird dann lediglich zu Beginn in Texteinblendungen oder uneleganten Wortwechseln zwischen den Figuren erläutert.

Auch Ein schöner Ort, das Langfilmdebüt der 1985 geborenen Drehbuchautorin und Regisseurin Katharina Huber, ist trotz des optimistisch klingenden Titels im weitesten Sinne eine Endzeitgeschichte. Auf Krawall und Bombast setzt das Werk allerdings nicht. Ebenso wirft es uns nicht in einen (semi-)finalen Zustand, in dem das große Unheil schon stattgefunden hat und durch erklärende Texte oder Dialoge etabliert werden muss, um den Plot zu starten. Stattdessen zeigt uns Huber ein zeitlos-diffuses Unbehagen über Veränderungen, die sich noch nicht gänzlich vollzogen haben. Sie vermittelt eine Ahnung, dass irgendwie nichts mehr so richtig stimmt – und dass bald alles anders, womöglich aber auch einfach vorbei sein wird.

Wir befinden uns in einem Dorf, umgeben von Wäldern. Hier leben die Protagonistinnen Güte (Clara Schwinning) und Margarita (Céline de Gennaro) mit einer kleinen Gemeinschaft von Leuten. Zunächst lässt sich vermuten, der Film sei in der Vergangenheit angesiedelt. Die Einrichtung der Zimmer und die Kleidung der Bewohner:innen wirken altmodisch, die technische Ausstattung erscheint überholt. Aus Radiogeräten sprechen englische Stimmen indes unter anderem von einer Rakete, die die Menschen an den Rand des Sonnensystems befördern soll. Auch wenn sich die Dorfleute in der Runde Zeitungsmeldungen vorlesen, mutet der Inhalt eher futuristisch beziehungsweise dystopisch an.

Die Kapitel, in die das Werk unterteilt ist, gehen von zehn bis eins – wie ein Countdown, angefangen mit „Schlechte Nachrichten“. Immer wieder ist von verschwundenen Menschen die Rede. Was ist mit ihnen geschehen? Und sollen Güte, Margarita und die anderen einfach warten, bis sie eventuell ebenfalls verschwinden? Sollen sie ihre Hoffnung in besagte Fahrt ins All setzen? Oder lieber selbst aktiv werden?

Der Film zieht aus diesen Fragen und aus dieser Ungewissheit erstaunlich viel Spannung. Er ist ein reizvolles Experiment, das sich nicht mit narrativen Formeln aufhält, sondern Menschen beobachtet, die nicht wissen, wie sie auf die wachsenden Bedrohungen um sie herum reagieren sollen, weil sie sich völlig machtlos fühlen. Damit ist Ein schöner Ort bei aller Abstraktion leider verdammt nah dran an unserer Gegenwart.

(Gesehen im Rahmen des Transit Filmfests 2023)

Ein schöner Ort (2023)

Die Handlung spielt sich auf dem Land ab, irgendwo verloren in Zeit und Raum. Margarita und Güte wundern sich über das Verschwinden der Leute, die Hühner sind suspekt, die Geschäfte undurchsichtig und die Beziehungen fragwürdig. Zur gleichen Zeit schickt das Radio Botschaften und die Welt bereitet sich auf den Start des ersten Raumschiffs vor, das die Menschen an den Rand des Sonnensystems bringen soll.

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