Cut Snake

Eine Filmkritik von Peter Osteried

"Ich befreie dich."

Der neue Film des Australiers Tony Ayres, in seiner Heimat vor allem als Produzent erfolgreich, versteht sich zum einen als sozialkritische Studie über einen jungen Mann, der nach einem Gefängnisaufenthalt wieder Fuß zu fassen versucht, bewegt sich zum anderen aber auch in eine gänzlich andere Richtung, wenn mit dem Auftauchen eines alten Freundes eine Bedrohung immanent wird, von der man als Zuschauer eines weiß: Sollte Murphy’s Law zuschlagen, hat die Hauptfigur mehr als ein Problem.
Australien in den 1970er Jahren: Sparra möchte ein neues Leben mit seiner Freundin Paula beginnen, aber dann holt ihn die Vergangenheit ein. Eine Vergangenheit, von der er Paula nie etwas erzählt hat, die nun aber durch den Ex-Knacki Pom manifestiert wird. Mit Poms Auftreten entgleitet Sparra sein neues Leben immer mehr, weil er sein altes nicht loslassen will. Als Pom dann auch noch einen Nachtclub um alles Bargeld erleichtert, nimmt das Verhängnis seinen Lauf.

Ayres spielt in Cut Snake mit den Erwartungen. Das fällt ihm insofern leicht, als die Geschichte eines Mannes, der von seiner Vergangenheit eingeholt wird, nur zu vertraut ist. Dabei spielt Sullivan Stapleton als Pom seinem Regisseur in die Hände. Er setzt voll und ganz auf das psychopathische Element seiner Figur. Dadurch wirkt er bedrohlich, aber nicht unsympathisch, weil man spürt, dass hier mehr passiert, als man mit bloßem Auge sieht. Das ist die Stärke von Cut Snake: Das Spiel mit den Erwartungen treibt er immer weiter, weil die Geschichte eine Entwicklung nimmt, die man spüren, vielleicht auch erahnen kann, der man sich aber niemals sicher ist. Bis der eine Moment kommt, der alles auf den Kopf stellt. Er offenbart, warum man unterschwellig sexuelle Spannung wahrgenommen hat.

Hier gestaltet sich die Geschichte ambivalent und bricht damit aus üblichen Konventionen aus. Es ist dieser eine Moment, der dazu führt, dass man die vorangegangenen Szenen noch einmal vor dem geistigen Auge Revue passieren lässt, um zu überprüfen, ob man Hinweise übersehen oder falsch gedeutet hat. Cut Snake bleibt in sich stimmig, auch in dem, was durchaus zu einer Anti-Klimax hätte führen können. Das letzte Drittel wird dem Twist nicht nur gerecht, sondern profitiert sogar davon, zumal Stapleton nun die Gelegenheit hat, eine Sensibilität an den Tag zu legen, die in krassem Kontrast zu seiner bis dato präsentierten Persona steht.

Cut Snake ist mehr ein Drama als ein Thriller. Es gibt Spannungsmomente und auch kurze Spitzen der Gewalt, in erster Linie konzentriert sich aber alles auf ein Beziehungskonstrukt, das von den vielschichtig gezeichneten, mit echter Tiefe ausgestatteten Protagonisten getragen wird. An die Intensität von Animal Kingdom – einer der eindringlichsten und bemerkenswertesten australischen Filme der letzten Jahre, in dessen Stabangaben auch Tony Ayres gedankt wird – reicht Cut Snake zwar nicht heran, ein packendes Stück Erzählkino mit mitreißenden Darstellungen ist er aber allemal.

Cut Snake

Der neue Film des Australiers Tony Ayres, in seiner Heimat vor allem als Produzent erfolgreich, versteht sich zum einen als sozialkritische Studie über einen jungen Mann, der nach einem Gefängnisaufenthalt wieder Fuß zu fassen versucht, bewegt sich zum anderen aber auch in eine gänzlich andere Richtung, wenn mit dem Auftauchen eines alten Freundes eine Bedrohung immanent wird, von der man als Zuschauer eines weiß: Sollte „Murphy’s Law“ zuschlagen, hat die Hauptfigur mehr als ein Problem.
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