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Nach 3 Staffeln erhält der Publikums- und Kritikerliebling des Fernsehsenders VOX eine Kinoauswertung und erzählt, wie die Mitglieder des titelgebenden Clubs zueinanderfinden.

Der Club der roten Bänder - Wie alles begann (2019)

Eine Filmkritik von Falk Straub

Kränkelndes Krankenhausdrama

Albert Espinosas Vorlage und ihr deutscher Ableger sind echte Erfolgsgeschichten. Aus den Erfahrungen mit einer langwierigen Krebserkrankung formte der 1973 in Barcelona geborene und bis heute dort lebende Autor seine Memoiren Glücksgeheimnisse aus der gelben Welt, aus der die katalanische Fernsehserie Polseres vermelles und zahlreiche internationale Versionen wie der Club der roten Bänder hervorgingen. Diesen Erfolg von der Mattscheibe auf die große Leinwand zu übertragen, scheint aus Produzentensicht der nächste logische Schritt. Doch der Transfer kränkelt an allen Ecken und Enden. Den Fans dürfte es egal sein.

Nach drei Staffeln mit durchschnittlich mehr als zwei Millionen Zuschauern war die Geschichte um sechs Jugendliche, die in einem Kölner Krankenhaus einen Club gründen, eigentlich zu Ende. Zwischen Chemotherapie und Operationstisch hatten „Anführer“ Leo (Tim Oliver Schultz), „der zweite Anführer“ Jonas (Damian Hardung), „das Mädchen“ Emma (Luise Befort), „der Hübsche“ Alex (Timur Bartels), „der Schlaue“ Toni (Ivo Kortlang) und „der gute Geist“ Hugo (Nick Julius Schuck) Farbe in den eintönigen Stationsalltag gebracht. Damit sich die Fans auf den kompletten Cast freuen dürfen, entspinnen Regisseur Felix Binder und sein Koautor Jan Martin Scharf in ihrem Kinofilm die Vorgeschichte. Denn die Clubmitglieder mussten während der 30 Episoden mehr als einmal von guten Freunden Abschied nehmen.

Im Serienauftakt nahm Jonas das Publikum an die Hand. Durch seine Verlegung von Dortmund nach Köln lernte es nach und nach die Charaktere kennen. Den Kinofilm haben Binder und Scharf indes um den späteren Anführer Leo gebaut, der seinen Spitznamen im Verlauf der knapp 2-stündigen Handlung erst noch erhalten wird. Sein erster Bettnachbar, der schwer tätowierte Benni (Jürgen Vogel), nennt Leo noch Lenny und gibt den harten Hund. Er vergleicht das Krankenhaus mit einem Gefängnis, die Zimmer mit Zellen und die Krankheiten mit Gründen, weswegen ein Patient einsitze. Während Benni mit Lenny auch das Kinopublikum in den Krankenhausalltag einführt, zweigt die Handlung in die Privatleben der künftigen Clubmitglieder ab.

Der Blick zurück entpuppt sich schnell als große Schwäche, weil er zwangsläufig das Ensemble sprengt. Während die Stärke der Serie im Zusammenhalt der sechs Freunde lag, in den Sorgen und Nöten, die sie stets gemeinsam durchgestanden haben, sind sie in der Vorgeschichte auf sich allein gestellt. So geschickt Binder und Scharf die Wege der Protagonisten auch miteinander kreuzen, letztlich bleibt ihr Drama ein Episodenfilm, der in lauter kleine Familiengeschichten und -geschichtchen zerfällt, die mal mehr, meistens aber weniger interessieren. Viele lieb gewonnene Charaktere wie etwa Jonas oder Hugo kommen lange oder komplett zu kurz. Und auch die Mischung aus realistischen und fantastischen Elementen rund um die Zwischenwelt, in der sich Hugo befindet, spielt im Film nur eine Nebenrolle.

Ähnlich schlecht ist es um das Schauspiel bestellt. Für die Rolle des minderjährigen Leo war Tim Oliver Schultz schon in der 1. Staffel zu alt. Leos noch jüngeres Ich dürften dem 1988 geborenen Berliner selbst eingefleischte Fans nicht mehr abnehmen. Besonders wenn Schultz Leos jugendliche Naivität zum Ausdruck bringen soll, gerät sein Spiel schnell an Grenzen, wie auch das der übrigen Nachwuchsdarsteller häufig zum Chargieren neigt. Das war schon in der Serie so, fiel auf dem Fernsehschirm aber deutlich weniger ins Gewicht als auf der überlebensgroßen Kinoleinwand, die keine Fehler verzeiht.

Der Club der roten Bänder war VOX‘ erste fiktionale Eigenproduktion und eine mutige Serie, weil sie ihre Geschichte konsequent aus der Sicht ihrer jungen Protagonisten schilderte, ohne vor Themen wie Einsamkeit, Verzweiflung, Überforderung und Tod zurückzuschrecken. All diese Themen sind auch Teil des Kinofilms, bleiben häufig aber nur behauptet, weil die Zerstückelung des Handlungsstrangs zu wenig Zeit gewährt, um sie glaubwürdig zu Ende zu erzählen.

Gegenüber all jenen Kinobesuchern, die jungfräulich an die Krankenhausclique geraten, haben Fans der Serie freilich einen großen Vorteil. Sie kennen die Figuren seit Jahren und können all die Lücken in der Charakterentwicklung mühelos mit ihrem Vorwissen füllen. Während Erstgenannten zu vieles Stückwerk bleibt, erfreuen sich Letztgenannte an all den kleinen Anspielungen und Querverweisen, einer Art filmischer Schnitzeljagd, und an einem (letzten) Wiedersehen mit alten Bekannten.

Der Club der roten Bänder - Wie alles begann (2019)

Kino-Prequel der beliebten TV-Serie bei Vox, bei der es um eine Gruppe Jugendlicher geht, die auf einer Krebsstation gegen die Krankheit kämpfen

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Meinungen

movie bird · 05.02.2019

klasse film , mit tiefe