Wir waren niemals hier

MUTTER-Liebe

Seit 18 Jahren existiert die Band MUTTER bereits, und sie hat sich mit ihrer Musik, die zwischen brutaler Härte und sehr leisen und flüchtigen Momenten der Stille oszilliert, eine kleine, aber feine Fanschar und massenhaft Kritikerlob erspielt. Für den großen Durchbruch allerdings hat es nie so ganz gereicht, denn anders als Bands wie Rammstein, deren Musik mitunter ähnlich klingt, ist MUTTER kein festgelegtes, stereotypes Rollenmodell, sondern ein Spiel mit Identitäten, Rollen und Posen, die so ambivalent sind wie das Leben selbst. Und zugleich bleiben sie nicht wie viele Brachialrocker im dumpf-braun brodelnden Untergrund stecken, sondern sind immer wieder unbequem politisch und auf gerade zu unmoderne Weise „links“ von der „neuen Mitte“ angesiedelt, deren Mediokrität kennzeichnend für die Berliner Republik ist. Derart komplexe Spiele sieht die Musikbranche nicht gern, einfache Formeln und klare Identitäten lassen sich eben immer noch besser vermarkten.
Die Karriere von MUTTER begann nach einem kurzen Vorspiel bei der Band Camping Sex im Jahr des Mauerfalls 1989, als die Band ihr Debütalbum Ich schäme mich Gedanken zu haben die andere Menschen in ihrer Würde verletzen beim Label Die tödliche Doris veröffentlichten. Die Platte fand allerdings wenig Beachtung, erst im Zuge der Hamburger Schule erspielte sich MUTTER einen gewissen Bekanntheitsgrad und wurde schließlich zur „unberechenbarsten aller Diskurspopbands“ (NZZ). Das 1994 veröffentlichte Album Hauptsache Musik wurde mit seinen eher ruhig gehaltenen Balladen die erfolgreichste Veröffentlichung, während die zwei Jahre später herausgebrachte Scheibe mit dem Namen Nazionali einen kleinen Pseudo-Skandal auslöste, da man den Namen als politisches Statement verstand. Gemeint war allerdings der Name einer italienischen Zigarettenmarke. Nach dem Bruch mit dem eigenen Management wurde es ab 1997 ruhiger um MUTTER, die erst vier Jahre später eine neue Platte veröffentlichten, mit dem sinnigen Titel Europa gegen Amerika. 2004 schließlich folgte als bislang letztes Werk das Album CD des Monats.

Antonia Ganz hat die Musiker von MUTTER auf ihrer Tournee durch Deutschland und die Schweiz begleitet, hat Weggefährten befragt, den Geschichten und seltsamen Biographien aus dem Underground nachgespürt und daraus eine Dokumentation geformt, die nicht nur ein musikalisches Phänomen, sondern das gesamte Leben in der Subkultur und damit auch einen Ausschnitt der Gesamtgesellschaft der letzten 18 Jahre beschreibt. Zu Wort kommen unter anderem Schorsch Kamerun, der Pop-Diskurs-Papst Diederich Diedrichsen und der „Skandalfilmer“ Jörg Buttgereit (Nekromantik, Schramm). Einsamer und bezeichnender Höhepunkt des Films ist der (echte und nicht geplante) Ausstieg des Gitarristen Frank Behnke vor laufender Kamera – typisch MUTTER, möchte man meinen. Entstanden ist ein Film, der es mittels sehr verschiedener Stimmen und Blickwinkel versteht, das Wesen einer Band wie MUTTER auf den Punkt zu bringen, ohne sich in platter Heldenverehrung zu verlieren – wozu allerdings MUTTER eh wenig taugt. That’s underground, Baby!

Wir waren niemals hier

Seit 18 Jahren existiert die Band MUTTER bereits, und sie hat sich mit ihrer Musik, die zwischen brutaler Härte und sehr leisen und flüchtigen Momenten der Stille oszilliert, eine kleine, aber feine Fanschar und massenhaft Kritikerlob erspielt.
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Meinungen

Niels Ladda · 13.11.2005

Ein großartiger Film. Ich mag eigentlich keine Banddokus, aber bei Mutter muss man einfach eine Ausnahme. Deutsche Musikgeschichte exzellent gezeigt; Krach und Destruktion im charmantem Easy-Listeninggewand. Jeder der Musik liebt, sollte diesen Film gesehen haben.