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Mit „Loriots große Trickfilmrevue“ kehrt der Meister des Absurden im Alltag und der leichten Übertreibung mit schweren Auswirkungen zwölf Jahre nach seinem Tod nochmal auf die Leinwand zurück – mit allen Klassikern.

Loriots große Trickfilmrevue (2023)

Eine Filmkritik von Markus Fiedler

„Sie lassen sofort Ihre Ente zu Wasser!“

Während eine jüngere Generation mit seinem Namen nicht mehr viel anfangen kann, gilt er vor allem für ältere Semester noch immer als Großmeister deutschen Humors: Vicco von Bülow, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Loriot, schuf hauptsächlich in den 60er und 70er Jahren seine unsterblichen Sketche. Die meisten spielte er mit seiner Partnerin Evelyn Hamann und einigen regelmäßig wiederkehrenden Schauspielern selbst ein, manche aber setzte er auch mit dem Zeichenstift um, denn Loriot war sowohl als Zeichner wie auch als Schauspieler, Autor und Regisseur ein ganz Großer. Seine beiden Töchter Susanne und Bettina von Bülow haben für den neuen Film, der von Peter Geyer inszeniert wurde, die namensgebenden Trickfilme ihres Vaters zur Verfügung gestellt, die sein Schaffen in den 60er und 70er Jahren (mit der Ausnahme eines Werbespots für die neuen Postleitzahlen in den 1990ern) zeigen. Und das ist einfach zeitlos gut.

Es dürfte in Deutschland kaum jemanden geben, der vor 1980 geboren wurde und von Loriot noch nie gehört hat. Dafür sind einfach zu viele seiner Figuren und Dialoge unsterblich geworden. Und was für sein TV-Schaffen als Schauspieler gilt, das gilt ebenso für seine Trickfilme. Sätze wie „Sie lassen sofort Ihre Ente zu Wasser“ oder „Der Hund kann überhaupt nicht sprechen“ gehören zum gehobenen Repertoire deutscher Kultur des 20. Jahrhunderts. Besonders seine Trickfilme sind Loriot pur, denn er zeichnete und schrieb sie nicht nur selbst, sondern sprach die meisten auch noch alleine ein, selbst wenn mehrere Stimmen nötig waren. Lediglich Helmut Schmidt, den Comedian Harmonists und dem bei seiner Entstehung 1972 schon klassischen Sketch „Auf der Rennbahn“ von und mit Wilhelm Bendow lieh er nicht seine Stimme, sondern beließ es bei den Originalaufnahmen, denen er seine Knollenmännchen beifügte.

Loriot war immer ein großer Freund der genauen Beobachtung und, wenn überhaupt nötig, kleiner Überhöhungen der Realität, um seinen Humor zu transportieren. Und viele der kurzen Filme sind Meisterwerke dieser Kunst. Ob Gespräche zwischen Mann und Frau beim Frühstück oder der gemeinsamen Freizeitgestaltung – Loriot zeigt oft gnadenlos das völlige Aneinander-Vorbeireden zwischen den Geschlechtern, aber auch zwischen Journalisten und Wissenschaftlern oder Politikern. Zwar wirkt heute vor allem so mancher politische Inhalt ein wenig angestaubt, die Worthülsen, die Loriot so scharfsinnig als solche entlarvte, finden sich aber auch heute noch in jeder zweiten Talkshow. So wandern seine kurzen Filme mit leichter Hand zwischen Albernheiten mit ernstem Hintergrund, Attacken auf die Unvollkommenheit der Sprache und schwarzhumorigen Gedichten („Advent“) hin und her und sorgen so dafür, dass die nur gut 75 Minuten lange Werkschau des Meisters in keinem Moment langweilig wird. 

Nach heutigen Maßstäben mag Loriots Humor langsam und harmlos erscheinen, dennoch lassen sich seine Präzision im Timing einer Pointe und die perfekte Wortwahl für die entscheidenden Sätze des Sketches nicht leugnen. Geyer erkannte richtigerweise keine Notwendigkeit, die einzelnen Filme mit Kommentaren oder auch nur Jahreszahlen zu versehen, um sie historisch einordnen zu können, denn das wäre bei den meisten der insgesamt 31 Filmchen gar nicht nötig. In welchem Kontext sollte ein sprechender Hund oder eine Bundestagsrede über die deutsche Nudel denn auch stehen? 

Loriots große Trickfilmrevue zeigt den Meister bei der Arbeit, setzt die klaren, einfachen und doch so passenden Linien seines Zeichenstils gekonnt neu restauriert in Szene und lässt die humoristischen Kleinode nebeneinander glänzen. Und wenn das Publikum schließlich dem unsterblichen Dialog der „Herren im Bad“ zwischen Herrn Müller-Lüdenscheid und Herrn Dr. Klöbner beiwohnt, dürfte ein leichter Hauch von Wehmut entstehen, denn dann ist der Film schon fast am Ende. Und wer danach ein fast unnatürliches Verlangen verspürt, Loriots Kinofilme Ödipussi und Papa ante Portas wieder einmal sehen zu wollen, dem sei gesagt: Ja, das ist alles richtig so! Der Art Directors Club Deutschland schaltete zu Loriots Tod ganzseitige Anzeigen mit nur einem einzigen Satz: „Lieber Gott, viel Spaß!“ Mehr muss man über diesen großen Humoristen nicht wissen.

Loriots große Trickfilmrevue (2023)

Zwei Herren im Bad, ein sprechender Hund, die Tücken eines Fernsehabends oder ein zu hart gekochtes Frühstücksei. Die Figuren und Szenen aus Loriots Trickfilmen begleiten und erfreuen uns seit über fünf Jahrzehnten. „Loriots große Trickfilmrevue“ präsentiert nun sein gesammeltes Trickfilmwerk in neuem Glanz, erstmals im Kino und in 4K. Ein urkomischer Streifzug entlang von 31 geliebten Trickfilmklassikern, die jetzt in noch nie gesehener Brillanz auf der großen Leinwand neu erlebt werden können. Eine einzigartige Wiederbegegnung mit Loriot! (Quelle Salzgeber)

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Meinungen

Schregelmann Maria · 21.05.2023

Möchte Loriots große Trickfilmrevue (2023nicht verpassen.

R.Wahl · 25.04.2023

Leider ist die bisherige Kunst für viele jüngere Menschen passé.. Der wow-Effekt (höher, schneller, weiter) ist wichtiger. Auf Kunstausstellungen sieht man vorwiegend die Haarfarbe grau. Damit tritt ein wesentlicher seelischer Zugang in den Hintergrund. Wir sollten auf einen neuen Anlauf in Sachen Kunst achten, abseits von Sensationen und Profit, diesseits seelischer Resonanz.