Delta - Cannes 2008

Eine Filmkritik von Red.

Tragische Geschwisterliebe

Eine inzestuöse Geschwisterliebe steht im Mittelpunkt der ungarisch-deutschen Koproduktion Delta, die Regisseur Kornél Mundruczó im Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes präsentierte. Seinen Namen erhält Delta vom Schauplatz des Geschehens, der Mündung der Donau in das Schwarze Meer — eine der wenigen verbliebenen archaischen Naturlandschaften Europas, in der auch ebensolche Sitten herrschen, wenn man Mundruczó Glauben schenken kann.
Nach einer langen Abwesenheit kehrt der Bruder (Félix Lajkó) nach Hause zurück. Dort trifft er scheinbar das erste Mal auf seine Schwester (Orsolya Tóth), sowie seine Mutter (Lili Monori) und deren neuen Liebhaber (Sándor Gáspár). Ohne viele Worte ziehen sich Bruder und Schwester in eine verfallene Hütte am Ufer des Deltas zurück. In der einsamen Wildnis beginnt das Paar schweigsam einen Steg zu bauen, an dessen Ende sie ein Stelzenhaus konstruieren. Die Dorfbewohner zeigen sich von der Beziehung zwischen den beiden nicht begeistert. Die Einweihung der neuen Behausung, zu der das gesamte Dorf eingeladen ist, bildet dann auch den Auftakt zum Ende einer Tragödie.

Nahezu einhellig bescheinigen die Kritiken Delta eine herausragende Bild- und Tongestaltung, monieren jedoch die Kargheit und Simplizität der Handlung. A. O. Scott schreibt in der New York Times: „Das Problem von Delta ist, dass der Film, so wie eine romantische Komödie aus Hollywood, sich damit zufrieden gibt, innerhalb seiner eigenen begrenzten Ziele zu existieren. Man kann sich kaum vorstellen, dass es für Filme wie diesen, an anderen Orten außer Cannes Zuschauer gibt.“ Eddie Cockrel von Variety ist überzeugt, dass manche Besucher den Film als unergründlich tiefsinnig empfinden würden, während andere ihn nur als staubtrocken erleben würden. Dan Fainaru von Screen Daily ist dagegen voll des Lobes und vergleicht Delta mit einer griechischen Tragödie, die zugleich eine reiche und fein ziselierte Filmsprache aufweist. Auf spiegel.de spekuliert Wolfgang Höbel gar, ob Delta nicht ein Kandidat für die Goldene Palme ist: „Ein Sinn für Gegenwärtiges, für die Probleme und Sorgen, die uns heutige Menschen dringend angehen, werde den am Sonntag mit der Goldenen Palme zu ehrenden Film auszeichen, hat Penn (Sean Penn ist Präsident der Internationalen Jury, Anm. der Red.) prophezeit. Mundruczós Parabel vom mörderischen Ausgrenzungswahn passt da natürlich ins Raster.“

Delta - Cannes 2008

Eine inzestuöse Geschwisterliebe steht im Mittelpunkt der ungarisch-deutschen Koproduktion Delta, die Regisseur Kornél Mundruczó im Wettbewerb des Filmfestivals von Cannes präsentierte.
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Meinungen

Kerekes Stefan · 25.02.2012

Gestern habe ich "Delta" am ZDF Kultur gesehen. Erschütternd! Wie die 7. Sinfonie von Pettersson, immer mehr verdichtet, in eine ungebrochene Linie bis zu unausweichlichen Untergang.