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Die Mörderpuppe ist zurück! Lars Klevberg verpasst einem schrägen Horrorfilm von 1988 einen Neuanstrich und greift dabei die Gefahren unseres zunehmend technisierten Alltags auf. Kann er Spannung und Gesellschaftskritik sinnvoll verbinden?

Child's Play (2019)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Alles für die Freundschaft

Wenig begeistert zeigte sich Don Mancini darüber, dass die von ihm erdachte Horrorpuppe Chucky, die seit 1988 in sieben Filmen ihr Unwesen trieb, eine Neuinterpretation unter der Regie von Lars Klevberg (Polaroid) erhalten würde. Child’s Play, so der Name des Remakes vom hierzulande unter dem Titel Chucky – Die Mörderpuppe bekannten Ursprungsfilm, entstand ohne Mitwirkung des ursprünglichen Schöpfers und gibt der aus dem Kinderzimmer stammenden Schreckgestalt einen betont modernen Anstrich. Trotz einiger reizvoller Ideen bietet die makabre Horrorkomödie aber nicht mehr als Genredurchschnittskost.

Zum Einstieg entführen uns Klevberg und Drehbuchautor Tyler Burton Smith in einen Werbebeitrag der global agierenden Kaslan Corporation. Angepriesen wird die High-Tech-Puppe Buddi, die zu einem echten Weggefährten für Kinder avancieren soll, von ihrer Umgebung lernen und sich mit anderen Produkten des Unternehmens drahtlos verbinden kann. Ein Spielzeug mit Smart-Home-Qualitäten, das weltweit Begeisterungsstürme auslöst. Weniger euphorisch geben sich die schlecht bezahlten Arbeiter, die die Buddi-Figuren unter ständigem Druck zusammenzimmern müssen. Als in einer Fabrik in Vietnam ein Angestellter von seinem Vorgesetzten beschimpft und gefeuert wird, rächt sich der Entlassene vor seinem Selbstmord, indem er bei einer Puppe sämtliche Sicherheitsprotokolle deaktiviert.

Eben dieses Produkt landet auf Umwegen in den Händen des 13-jährigen, hörgeschädigten Andy (Gabriel Bateman), dessen Mutter Karen (Aubrey Plaza) ihn mit einem verfrühten Geburtstagsgeschenk überraschen will. Zunächst ist der einzelgängerische Junge skeptisch. Doch dann beschäftigt er sich eingehender mit der skurrilen Puppe (in der englischen Fassung gesprochen von Mark Hamill), die sich selbst den Namen Chucky gibt und mit ihrem neuen Besitzer ständig Spaß haben möchte. Dank seines raffinierten Spielzeugs knüpft der Außenseiter schon bald Kontakte zu anderen Jugendlichen in seinem Hochhaus und heckt mit ihnen kleine Puppenstreiche aus. Irgendwann zeigt sich allerdings, dass der auf Andy fixierte Chucky auch über Leichen geht, um seine Freundschaft zu dem Teenager zu festigen.

Wo im Original von 1988 noch der Geist eines Serienkillers Besitz von einer Puppe ergriff, sind es in der Neuverfilmung die Auswüchse des Kapitalismus, die das Böse in die Welt setzen. Ein netter Einfall, den das Drehbuch aber nicht zu einer rundum bissigen Bestandsaufnahme ausweitet. Zu einem späteren Zeitpunkt attackieren die Macher im Geiste von Horror-Papst George A. Romero zwar auch den menschlichen Konsumwahn, liefern jedoch eher Stichworte als eine scharfzüngig-durchdachte Kritik. Ähnliches gilt für den Blick auf die Gefahren der Technik, die den Alltag immer stärker dominiert. Mehrfach verteilt der Film kleine, markante Seitenhiebe – etwa dann, wenn eine Person von Chucky malträtiert wird, während die Kinder des Gepeinigten bloß auf ihre Handys konzentriert sind. Wiederholt lässt Child’s Play allerdings Potenzial ungenutzt am Wegesrand liegen.

An einer Stelle schauen Andy und seine neuen Freunde The Texas Chainsaw Massacre 2 und ihre sowohl als auch Chuckys Reaktionen auf den Film deuten eine Diskussion über die Wirkung von Gewaltdarstellungen an. Solchen spannenden Ideen steht aber leider ein Hang zu klischeehaften Versatzstücken gegenüber. Nicht nur einige Plot-Bausteine stammen direkt aus dem Setzkasten für Horrorwendungen. Auch manche Nebenfiguren – besonders ein lüsterner Hausmeister und Karens neuer Arschloch-Freund – sind derart überzeichnet, dass es einem gehörig auf die Nerven geht. Keinen großen Reiz haben ferner die 08/15-Gruseleffekte, mit denen Klevberg semi-erfolgreich versucht, eine unheimliche Stimmung aufzubauen. Größeren kreativen Willen demonstriert der Regisseur hingegen bei der makabren Gestaltung der alles andere als unblutigen Tötungsszenen. Child’s Play wartet mit einigen skurrilen Bösartigkeiten auf und hat ordentliche Puppeneffekte zu bieten. Verschleiern lässt sich dadurch freilich nicht, dass es mitunter an handfester Spannung und einer dichten Atmosphäre mangelt. Am gruseligsten ist fast noch das schlichte, aber beunruhigende Buddi-Lied, das an unterschiedlichen Stellen erklingt.

Child's Play (2019)

In der Neuauflage der populären Horrorsaga gibt eine Mutter ihrem Sohn eine Puppe als Spielzeug — doch die führt ein finsteres Eigenleben.

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