Immer noch Liebe! (2008)

Eine Filmkritik von Verena Schmöller

Umdenken nach 70 Minuten

Auf die Geschichte hereinzufallen, ist nicht schwer: Häufig sehen wir mittlerweile Liebesgeschichten, die von Figuren jenseits der 60 handeln — wie Wolke 9 oder zuletzt Wie beim ersten Mal. Sie werden der Alterung der Gesellschaft zugeschrieben; mag man doch als Zuschauer am liebsten Figuren folgen, die ein ähnliches Alter oder zumindest ähnliche Probleme haben. Und so fügt sich Immer noch Liebe! wie selbstverständlich in die Reihe „Filme über Liebe im Alter“ – zumindest in den ersten 70 Minuten. Dann nimmt die Geschichte eine unvorhergesehene Wendung, die jedoch nicht verraten werden will.

Gerade jedoch deshalb ist der Film eine kleine Besonderheit. Eben weil er mit den Konventionen des klassischen Erzählkinos spielt, ihnen zunächst uneingeschränkt folgt und dann jäh mit ihnen bricht. Würde der Film so konventionell, wie er zunächst erscheinen mag, weiterlaufen, würde er schnell in Vergessenheit geraten – zu schön ist einfach alles; dabei relativ unemotional und wenig originell.

Robert (Martin Landau) ist alleinstehend und lebt ein einsames Leben, selbst in der (Vor-)Weihnachtszeit. Nur zu seinem Vorgesetzten, Mike (Adam Scott), hat er ein vertrautes Verhältnis: Robert arbeitet in einem Gemischtwarenladen und tauscht sich regelmäßig mit Mike aus, welcher ihn — den wesentlich älteren Mann — immer wieder nach seiner Meinung fragt. Robert malt und zeichnet in seinen Arbeitspausen und scheint überhaupt nur wenig „richtig“ zu arbeiten; was aber niemanden wirklich stört.

An einem Abend steht plötzlich Mary (Ellen Burstyn) in seinem Haus. Sie entschuldigt sich auch umgehend für ihr Eindringen: Sie habe sich über die offenstehende Tür gewundert und nur nach ihm sehen wollen; sie wohne gegenüber, zusammen mit ihrer Tochter (Elisabeth Banks). Robert ist verzückt von der adretten älteren Dame, die ihn kurzerhand auf ein Date für den nächsten Tag einlädt.

Der Erstlingsfilm von Nicholas Fackler lebt vor allem von den beiden Hauptdarstellern, beides Oscar-Preisträger, die mit ihrer großartigen Mimik glänzen. Martin Landau (Ed Wood und Sleepy Hollow) spielt den etwas trotteligen Robert, der sich eine unbestreitbare Routine angeeignet hat. In Großaufnahmen werden das Zähneputzen, die Zahnseide, die tägliche Tablette zu Ritualen, die nur durch die Gedanken an die Begegnung mit Mary und durch die Aufregung vor dem ersten Date mit ihr unterbrochen, aber nicht vergessen werden. Ellen Burstyn (Alice lebt hier nicht mehr, Requiem for a Dream und The Fountain) ist die – auch im Alter – immer noch gutaussehende Mary und spielt die Unsicherheit und gleichzeitige Liebesgewissheit der Figur erstaunlich authentisch.

Immer noch Liebe! ist auch ein Weihnachtsfilm, wie er typischerweise aus den USA kommt. Liebe und Familie in der Vor- und um die Weihnachtszeit herum – das kennt man seit It’s a Wonderful Life oder Family Man. Schon allein deshalb lohnt es sich, den Film noch in der Vorweihnachtszeit zu schauen.
 

Immer noch Liebe! (2008)

Auf die Geschichte hereinzufallen, ist nicht schwer: Häufig sehen wir mittlerweile Liebesgeschichten, die von Figuren jenseits der 60 handeln — wie „Wolke 9“ oder zuletzt „Wie beim ersten Mal“. Sie werden der Alterung der Gesellschaft zugeschrieben; mag man doch als Zuschauer am liebsten Figuren folgen, die ein ähnliches Alter oder zumindest ähnliche Probleme haben.

  • Trailer
  • Bilder

Meinungen