Unter Deutschen Betten (2017)

Eine Filmkritik von Maria Engler

Nichts als Staubflusen

Eben noch Bestseller-Roman, jetzt schon Filmumsetzung mit deutschen Schauspielgrößen wie Veronica Ferres und Heiner Lauterbach – Unter deutschen Betten, ein Buch über die peinlichen Abgründe deutscher Oberschichtshaushalte aus Sicht einer polnischen Putzfrau mutiert zu einem Film über ein blondes, leicht gealtertes Schlagersternchen, das unvermittelt jeglichen Rückhalt verliert und zum Putzen gezwungen ist. Dabei wird der Zusammenhang zwischen diesen beiden Geschichten zugunsten der blonden Deutschen auf ein Minimum reduziert und zu einem komplett unerträglichen Film zusammengeschustert, der mit der Vorlage nichts mehr zu tun hat.

Die Tatsache, dass ein Mann, nämlich Holger Schlageter, unter dem Synonym Justyna Polanska die Geschichte polnischer Putzfrauen in Deutschland erzählt, die er aus erster Hand erfahren haben will und so auf Ausbeutung und Schwarzarbeit aufmerksam machen möchte, ist paradox – und fast schon bezeichnend für die filmische Umsetzung des Romans. Nachdem nun ein deutscher Mann die Geschichten einer polnischen Frau aufgeschrieben und gewinnbringend vermarktet hat, drängt sich im Film eine deutsche Frau in den Vordergrund und wird zur Protagonistin einer ebenso hirnrissigen wie anödenden Geschichte.

Die Schlagersängerin Linda Lehmann (Veronica Ferres) hatte in ihrer bisherigen Karriere einen einzigen Hit. Der Versuch eines großen Comebacks viele Jahre später scheitert kläglich und so verliert sie an einem einzigen Tag Karriere, ihren Partner Friedrich (Heiner Lauterbach), ihr Heim und ihren Lebensstandard. Um wieder auf die Beine zu kommen, braucht sie einen neuen Song und Zugang zum Tonstudio ihres Verflossenen. Letzteres bekommt sie durch einen Deal mit ihrer Putzfrau Justyna (Magdalena Boczarska), die im Gegenzug Hilfe bei ihrer Arbeit verlangt – für die verwöhnte Sängerin kein leichtes Unterfangen.

Die fragwürdige Anpassung der Perspektive ist das wohl größte Versäumnis von Unter deutschen Betten, hält der Film doch kaum, was der Titel verspricht. Anstatt der Befriedigung voyeuristischer Bedürfnisse und der letztendlichen Enträtselung des Alltags anderer Menschen, die wohl auf die jahrhundertealte menschliche Verzückung gegenüber Klatsch und Tratsch zurückzuführen wäre, serviert der Film eine wenig spannende Geschichte über eine gefallene Schlagersängerin. Dabei strotzt der Film vor Sexismus und Figuren, die ungefähr die charakterliche Tiefe eines Blattes Papier haben, und ist auch nervtötend inszeniert.

Linda Lehmann bedient nicht nur das Klischee der tollpatschigen Frau, die sich ständig selbst in unglückliche Situationen bringt, sondern sie wird außerdem permanent sexualisiert und gleichzeitig als zu alt und zu fett für ihren Beruf tituliert. So darf der Zuschauer dann entweder dem unendlich unspannenden Prozess ihrer Selbstfindung inklusive befreiendem Gewichtsverlust oder ausschweifenden Kamerafahrten über ihren Körper zusehen. Tiefpunkt dieser ärgerlichen Darstellung bildet die komplett in schwarzes Leder eingepackte Linda, die in der Hundeklappe feststeckt und schließlich von einem Hund gerammelt wird – es ist interessant, dass Veronica Ferres, die den Film mitproduziert hat, diese Darstellung von sich angemessen fand. Hinzu kommt das komplett aufgesetzte Schauspiel, das sich zwar zum Ende hin ein wenig normalisiert, aber doch nie den Grad des Erträglichen erreicht.

Neben der komplett vorhersehbaren und oftmals ins Kitschige abdriftenden Handlung, deren kolossal schrecklicher Höhepunkt der lang ersehnte Comeback-Auftritt mit jeder Menge abgedroschener Weisheiten und Kalendersprüchen bildet, strapaziert vor allem die Ästhetik des Films die Nerven. Den musikalischen Dreh- und Angelpunkt des Films bildet eine bis zum Ohrenbluten wiederholte Coverversion des Popklassikers Baby One More Time, die in jeder auch nur ansatzweise passenden Szene des Films Verwendung findet, meistens jedoch der Unterstreichung vermeintlicher Pointen dient. Hinzu kommen glatt polierte Bilder wie aus einem emotionsbetonten Werbespot und hektische Schnitte, die zu allem Überfluss mit Geräuscheffekten unterlegt sind, die aus Comedy-Formaten bekannt sind und hier dementsprechend fehl am Platz wirken. Nie war der Fluchtreflex im Kino so ausgeprägt wie beim Genuss von Unter deutschen Betten.
 

Unter Deutschen Betten (2017)

Eben noch Bestseller-Roman, jetzt schon Filmumsetzung mit deutschen Schauspielgrößen wie Veronica Ferres und Heiner Lauterbach – „Unter deutschen Betten“, ein Buch über die peinlichen Abgründe deutscher Oberschichtshaushalte aus Sicht einer polnischen Putzfrau mutiert zu einem Film über ein blondes, leicht gealtertes Schlagersternchen, das unvermittelt jeglichen Rückhalt verliert und zum Putzen gezwungen ist.

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