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Verfluchte Vintage-Technik! In Lars Klevbergs Langfilmdebüt, das einige Zeit auf Halde lag, bedroht eine geheimnisvolle Polaroid-Kamera eine Highschool-Clique. Bekommt man dabei mehr geboten als Grusel aus der Mottenkiste?

Polaroid (2017)

Eine Filmkritik von Christopher Diekhaus

Unterbelichtet

Den Enthüllungen rund um Hollywood-Mogul Harvey Weinstein, die ab Oktober 2017 ihre Kreise zogen, fiel unter anderem das Langfilmdebüt des Norwegers Lars Klevberg zum Opfer, der seinen eigenen Kurzfilm Polaroid zu einem abendfüllenden Horrorvergnügen ausbauen durfte. Da Weinsteins Firma durch die Berichte über seine sexuellen Übergriffe schnell in unruhiges Fahrwasser geriet und einer Insolvenz entgegenschipperte, verschwand der Gruselstreifen vorerst im Giftschrank und harrte dort bis zu einer Übertragung der Rechte aus. In Deutschland erblickt der übernatürliche Thriller nun das Licht der Welt und dürfte dem Zuschauer vor allem deshalb das Fürchten lehren, weil er erschreckend öde und uninspiriert daherkommt.

Im Mittelpunkt des lustlos abgewickelten Spuks steht – der Titel lässt es bereits erahnen – eine Polaroid-Kamera, die ein höchst gefährliches Eigenleben führt. In die Hände fällt das Sammlerstück der Highschool-Außenseiterin Bird Fitcher (Kathryn Prescott), die in ihrer Freizeit in einem Antiquitätenladen jobbt. Ihre anfängliche Begeisterung über den altmodischen Sofortbildapparat weicht allerdings blankem Entsetzen. Denn schnell wird klar, dass ein tödlicher Fluch auf dem angestaubten Gerät lastet und immer dann um sich greift, wenn Bird den Auslöser betätigt. Als sie auf einer Party einige Mitschüler ablichtet, nimmt das Unheil seinen Lauf.

Was als Kurzfilm funktioniert, kann als Langversion komplett danebengehen. Mit Polaroid tritt Klevberg – unfreiwillig – den Beweis für eben diese These an, die sich gerade im Horrorumfeld des Öfteren bestätigt. Aufgebläht auf knapp anderthalb Stunden entwickelt die Idee einer mörderischen Kamera leider keine große Sogkraft und wirkt vor allem wie ein plumper Abklatsch der Prämisse aus dem modernen Schauerklassiker Ring – Das Original. Die plötzlich um ihr Leben kämpfenden Protagonisten erweisen sich schon früh als stereotyp-farblose Zeitgenossen, woran auch die charakterlichen Pinselstriche im Falle Birds nichts ändern. Auf ihr Trauma weist das von Blair Butler (Hell Fest) verfasste Drehbuch zwar mehrfach hin. Sinnvoll eingebunden werden die Andeutungen jedoch nicht. Emotional berührend ist lediglich eine Szene, in der die junge Frau ihren Schmerz offen und schonungslos teilt.

Die ohne große Höhepunkte ablaufende Handlung reißt brisante Themen – etwa Mobbing und Missbrauch – an, verschenkt deren Potenzial aber an eine selten aufregende Geisterbahnfahrt, die bei der Ausgestaltung der Schocks in ihren besten Momenten routinemäßig ausfällt. Schon der Prolog, der die von der Vintage-Kamera ausgehende Gefahr bebildert, gibt die Richtung vor, indem er brav und artig diverse Gruselfilmklischees abhakt. Negativ ins Auge sticht neben den eher mauen Spezialeffekten auch die Tatsache, dass zahlreiche Passagen in Finsternis versinken. Durchdringende Dunkelheit allein ist noch lange kein Garant für eine unheimliche Atmosphäre und kann, wie in Polaroid, sogar das Desinteresse des Betrachters am Geschehen nachhaltig befeuern. Angesichts der vielen Unzulänglichkeiten ist es schon erstaunlich, dass Klevbergs Debütwerk tatsächlich einen deutschen Kinostart erhält. Deutlich besser aufgehoben wäre der Horror-Fehlschlag auf dem mit einfallsloser Dutzendware überschwemmten Blu-ray- und DVD-Markt.

Polaroid (2017)

Basierend auf seinem gleichnamigen Kurzfilm aus dem Jahre 2015 erzählt der norwegische Regisseur Lars Klevberg in „Polaroid“ von der einsamen Schülerin Bird Fitcher, die zufällig in den Besitz einer alten Sofortbildkamera gelangt und dabei nicht ahnt, welche dunklen Geheimnisse der Apparat in sich birgt. Denn alle Menschen, die zuvor damit fotografierten, kamen auf tragische Weise ums Leben …

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