Eat Drink Man Woman (1994)

Eine Filmkritik von Marie Anderson

Jede Menge köstliches Futter

So sehr es sich auch über die elementaren Komponenten des Lebens streiten lässt, so stellen Essen und Trinken sowie Mann und Frau doch unangefochtene Grundkategorien dar, ohne die das Dasein sich nicht behaupten kann. Diesen schlichten, doch essentiellen Aspekten und ihren kulinarischen wie zwischenmenschlichen Verflechtungen widmet sich die taiwanesisch-US-amerikanische Koproduktion Eat Drink Man Woman / Yin shi nan nu gleichermaßen anrührend, sinnlich und humorvoll mit einem liebevollen, doch auch kritischen Blick auf familiäre Bindungen in Bezug auf die zunehmenden gesellschaftlichen Individualisierungstendenzen.

Auch wenn sie bereits erwachsen sind und fest im Berufsleben stehen, leben die drei Schwestern Jia-Chien (Chien-Lien Wu), Jia-Jen (Kuei-Mei Yang) und Jia-Ning (Yu-Wen Wang) noch bei ihrem Vater Chu (Sihung Lung), einem passionierten Kochkünstler, der sich vor allem um ihre Ernährung fürsorglich und vorzüglichst kümmert und jeden Sonntag ein opulentes Familienessen einberuft. Diese obligatorische Veranstaltung, die für den Vater ein immens wichtiges, unantastbares Ritual bedeutet, stößt bei den Frauen zunehmend auf wenig Begeisterung, die im Begriff sind, sich von der Enge des Familienalltags zu lösen, zumal sich feste Beziehungen zu Männern abzeichnen. Doch es erscheint nicht leicht, dem strengen Witwer Chu die Distanz zum elterlichen Haus abzuringen, ohne den engagierten Vater in ihm zu verletzen. Aufzuhalten sind diese natürlichen Entwicklungen jedoch nicht mehr, und bei allen damit verbundenen Turbulenzen zeigt sich erst allmählich, dass auch Chu noch zu drastischen Veränderungen bereit ist und auch jenseits seiner Familienbande ein eigenes Leben führt, das ihm keine seiner Töchter zugetraut hätte …

Betrachtet man den flinken, professionellen Koch zu Beginn des Films dabei, wie er ein variantenreiches Festmahl zubereitet, so steht dabei außer Zweifel, dass dieses für ganz besondere Gäste kreiert wird. Dass es sich bei diesen um seine Töchter handelt, die ohnehin noch zu Hause wohnen, mutet zunächst überraschend und ungewöhnlich an, doch im Laufe der Handlung erschließt sich die ungeheuer starke Verbindung des täglichen und wöchentlichen Essens mit den menschlichen Beziehungen, das neben Leib und Seele auch die Strukturen der Familie aufrechterhält. Chu, der seiner Enkelin das Einheitsfutter in der Schule durch täglich persönlich zubereitete und gelieferte Spezialitäten ersetzt, erscheint als ein Botschafter der frischen, exzellenten Kost in allen Lebenslagen – ein Anspruch, der die Konzentration auf die häufig in Vergessenheit geratenen grundlegenden Qualitäten des Alltags richtet. Doch gleichzeitig rückt immer deutlicher der Umstand in den Fokus, dass es neben Essen und Trinken auch noch Männer und Frauen gibt, deren Annäherungen ebenfalls mit kulinarischen Aspekten verknüpft sind, so dass die Thematik wieder als untrennbar verwoben zusammentrifft.

Eat Drink Man Woman / Yin shi nan nu gehört zu jenen Filmen, die es vermögen, ihr Publikum mit bzw. trotz der detaillierten Schilderung alltäglicher Verrichtungen und Verhältnisse gut zu unterhalten und zusätzlich für ein gesellschaftliches Phänomen des Zeitgeists und seine unterschiedlichen Werte und Perspektiven zu sensibilisieren – und dabei einen differenzierten Appetit und ebensolche Entwürfe für einen baldigen, ausführlichen Festschmaus hervorzurufen, möglicherweise im Kreise der Familie.
 

Eat Drink Man Woman (1994)

So sehr es sich auch über die elementaren Komponenten des Lebens streiten lässt, so stellen Essen und Trinken sowie Mann und Frau doch unangefochtene Grundkategorien dar, ohne die das Dasein sich nicht behaupten kann.

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