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Menschen gestalten den Planeten, schützen bedrohte Tierarten oder rotten sie aus. Dieser Dokumentarfilm fragt, wie sich der Mensch in seinen Beziehungen zum Tier spiegelt und was einen respektvollen Umgang ausmacht.

Menschen&Tiere (2023)

Eine Filmkritik von Bianka Piringer

Ausbeutung oder Partnerschaft

Am Artensterben und an der Massentierhaltung lässt sich erkennen, wie schlecht es um das Verhältnis des Menschen zur Tierwelt bestellt ist. In Deutschland überdenken gegenwärtig immer mehr Menschen ihre Einstellung zur Nutztierhaltung. Viele reduzieren ihren Fleischkonsum oder verzichten ganz darauf. Auch die Zahl derjenigen, die sich vegan ernähren und kleiden, weil sie die Verwendung tierischer Produkte komplett ablehnen, nimmt zu. Allgemein wächst offenbar das Bedürfnis, Tieren achtsam zu begegnen. Der Dokumentarfilmer Bernhard Koch („Stopping – Wie man die Welt anhält“) hat Leute besucht, die sich beruflich mit Tieren beschäftigen und Wert auf einen respektvollen Umgang legen.

Zu den Protagonisten, denen Koch über die Schulter schaut und die er sprechen lässt, zählt auch ein Metzger. Es sollen mit diesem Film offenbar nicht nur Veganer und Tierrechtler angesprochen werden, sondern Zuschauerkreise, die dem Querschnitt der Bevölkerung entsprechen. Karl-Heinz Grießhaber möchte, dass sich die Schweine bis zur letzten Lebensminute wohlfühlen. Der Metzger vermeidet Hektik und Lärm vor dem Schlachten sorgsam. Er spricht sehr nachdenklich über seine Tätigkeit und auch über die Belastung, die sie mit sich bringt. So schlachte er nicht täglich, um den Respekt vor dem Tier nicht zu verlieren. Er sieht die Massentierhaltung sehr kritisch und plädiert dafür, dass die Menschen weniger Fleisch essen. All das wirkt keineswegs aufgesetzt, sondern zeugt von Berufsethos. 

Koch interessiert sich auch für die spirituellen Aspekte der Beziehung zwischen Mensch und Tier. Der Priester und Zoologe Rainer Hagencord sagt, dass der Mensch für den Rest der Schöpfung eine besondere Verantwortung trage. Während einer Zooführung weist er die Besucher darauf hin, dass es viele dieser Tiere in freier Wildbahn bald nicht mehr geben werde. Er wünsche sich eine Ethik „mit dem Gesicht zum Tier“, statt mit dem Rücken zum Tier. Ein evangelischer Pfarrer hält Tiergottesdienste, zu denen Hunde mitgebracht werden können. Und ein Imker spricht mit seinen Bienen in ehrfürchtigem Ton und dankt ihnen, dass er von ihnen lernen darf.

Anja Beran, die Reitpferde ausbildet, redet von einer partnerschaftlichen Beziehung zwischen Mensch und Tier. Die Mitarbeiter des Wolfscience Center der Uni Wien, die das Verhalten von Wölfen und Hunden wissenschaftlich vergleichen, wissen, dass Wölfe zur Kooperation nicht gezwungen werden können. Wenn sie sich auf die Menschen und ihre Versuchsanordnungen einließen, dann nur freiwillig, erzählt eine Forscherin. Eine Hundetrainerin und eine Schäferin lässt Koch ebenfalls erzählen. Auch auf dem Erdlingshof, der ausrangierten, alten oder verletzten Nutztieren ein lebenslanges Refugium bietet, schaut sich der Filmemacher um. Hier gibt es rührende Szenen, wenn die vegan lebenden Betreiber ihre Tiere streicheln und erzählen, wie das Kalb mit der Beinprothese bei der Geburt sein Bein verlor. 

Bei einer so breitgefächerten Auswahl von Protagonisten – sowie von Tierarten, mit denen sie zu tun haben – können sicher viele Zuschauende etwas finden, das sie besonders interessiert. Nicht alle, die sich von der Kamera begleiten ließen, tragen aber auch Tiefschürfendes bei oder können ihre Aussagen genügend verdichten. Denn dafür fokussiert Koch seine Fragestellung zu wenig. Anscheinend sollen die Eindrücke, die er in der Reithalle, auf dem Lebenshof, beim Imker und an all den anderen Orten gewinnt, das Publikum vor allem zum Weiterdenken anregen. Eine sehr plausible Botschaft aber durchzieht den ganzen Film: Die Menschen sollten mehr über die Bedürfnisse der Tiere erfahren wollen, die sie halten, von deren Produkten sie sich ernähren, oder deren Lebensräume sie gefährden.

Menschen&Tiere (2023)

Alle Menschen lieben Tiere. Doch wie gehen wir eigentlich mit ihnen um? Respektieren wir ihre Lebensgrundlagen, sorgen wir dafür, dass sie ein gutes Leben führen können?

Der „Film Menschen&Tiere“ zeigt verschiedene Ansätze, wie respektvolle Beziehungen zwischen Menschen und Tieren in einer modernen, vom Menschen gestalteten Welt möglich sind. Und wie schwierig es ist, den Tieren in dieser Menschenwelt gerecht zu werden.

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